Überlebenswille verfilmt

Überlebenswille verfilmt

Wie sagt man so schön? Die besten Geschichten schreibt das Leben selbst. Stimmt schon, vor allem, wenn die Geschichte selbst so unglaublich klingt, dass es nach einem Drehbuch schreit.

Was veranlasst einen Menschen dazu, sich ohne medizinische Versorgung oder Betäubung mit einem stumpfen Taschenmesser den Unterarm abzuschneiden? Die Antwort ist für Aron Ralston klar: Purer Überlebenswille. 2003 unternimmt der damals 28-jährige Bergsteiger eine Wanderung im US-Bundesstaat Utah. Als er einen Canyon überqueren möchte, stürzt er ab und gerät in die wohl misslichste Lage, in die man in dieser Situation überhaupt geraten kann: Er überlebt den Sturz zwar, ist aber unwiederbringlich in der Felsspalte gefangen – ein Felsbrocken hat seinen Unterarm zerquetscht und lässt ihn nicht mehr frei. Tagelang harrt Ralston in dieser Position aus, kaum fähig, sich zu bewegen. Halb verhungert und fast verdurstet klammert er sich an die wenigen Dinge, die ihm geblieben sind: ein bisschen Ausrüstung, eine halbvolle Wasserflasche, ein Camcorder. Und vor allem: eine Menge Erinnerungen. Mit denen setzt er sich auseinander in den 127 Stunden, die ihn der Felsbrocken festhält. Schließlich trifft er eine Entscheidung, die so mutig ist, dass einem im gemütlichen Kinosessel nur vor Ehrfurcht die Kinnlade aufklappen kann: Am Ende seiner Kräfte angekommen, amputiert er sich den Unterarm und rettet sich so das Leben.

Überlebenswille verfilmt

James Franco in misslicher Lage

Danny Boyle hat ja schon bei „The Beach“ und „Slumdog Millionaire“ gezeigt, dass er eine Schwäche für entlegene Winkel hat und für Underdogs, die sich durchbeißen. Insofern muss ihm Ralstons Geschichte wie die perfekte Drehbuchvorlage erschienen sein: Bietet sie doch nicht nur die Möglichkeit für beeindruckende Naturaufnahmen, sondern auch die Gelegenheit, beeindruckende Menschen vorzustellen. Genau auf diese beiden Themen setzt Boyle denn auch seinen Fokus: Besonders hervorstechend sind in „127 Hours“ nämlich zum einen die wunderschönen Naturaufnahmen, die vor allem auf der großen Kinoleinwand wirklich den Anblick lohnen, und zum anderen die sehr intensive und nahe Charakterarbeit am Protagonisten.

James Franco war dabei eine gute Wahl: Er beweist, dass er ein absolut ernstzunehmender Charakterdarsteller ist und spielt seine Rolle wirklich oscarverdächtig gut (nicht ohne Grund gab es ja dann auch direkt die Oscar-Nominierung als bester Hauptdarsteller). Was Franco auf der schauspielerischen Ebene leistet, ist überragend, trägt den Film aber nicht allein: Auch Drehbuch, Schnitt und Musik (ebenfalls alle Oscar-nominiert) wirken jeder für sich, liefern aber trotzdem ein rundum stimmiges Gesamtbild ab. Was bei einer solchen Vorlage nicht selbstverständlich ist: So ist es eine ziemliche Herausforderung für Drehbuch und Regie, glaubhaft die (häufig nonverbale) Gedankenwelt eines Menschenleben zu veranschaulichen, der 127 Stunden lang nur mit sich selbst an ein und demselben Ort gefangen ist und folglich auch nicht besonders viel „Redebedarf“ bietet. Da muss man sich schon ein paar Kniffe einfallen lassen, um den Zuschauer am Innenleben des Protagonisten teilhaben zu lassen. Boyle hat das sehr geschickt gelöst: Immer wieder sind bruchstückhafte Szenen aus der Erinnerung des Protagonisten eingefügt, die nicht weiter erklärt werden, sich aber nach und nach zu einem Bild zusammenzufügen. Für die Darstellung bestimmter Gefühle werden dann auch nicht viele Worte benötigt: In der recht heftigen Amputations-Szene reichen ein paar ziemlich unangenehme und schrille Geräusche sowie grelle Blenden, die einen im Kinosessel zusammenzucken lassen – so intuitiv stimmig ist hier der körperliche Schmerz dargestellt, den James Franco alias Aron Ralston erleiden muss.

Fazit: Hier kommen nicht nur eine, sondern gleich mehrere Faktoren zusammen, die den Film zu einem runden Gesamtkunstwerk machen. Man kann ihn mit ruhigem Gewissen sicherlich jetzt schon zu einem der Filmhighlights in diesem Jahr zählen. Gucken!

Meike Crone

Überlebenswille verfilmt

‘127 Hours‘

Originaltitel: 127 Hours
Altersfreigabe: ab 12 Jahren
Produktionsland, Jahr: USA/GB, 2010
Länge: ca. 94 Minuten
Regie: Danny Boyle
Darsteller: James Franco, Kate Mara, Amber Tamblyn, Lizzy Caplan, Clémence Poésy

‘127 Hours‘ läuft ab dem 17. Februar 2011 in den deutschen Kinos.


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