Du fährst mit dem Auto durch Kanada. Nichts als Wildnis für hunderte Kilometer. Ein Traum! Plötzlich steigt Rauch aus der Motorhaube auf. Es riecht verschmort und der Motor
stockt. Ein Blick unter die Haube verrät dir: Hier ist Endstation!
Du holst dein Handy raus um Hilfe zu rufen. Kein Netz. Du musst also abwarten und hoffen, das bald jemand vorbei kommt, der Hilfe holen kann.
Wie lange wirst du überleben?
Was im ersten Moment wie der Anfang eines schlechten Horrorfilms klingt, kann bei Abenteuerreisen schnell real werden. Ich selbst war bereits mehrfach in Survivalsituationen. In einer solchen Situation ist ein kühler Kopf und entschlossenes Handeln gefragt. Daher dachte ich mir, es ist an der Zeit, mal wieder mein Wissen aufzufrischen.
Gebucht habe ich ein Basic Survival Wochenende bei Reini Rossmann von
ueberlebenskunst.at in der Nähe von Wien. Genauer gesagt habe ich ihn angeschrieben und er hat mich netterweise eingeladen, am Training teil zu nehmen. Danke dafür! Nach einer
abenteuerlichen, einwöchigen Anreise auf dem Motorrad, erreiche ich den Parkplatz am Ortsausgang von Sittendorf bei Wien, Treffpunkt für den zweitägigen Kurs. Vorab die Info: "Der Kurs
findet bei jedem Wetter statt". Es wird darauf verwiesen, entsprechende Kleidung mitzubringen. Nichts für Warmduscher also.
Ich habe Glück. Bei meiner Ankunft scheint die Sonne. Ich verdrücke noch ein Pizzabrötchen, das ich mir bei einem Bäcker auf dem Weg gekauft habe. Die letzte richtige Mahlzeit für die nächsten
zwei Tage, wie ich vermute.
In der Zwischenzeit unterhalte ich mich mit den anderen Teilnehmern. Wir sind eine bunt gemischte Gruppe, 12 Leute zwischen 14 und 40 mit einem deutlich größeren männlichen Anteil. Eins verbindet
uns alle: Die Liebe zum Outdoor Leben.
Um Punkt 10 Uhr morgens empfängt uns Reini. Wir wandern los, weg von der Straße, hinein in die Wildnis. Nach etwa 15 Minuten erreichen wir Reinis "Basislager". Einige Baumstämme liegen um eine Feuerstelle. Wir nehmen im Kreis platz, während Reini eine Schreibtafel vor sich hin stellt und zu erklären beginnt:
Worauf kommt es beim Survival überhaupt an?
3 Stunden, 3 Tage, 3 Wochen
Drei Stunden überlebt der Mensch bei kalter Witterung ohne Schutz vor Unterkühlung. Drei Tage überlebt er ohne Wasser und drei Wochen ohne Nahrung.
Das sind natürlich nur Richtwerte, die je nach Situation schwanken können, doch die Message im Kern: Kümmere dich zuerst um das, was dich zuerst umbringt.
Und genau das tun wir am ersten Tag des Kurses.
Schutz vor Unterkühlung
Die Unterkunft
Die Unterkunft muss vor allem zwei Dinge erfüllen: Sie muss vor der Witterung schützen (Wind und Niederschlag) und gleichzeitig die Körperwärme halten.
Reini lässt uns auf eigene Faust versuchen, eine passende Stelle für den Bau einer Unterkunft zu finden. Um uns Frust beim Bau zu ersparen gibt er uns jedoch nach einigen Minuten den Tipp, dass
die Baumaterialverfügbarkeit ein nicht zu unterschätzender Faktor ist. Tatsächlich wäre das ein Faktor, den ich vernachlässigt hätte. "Dann laufe ich eben ein paar Meter".
Beim Bau wird jedoch schnell klar: Obwohl die Unterkunft aus Gründen der Wärmehaltung so klein ist, dass man sich kaum in ihr umdrehen kann, verschlingt sie Unmengen an Material. Hier kommen
schnell einige Kilometer zusammen, wenn das Material nur 40 Meter entfernt vom Bauort liegt. Das verschlingt Zeit und Energie, die beiden kostbarsten Güter, wenn es ums Überleben geht.
Das Feuer
Danach widmen wir uns dem Feuer machen. Jeder bekommt zwei Streichhölzer und die Aufgabe in fünf Minuten ein Feuer zu machen, das stabil brennt. Trotz trockenen Wetters und reichlich verfügbarem Material scheitern wir kläglich. Ich scheitere schon daran die Streichhölzer anzubekommen. Der Reibekopf zerbröselt beim ersten Versuch.
Dann zeigt uns Reini die skandinavische Methode ein Feuer zu entzünden und wir versuchen es erneut. Es klappt beim ersten Versuch.
Die Skandinavische Methode funktioniert wie folgt:
1. Feuerstelle vorbereiten
Der Untergrund wird mit trockenen Stöcken ausgelegt um weg vom unter Umständen nassen Untergrund zu sein.
