Über die Herbei-Attestierung der Unzurechnungsfähigkeit

Der neueste Schrei zur moralischen Entlastung von Steuerhinterziehung ist deren Pathologisierung. Hoeneß, der sinnbildlich für andere wohlhabende Steuerflüchtlinge steht, habe nämlich nicht aus blanker Gier oder elitärer Misanthropie so gehandelt, sondern weil er schlicht und ergreifend süchtig war. Einige Experten verstiegen sich sogar dazu, Hoeneß und Konsorten für glücksspielsüchtig zu erklären.
Ist also Mitleid angebracht für diese Menschen, die sich nicht unter Kontrolle haben, die einer komplizierten Verhaltenssucht erlegen sind? Hoeneß ein pathologischer Spieler und impulskontrollgestört und letztlich mehr Opfer als Täter?

Der Psychiater und Psychotherapeut Manfred Lütz erklärt in seinem Buch Irre! - Wir behandeln die Falschen unter anderem, dass es grober Unfug sei, Menschen, die keine psychologische Behandlung anstrebten, eine psychologische Krankheit andichten zu wollen. Aus medizinischer Sicht müsse man sogar von einem Missbrauch der Psychiatrie sprechen. In den letzten Jahren habe man Methoden entwickelt, so Lütz weiter, mit denen man auch bei gesund erscheinenden Menschen gewisse psychische Defizite sichtbar machen könne. Die Aberkennung des Begriffs Gesundheit für solche Menschen sei aber ethisch nicht vertretbar. Aufgabe der Psychiatrie sei nicht, alle Menschen für per se krank zu erklären, sondern den wirklich kranken Menschen zu helfen.
Schon hier scheitert der Versuch, den reichen Steuerbetrüger als von Krankheit getriebenen Menschen bewerten zu wollen. Ein gewisses Defizit im Bezug auf finanzielle Maßlosigkeit, macht noch keinen psychisch kranken Menschen, keinen Suchtkranken.
Die Sucht ist nicht lediglich eine lapidare Bezeichnung. Sie geht etymologisch betrachtet auf das Wort "siechen" zurück und ist damit programmatisch "an ein niedergehendes Ziel" gebunden. Sie beinhaltet, dass da jemand "bis zum bitteren Ende" seiner (nicht-)substanzgebundenen Abhängigkeit folgt, ohne Rücksichtnahme, ohne Vernunft. Und geht dabei die Ehe vor die Hunde, droht auch der Bankrott: Die Sucht kennt keine Einsicht, obgleich sie den Süchtigen nicht völlig unzurechnungsfähig macht. Der weiß in lichten Augenblicken von dem Dilemma und geht sehenden Auges in seinen Niedergang. Der Glücksspielssüchtige kennt die drohende Pleite und wird dennoch schwach, kann nicht an sich halten. War bei Hoeneß' Zockerei und die damit verbundene Hinterziehung jemals der Bankrott absehbar? Hat seine Familie unter "seiner Sucht" gelitten? War der Niedergang programmiert? Es ist ein Hohn, einen saturierten Menschen mit wirklich Glücksspielsüchtigen zu vergleichen, die beinahe jeden Tag sich und ihre Familien zwanghaft in ein Jammertal hineinspielen.
Und es ist überdies ein derber Missbrauch von Psychiatrie, jemanden, der so offensichtlich nicht unter "seiner Sucht" litt, als krankhaften Charakter hinzustellen. Wenn ein gewisses Defizit eines Menschen nicht als Beeinträchtigung wahrgenommen wird, so schreibt Lütz, dann gibt es keinen Therapieansatz und man kann in einem solchen Falle auch nur sehr bedingt von Erkrankung sprechen. Hat Hoeneß' Defizit je sein Leben beeinträchtigt? Er hat ja dem Affen nun selbst Zucker gegeben, indem er die an ihn gerichtete Frage, nach einer etwaigen Sucht nicht verneinte. An einen suchtbasierten Mangel an Lebensqualität scheint er jedoch trotzdem nie gelitten zu haben.
Was hier betrieben wird ist die Verballhornung von Menschen, die wirklich an einer nicht-substanzgebundenen Abhängigkeit leiden. Menschen, die ihr Alltagsleben qua Sucht nicht mehr begehen können, die sich gesellschaftlich isolieren und sozial ausgrenzen, die sich aus Scham zurückziehen und nicht selten dem körperlichen Verfall überschreiben. Wollen Hoeneß und die Medien, die ihm Stichwortkarten hinhalten, auf dem Rücken wirklich Süchtiger einen Kurs der Reinwaschung reiten?
Die per Sucht pathologisierte Determinierung aller Steuerbetrüger ist nichts weiter als eine herbeiattestierte Unzurechnungsfähigkeit ohne Anhaltspunkte für eine seriöse Diagnose. Aus einem Akt von Standesdünkel und elitärer Megalomanie im Bezug auf Steuererhebung wird so ein krankhaftes Verhalten stilisiert. Hoeneß und Kollegen sind nicht krank oder glücksspielsüchtig, sondern einfach nur viel zu reich und viel zu selbstverliebt.

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