„Mama, überleg doch mal. Willst du jetzt noch eine Melone? Nein oder ja?“, fragte mich unser Kleiner gestern. „Überleg doch mal“ und „Nein oder ja“ sind ganz hoch im Rennen. Immer öfter werden wir Eltern gefragt, was wir wollen. Was wir im Wimmelbuch sehen oder welche Tiere wir im Kinderduden erkennen. Was für ein niedlicher Entwicklungsschritt, haben wir uns gedacht. Da war uns aber noch nicht bewusst, was passiert, wenn seine Fragen nicht zufrieden stellend beantwortet werden oder es ihm nicht schnell genug geht.
Ab die Post
Dann kann es schon einmal vorkommen, dass er lauthals über den Spielplatz ruft: „Hey Papa, ab die Post jetzt!“ Gemeint war das Zurückschießen des Balls. In Spielsituationen finden wir solche Aufforderungen ja in Ordnung. Aber es gibt auch die Momente, in denen er uns sehr vehement und lautstark lenken will, in denen er aber unserer Meinung nach einfach nicht bestimmen darf. Zum Beispiel, wenn es darum geht, was jetzt eingekauft wird. Wann man über die Straße gehen darf oder ob die Zähne im Badezimmer oder im Spielzimmer geputzt werden.
Wenn es dann nicht so läuft, wie gewünscht – oder ganz drastisch ausgedrückt, wie ausdrücklich befohlen – dann kann man förmlich zuschauen, wie die Wut in unserem Sohn hochkriecht. Dabei hat er seit Neuestem ein neues Ventil gefunden: Schlagen. Während er früher seine Wut gegen sich selbst richtete, indem er seinen Kopf schlug, schlägt er nun uns. Nicht immer, den Vater häufiger als mich, aber es kommt vor. Mit Vorsatz und manchmal sogar mit Ansage. „So machen die anderen Kinder im Kindergarten das eben auch“, begründet er sein Verhalten.
Zum Ziel Durchschlagen
Das mag sein, aber Schlagen ist keine Option. In keiner Situation, unter keinen Umständen. Wenn es dann doch einmal vorkommt, bedeutet das für uns Eltern, einen kühlen Kopf zu bewahren und konsequent zu bleiben. Das ist gar nicht mal so einfach. Denn wenn ein fast Dreijähriger mit voller Absicht zuschlägt, dann ist der erste Impuls, zu schimpfen. Das wirkt bei unserem Sohn aber verstärkend. „Ich hau nochmal“, hat er letztens zum Vater gesagt, als er ihn tadelte, dass er nicht geschlagen werden möchte.
Anstatt laut zu werden und ihm verbal „weh zu tun“, versuchen wir auch hier, ihm zu erklären, dass wir aus der Situation herausgehen, wenn er uns schlägt. Dass er mit Schlagen nicht weiter kommt, dass es uns weh tut und wir das Verhalten nicht tolerieren. Das funktioniert nicht immer sofort, aber nach ein paar Minuten beruhigt sich der Kleine meistens. Dann erklären wir ihm, was gerade passiert ist. Manchmal macht ihn das wieder wütend, aber in den meisten Fällen hört er zu und scheint, zu verstehen.
Irgendwie kann ich ja auch nachvollziehen, dass er anfängt, zu schlagen, wenn er dieses Verhalten bei anderen „großen“ Kindern beobachtet, die irgendwie sein Vorbild sind. Nichtsdestotrotz tolerieren wir es nicht. Vielmehr wollen wir Vorbilder sein, die nicht schlagen und körperlicher Gewalt nicht mit verbaler Gewalt begegnen.