2. Wind nutzen
der Wind wird zum Anblasen des Feuers genutzt. Dazu wird aus daumendicken Hölzern ein "V" gebaut mit Öffnung zum Wind. Der Wind wird so kanalisiert und bringt dem Feuer Sauerstoff.
3. Dem Feuer Nahrung geben
Das "V" wird mit Zunder (trockene Blätter und Heu) ausgestopft. Darüber kommen zahnstocherdicke Ästchen, immer schön schräg aufgestellt um den aufsteigenden Zunderflammen viel Angriffsfläche zu
bieten.
Ein kleiner "Eingang" bleibt frei von Ästchen um das Feuer entzünden zu können. Fertig!
Brennen die dünnen Ästchen stabil, können dickere Äste nachgelegt werden.
Pro Tipp:
Auch bei nassem Wetter funktioniert diese Technik. Trockenen Zunder gewinnt man in diesem Fall aus dem inneren dickerer Äste. Diese werden nur äußerlich nass. Spaltet man sie mit dem Messer,
lassen sich federdünne, papierähnliche Holzschnipsel schnitzen, die einen perfekten Zunder abgeben.
Später haben wir das Feuer noch mit Feuerstahl und Feuerbohrer entzündet.
Sauberes Trinkwasser
Der Survivalkurs geht vom Überleben in unseren Breitengraden aus. In Dschungel und Wüste herrschen andere Bedingungen.
Bei uns ist es zum Glück keine große Herausforderung Oberflächenwasser zu finden. Man findet es in der Regel am tiefsten Punkt zwischen zwei Hügeln, da es dort zusammen läuft. Leider weiß man
nicht, ob in dem Bach oder See nicht grade erst ein Reh sein Geschäft verrichtet hat oder ob ein paar Meter weiter ein toter Vogel im Wasser liegt. Im besten Fall hat man
Wasseraufbereitungstabletten, Wasserfilter oder UV-Stift dabei. Wo
Vor- und Nachteile der einzelnen Methoden liegen, erfährst du hier. Ohne Hilfsmittel hilft nur: Wasser abkochen.
Um ein Feuer haben wir uns bereits gekümmert. Kein Topf dabei? Kein Problem! Auch eine PET Flasche hält der Hitze des Feuers stand, da das Wasser in ihr nicht heißer als 100 Grad Celsius wird. Ob
das gesund ist? Eher nicht, aber es geht schließlich ums Überleben, oder?
Die letzte und aufwändigste Möglichkeit Wasser abzukochen ist es, ein Gefäß aus Lehm oder Holz zu bauen und heiße Steine aus dem Feuer hinein zu werfen. Den Bau entsprechender Gefäße haben wir
natürlich auch besprochen, eine Anleitung würde an dieser Stelle jedoch den Rahmen sprengen.
Nahrung aus der Natur
Was die Nahrung angeht, sind die Fakten eher ernüchternd. Es gibt viele essbare Pflanzen. Essbar heißt: Sie bringen dich nicht um und versorgen dich mit ein paar Vitaminen oder Mineralien.
Kalorien? Bis auf wenige Wurzeln und Samen Fehlanzeige!
Jagen? Ohne entsprechende Waffen und Erfahrung praktisch aussichtslos.
Die laut Reini aussichtsreichste Methode in der Natur ein paar Kalorien zu bekommen sind Kleintiere wie Maden, Asseln und Heuschrecken. 100 Gramm Heuschrecken haben etwa 100 Kalorien. Sich aus
der Natur ernähren ist also ein echter Fulltime Job!
Hoffen wir, dass an unserer einsamen Straße in Kanada in unter drei Wochen jemand vorbei kommt!
Nach unserer kargen Mahlzeit aus über dem Feuer gerösteten Insektenspießen, gehen wir schlafen.
Am nächsten Tag widmen wir uns der Navigation im Gelände mit und ohne Hilfsmittel, denn bessere Chancen als mitten in der Wildnis auf Rettung warten und dabei versuchen sich selbst zu ernähren,
hat laut Reini oft der Versuch, sich selbst einen Weg zurück in die Zivilisation zu bahnen.
Mein Fazit
Für mich war der Kurs unterhaltsam und lehrreich zugleich. Egal, ob man das Wochenende als echte Vorbereitung für eine mögliche Notsituation, oder mehr als Wochenende zum Abschalten in der Natur
sieht, der Kurs von Reini hat meine klare Empfehlung!
Übrigens habe ich seit dem Kurs neben meinen Survivalkondomen (siehe Packliste) einen neuen Lieblingsbegleiter auf Outdoor
Reisen: Das Tampon.
Was es damit auf sich hat? Das fragt ihr Reini am besten persönlich beim Basic
Survival Wochenende.
Warst du schon einmal in einer Survivalsituation oder in einer brenzlichen Situation in der Natur? Schreib es in die Kommentare!