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„2nd Law“
(Warner)
Zum Fan hat es bei Muse nie gereicht – zu salbungsvoll, zu indie, zu prog, irgendwas kam immer dazwischen. Mittlerweile ist man jedoch froh, sich den Alben der Engländer derart unvoreingenommen nähern zu können, denn anders als der eingeschworene Anhang muss man sich nicht mit Bauchschmerzen und Erwartungsängsten herumplagen wenn es darum geht, Matt Bellamy wieder ein Stück seines Weges zwischen Wahnsinn und Weltherrschaft zu begleiten. Spätestens seit 2006 und dem Album „Black Holes And Revelations“ bastelt das Trio in regelmäßigem Dreijahresabstand an einer Art monströsem Universalrock und mit „2nd Law“ scheint ihnen wieder ein mächtiger Schritt hin zur ganzheitlichen Formel der Glückseligkeit gelungen zu sein. Muse präsentieren sich einmal mehr als die Meister der Nivellierung, hier zählen kein U und kein E, kein Pop und kein Metal, nicht Klassik und nicht Rock, sie machen nicht einfach alles gleich, sondern heben es auf ihr Niveau und verbauen es mit viel Aufwand in diese wuchernden, wilden Ungetüme.
Dass sich die Anfeindungen trotz Wahnwitz und Spleen in Grenzen halten, hat gleich mehrere Gründe: Sie sind auf sympathische Art nervös, das haben die drei oft genug betont, ein jedes Mal hoffen sie inständig, dass sich das Abenteuer noch wer zumuten will. Zum zweiten: Sie sind verdammt konsequent. Keine Ausnahmen, kein Herantasten, keine halben Sachen – hier möchte man, ganz stadiontauglich, rufen: „Siehst Du, [Brandon] Flowers, so wird das gemacht, so wird...“ Wenn also Rockoper, dann massiv, dann werden Chöre geschichtet, bis nichts mehr über- und nebeneinander paßt („Survival“), wenn Maschinenmusik, dann mit gewaltigstem Gestampf und vollkommener Synthetik („Unsustainable“, „Isolated System“), wenn Plüsch, dann bitte XXL („Explorers“).
Wichtigster Punkt – man kommt nicht drumherum: Muse erweisen sich als die einzig ernstzunehmenden Erben des Glamrockpops von Queen. Dabei geht es nicht darum, dass Bellamy den Mercury gibt, auch wenn seine Stimme zuweilen der des Ausnahmecharismatikers sehr nahe kommt. Es ist auch nicht so, dass ein kompletter Song von „2nd Law“ einem Queenstück zuzuordnen wäre. Aber man erwischt sich ständig, Bruchstücke und Sequenzen zu vergleichen, Erinnerungen docken an und das nicht zu knapp – voilá: Madness vs. I Want To Break Free, Panic Station vs. Another One Bites The Dust, Survival vs. Bicycle Race, Follow Me vs. Who Wants To Live Forever, Explorers vs. Love Of My Life, die Reihe ließe sich nach Belieben fortsetzen.
Es ist, zurück zur Platte, ein riesenhafter Brocken geworden, ein karnevalistisches Durcheinander. Schon der Einstieg mit „Supremacy“ hat alles, vom Brachialriff über ein gleißendes Gitarrensolo bis zur kompletten Orchesterbesetzung. „Madness“ ist als erste Single ein wahrer Killertrack, dem sich zur Mitte (s.o.) Brian May anzuschließen scheint, „Panic Station“ gibt sich so funky wie INXS in ihren besten Zeiten, bei „Follow Me“ pulsieren Song und Hörerherz im Gleichklang und für „Big Breeze“ nehmen die Jungs das Breitwandkino von U2 auf die Schippe. Dass Tempo und Anspruch nicht durchzuhalten sind, scheint schlüssig – „Save Me“ und „Liquid State“ fallen gegen die Vorgänger etwas ab, aber nur, um den bombastischen Schlußakkord der Doppelnummer „Unsustainable“ und „Isolated System“ einzuläuten. Der gelingt dann wieder gewohnt spannend, düster, das Stroboskop blitzt und flimmert – Drama, Baby! Künstlich? Kitschig? Popcornpop? Klar, die geballte Ladung. Soll keiner sagen, Muse wären ihm ‚zu sehr Mainstream‘ – das Formatradio, das sich an solche Titel wagt, muss in Deutschland noch erfunden werden. Nein, die richtige Frage kann nur lauten:„Und wann hatten Sie zuletzt so viel Spaß?“ Eben. http://muse.mu/
Den Komplettstream des Albums gibt's noch immer bei MyVideo.
Und das Ganze live unterwegs:
12. November  München, Olympiahalle
14. November  Basel, St. Jakobshalle
19. November  Wien, Stadthalle
15. Dezember  Hamburg, O2-World

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