Ü̱ber·fluss
Substantiv [der]-
der Zustand, dass eine Menge von etwas, die viel größer ist als der Bedarf, vorhanden ist.
“etwas im Überfluss haben”
Überfluss. Der hat mich diese Woche beschäftigt, denn mir ist mal wieder gewaltig bewusst geworden, wie gut wir es haben.
Beim wöchentlichen Einkauf nach Herzenslust aussuchen, auf was man Lust hat und überhaupt aus einer riesigen Angebotspalette auswählen zu dürfen.
Den Garten gießen und sprengen, wenn es zu trocken ist, denn Wasser ist genügend da.
Sich mit etwas Sparen einen kleinen Traum erfüllen.
In Urlaub fahren zu können, wohin man will, wann man will, andere Länder und Kulturen entdecken.
Auch wenn ich ganz sicher weit entfernt von unserer Definition von Reichtum bin, fühle ich mich doch sehr, sehr reich angesichts der vielen Flüchtlinge, Kriegsgebiete und der vielen anderen momentanen Probleme auf dieser Welt.
Auch in der Küche und der Natur herrschen momentan Überfluss, Beeren, Früchte und Gemüse sind jetzt fast überall in bester heimischer Qualität zu haben und ich komme fast nicht nach mit der Ernte im Garten.
Auch die Vögel freuen sich momentan über das Angebot, an unserem großen Kirschbaum fallen momentan regelmäßig Horden von Staren ein, die gerne etwas abhaben dürfen, denn wir kommen oben eh nicht an die Kirschen.
Und irgendetwas, das wir noch nicht definieren konnten, hat uns auch ein nettes Häufchen Kirschkernkotze im Garten hinterlassen, eine Katze war das ganz sicher nicht…
Die vielen tollen Sommerfrüchte wollte ich auf eine Tarte packen, mit einer Crème Patissière und einem knusprigen Mürbeteigboden, leider stand ich aber die ganze Zeit mit Mürbeteig auf Kriegsfuß und fand das Handling erstens immer mühsam und zweitens das Ergebnis nie ganz zufriedenstellend.
Auf meiner Suche nach Verbesserung bin ich auf den französischen Mürbeteig bei David Lebovitz gestoßen, das Rezept ist von Paule Caillat.
Keine eiskalten Butterflöckchen schnell mit dem Teig verkneten? Heiße, braune Butter, zu der noch Wasser und Öl zugefügt wurde, einfach mit dem Mehl verrühren? Ohne Kühlzeit und Ausrollen?
Hä?
Der Teig wirft alle gängigen Regeln zu Mürbeteig einfach über den Haufen.
Und überrascht mit einem perfekten Ergebnis in minimaler Zeit – endlich mal ein ultimativ knuspriger, buttriger Mürbeteig mit einem tollen Geschmack, der von der vorher gebräunten Butter herrührt.
Für mich ein neuer heiliger Gral, der toll mit ein wenig Creme und frischen Früchten zur Geltung kommt, aber auch eine herzhafte Variante kann ich mir sehr gut vorstellen.
Mein Mürbeteig und ich, wir haben uns gefunden.
Überfluss.
Kirschen, Johannis-, Blau- und Himbeeren, Pfirsiche, Aprikosen.
Alle meine Lieblingsfrüchte. Alle auf einer Tarte mit so perfektem Boden!
Grund genug, einfach mal ein bisschen glücklich und vor allem dankbar zu sein.
Für die Crème Patissière (am besten am Vortag oder zumindest ein paar Stunden vorher herstellen):
350 ml Vollmilch mit dem Mark einer Vanilleschote aufkochen lassen, leicht abkühlen lassen.
4 Eigelb mit 100 g Zucker verquirlen, 50 g Mehl unterrühren.
Eigelb-Zucker-Mischung ganz langsam und vorsichtig erhitzen und nach und nach die Milch einrühren, bis eine dicke Creme entsteht.
Abkühlen lassen und mindestens 4 h im Kühlschrank aufbewahren.
Für den Mürbeteig (die Menge hat bei mir ziemlich genau für eine eckige Form von 34 x 11 cm gereicht):
90 g Butter, in Stücke geschnitten
1 TL neutrales Pflanzenöl
3 TL Wasser
1 TL Zucker
1 Prise Salz
150 g Mehl (ich habe hier noch 2 EL Zucker zugefügt, da ich den Teig etwas süßer wollte)
Backofen auf 210° vorheizen. Alle Zutaten bis auf das Mehl in einen kleinen, feuerfesten Topf geben. Wenn der Ofen die Temperatur erreicht hat, den Topf für genau 15 Minuten hineinstellen. Die Butter wird anfangen zu blubbern und leicht bräunen.
Den Topf herausnehmen (Achtung, kann etwas spritzen jetzt!) und mit einem Holzlöffel das Mehl unterrühren, bis sich die Zutaten gut verbunden haben.
Den Teig in die Tarteform geben und mit einem Spatel o.ä. etwas glattstreichen. Wenn er kühl genug zum Anfassen ist, den Teig einfach mit den Fingern gleichmäßig in die Tarteform drücken/verteilen. Mit einer Gabel mehrfach einstechen.
Nun noch mal 15 Minuten bei gleicher Temperatur im Ofen backen. Fertig? Fertig!
Die Creme daraufgeben und mit Früchten nach Geschmack belegen.