Über die Nichtblinker und kriegerische Begegnungen im Straßenverkehr

Von Politropolis @sattler59

Die Art des „Blinkereinsatzes“ im Straßenverkehr könnte man als ein optisches Indiz dafür bezeichnen, wie wir miteinander umgehen. Sind wir bereit, miteinander zu kommunizieren? Respektieren wir den anderen Verkehrsteilnehmer als Mitmensch? Welchen Stellenwert haben die Spielregeln für uns als Teilnehmer des Straßenverkehrs?

Blinker bzw. Fahrtrichtungsanzeiger – Gibt es seit 1922

Der Blinker: Standardisierte Kommunikation im Straßenverkehr

Der Blinker – oder genauer – „Fahrtrichtungsanzeiger“ ist ein Instrument zur standardisierten Kommunikation mit anderen Verkehrsteilnehmern. Bei seiner Benutzung geht es um die eigene Sicherheit und Unversehrtheit, sowie um die Unversehrtheit der anderen. Ich teile den anderen mit, was ich vor habe, damit diese sich darauf einstellen und reagieren können. Sie werden seit 1922 in die “Kraftfahrzeuge” eingebaut. (1)

Der Verkehrsraum ist mit Sicherheit der am meisten reglementierte Raum. Und in diesem Raum begegnen wir unseren Mitmenschen Tag für Tag mit unseren Fahrzeugen – egal welchen Alters sie sind, unabhängig von Geschlecht, Ausrichtung; ob mit oder ohne Migrationshintergrund, ob sie Inländer oder Ausländer sind, ob sie geschäftlich oder privat unterwegs sind, ob sie gute oder schlechte Laune haben, ob sie einen kleinen Roller, großen Bus, Traktor, Familienkutsche, Sportboliden oder einen Sattelschlepper fahren, ob sie auf großer Tour oder für eine kleine Besorgung unterwegs sind. Jeder von diesen Verkehrsteilnehmern besitzt ihn, den “Blinker” und seine Nutzung ist verpflichtend.

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Wann ist der Blinker zu betätigen?

In der Straßenverehrsordnung (StVO) gibt es keinen speziellen Paragraphen, der das „Blinken“ oder im Behördendeutsch: „das Betätigen des Fahrtrichtungsanzeigers“ regelt. Das über 1.000 Seiten starke Regelwerk ist nach Situationen aufgebaut und so findet man im Text keinen abgegrenzten Artikel dazu. (2)

Die wichtigsten Vorschriften für das korrekte „Blinken“
• bei Wechsel der Fahrtrichung
• bei Wechsel der der Fahrspur

Wer seine Richtung ändert muss blinken!

Es gibt zwei Ausnahmen:
• bei einer abknickenden Vorfahrtstraße geradeausfahren  -kein Blinker!
• bei Einfahrt in einen Kreisel darf nicht geblinkt werden


Der Fimausschnitt oben, beleuchtet nur eine Fehlhaltung. Es gibt bei weitem mehr Blink-Psychopathen. Beispiele direkt aus dem Alltag gegriffen zeigen eine Realität auf, die nichts mit Regelungen des Gesetzgebers zu tun haben.

Ganz anders als in der Strassenverkehrsordnung vorgesehen, herrscht auf Deutschlands Strassen Krieg. Die Waffen? Schwere Geschosse mit einer besonderen Eigenart gegenüber klassischen Kriegswaffen – der Agressor selbst sitzt in seinem Geschoss, welches er mit mehr als 200 km/h über die Autobahn jagt. Im Volksmund wird er Raser genannt. Nicht minder gefährlich, aber von der Bevölkerung eher toleriert, ist der Schleicher. Raser und Schleicher – dies ist die gefährliche Mixtur, welche Deutschlands Asphaltstrecken zu einem Kampfschauplatz macht – mit dem Blinker als taktischer Waffe.

