In »Offside« etwa, von ihm gedreht im Jahre 2006, thematisiert er anhand eines einfachen Fußballspieles die Frauenrechte in Iran. Der Film handelt von Frauen und Mädchen, die sich ein Spiel im Stadion ansehen möchten, dies aber nicht dürfen – aufgrund ihres Geschlechts. Als sie sich als Männer verkleiden und sich dem Verbot widersetzen, werden sie schließlich entdeckt, woraufhin eine Debatte über die Rolle der Frauen in der iranischen Gesellschaft entsteht. Gewiss, kein einfaches Thema, gleichwohl ein wichtiges – nicht nur für Iraner, für die ganze Welt. Und Frauen werden vielerorts noch immer unterdrückt – wie Andersdenkende, Intellektuelle oder Homosexuelle. Propaganda, das ist die Verbreitung von Wirklichkeitsferne zu Manipulationszwecken, ein schreckliches Bild schön reden oder ein schönes schrecklich, um die Massen zu lenken. Propaganda ist keine Tatsachenbeschreibung. Weder Panahi noch sonst jemand hat Anlass, Beschuldigungen gegen die iranische Führung zu erfinden.
Präsident Mahmud Ahmadinedschad und seine Untertanen haben nämlich mehr als einmal dargelegt, dass sie mehr Gewaltbereitschaft als Verstand besitzen. Wer erinnert sich nicht an die Präsidentschaftswahlen im Jahre 2009, als tausende Iraner der „Grünen Bewegung“ friedlich gegen das Wahlergebnis demonstrierten, bis das Regime ihnen mit dumpfer Gewalt entgegentrat? Wer erinnert sich nicht an Neda, die vor laufender Kamera ermordet wurde und zum unfreiwilligen Symbol der Proteste wurde? Das sind Wahrheiten, die die bestmögliche Propaganda nicht erfinden und verbreiten könnte. Damals haben alle schnell reagiert: Es gab Sondersendungen im Fernsehen, es wurden Interviews geführt, man hat getwittert, gefacebooked, flinke Redakteure haben im Minutentakt neue Artikel verfasst. Und irgendwann trat Stille ein, nach der Inflation der Schreckensmeldungen waren Zuschauer und Leser übersättigt, außerdem fehlte es langfristig an prominenten und greifbaren Opfern. Jetzt sind unsere wehrten Medienkollegen (uns nicht ausgenommen) wieder fleißig: Ein Regisseur wurde verhaftet – das geht doch nicht! »Der Terror gegen die Freiheit der Kunst geht weiter«, verkündete die Berliner Filmakademie und trifft damit, wahrscheinlich gar unbeabsichtigt, den Nagel auf den Kopf: Eigentlich geht es gar nicht um Jafar Panahis als Mensch. Wäre er ein Landwirt, Taxifahrer oder Student, hätte sich kein Schwein die Mühe gemacht, seinen Namen zu schreiben – weder mit Stift noch mit Tastatur.
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