Aber… beide benutzen Blinker für die Kommunikation Auge in Auge. Die Kommunikation beginnt meist durch den Schleicher. Bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von ca. 105 km/h erblickt er einen LKW in ungefähr 2km Entfernung. Während sein Augennerv den LKW ans Hirn meldet, schliesst sich eine Synapse aus dem Fahrunterricht der 70er Jahre und meldet wiederum “Vorausschauend Fahren!”.  Das Gehirn, welches sich plötzlich an die Worte erinnert, reißt ebenso plötzlich das Steuer nach links und der Schleicher wechselt die Fahrspur, während sein Hirn eine weitere Meldung nachschiebt: “Blinker setzen!” Auf der ganz linken Spur angekommen, betätigt er dann den dünnen Hebel am Lenkrad und zeigt somit den anderen Verkehrsteilnehmern: “Hey, ich habe den LKW zuerst entdeckt und darf jetzt links fahren!”   Stolz darauf, ist ihm in diesem Moment noch nicht bewusst, dass er in diesem Moment den Lauf der Geschichte geändert hat – zumindest für ein paar Menschen. Unterdessen kommt nämlich von hinten ein sportlich motiviertes Geschoss auf vier Rädern angeflogen. Mit 240 km/h bleibt gerade noch Zeit, ebenfalls den Blinker zu betätigen- nach links natürlich. Da befindet sich zwar die Leitplanke, aber wenn ein Raser den Blinker links betätigt, so bedeutet dies schlicht und einfach: “Hey Du, hier komme ich, verpiss Dich zurück in Deine Reihe!” Während der Abstand sich schlagartig verringert fällt nun die Kommunikation in die Urzeit der Menschheit zurück – in die Zeit, als alleinig das Recht des Stärkeren das Überleben sichert. Natürlich sieht der Schleicher im Rückspiegel das sich immer schneller vergrößernde Auto. Aber das imponiert diesem nicht. Die Autobahn gehört auch dem Schleicher, er zahlt schliesslich auch Steuern und dem Raser zeig ich es. Es passen erstaunlich viele Gedanken in den kurzen Augenblick vor einer Katastrophe:
“So ein Vollpfosten!”
, denkt sich der Raser und greift zu einem weiteren Mittel der Kommunikation im Strassenverkehr… mit wiederholt aufblinkender Lichthupe pocht er nochmals ein letztes Mal auf sein Recht….Und an dieser Stelle gibt es zahlreiche Varianten; alle bereits hinreichend oft dokumentiert – vielleicht fallen Ihnen noch mehr ein- :
• der Vordermann wird unsicher und reagiert falsch
• der Vordermann tritt kräftig auf die Bremse, will den Drängler erziehen
• der blinkende Drängler verliert die Kontrolle, verreisst das Lenkrad
• es ereignet sich ein später nicht mehr rekonstruierbares Unfallgeschehen, das auch unbeteiligte Verkehrteilnehmer trifft

• kopfschüttelnde Verkehrsteilnehmer sehen, wie die beiden Kontrahenten sich gegenseitig mit eindeutigen Gesten beleidigen.Anschliessend drängelt und verunsichert der Raser bereits einen weiteren Autofahrer und der Schleicher fühlt sich weiterhin als guter Autofahrer und zeigt es schon dem Nächstbesten ganz deutlich: Ja auch mir gehört die Autobahn!
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“Jetzt komm ich” Kriegswaffen: Blinker und Lichthupe

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Finden Sie das alles übertrieben?
Nein, wir glauben, dass dieses ganz alltägliche Szenen auf den Strassen darstellen. Dass die Menschen die Verkehrsregeln nicht kennen, ist kaum anzunehmen. Wie alle plötzlich vorschriftsmäßig fahren können, wenn ein Streifenwagen vor oder hinter ihnen fährt, kann man immer wieder beobachten. Und wie zahm deutsche Autofahrer in der Schweiz werden, wo es für Verkehrsübertretungen schmerzhaft hohe Strafen gibt, ist genauso leicht feststellbar. Auf Deutschlands Straßen dagegen scheint alles möglich zu sein.

Laut Bußgeldkatalogverordnung (BKatV) wird Nicht-Blinken mit 10Euro Bußgeld belegt. (3) Für chronische Nicht-Blinker wäre die Durchführung einer Verwarnung nach Paragraph2 eine nützliche Erziehungshilfe:

§2 Verwarnung

(7) Hat der Betroffene durch mehrere Handlungen geringfügige Ordnungswidrigkeiten begangen oder gegen dieselbe Vorschrift mehrfach verstoßen, so sind die einzelnen Verstöße getrennt zu verwarnen.
(8) In den Fällen der Absätze 6 und 7 ist jedoch zu prüfen, ob die Handlung oder die Handlungen insgesamt noch geringfügig sind.

Und lt. Absatz 8 bei Gefährung gibt es noch Zuschlag – Bußgeld – für Gefährdung: 80 Euro und Punkte.

An Regeln und Gesetzen herrscht indes kein Mangel. Nur wer setzt sie durch?

ein Beitrag von Oliver2.0 und politropolis.de

Lesen Sie gerne hier weiter: Lebensgefährliche Unarten,
- Vom Wahnsinn auf Deutschlands Straßen

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Quellen – weiterführende Links

Foto1: Blinker, by Hartmut910, pixelio.de
Foto2: Drängler, by Michael Hirschka_pixelio.de
Video: Szene aus dem Thriller „Shoot’em up“ Nichtblinker: “Gefühlskalt und Rücksichtslos” Youtube.com Uploader louisC187

(1) WikipediaHistorisches über die Fahrtrichungsanzeiger
(2) RP-Online: Die wichtigsten Fragen zum Blinken

(3) Verordnung über die Erteilung einer Verwarnung, Regelsätze für Geldbußen und die Anordnung eines Fahrverbots wegen Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr: http://www.gesetze-im-internet.de/bkatv_2002/

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