Über den Tellerrand – Warum Reisen so wichtig ist

Info // Dieser Kommentar entstand im Rahmen meines Abschlussprojekts für den Texter-Kurs an der Akademie Deutsche Pop in Köln.

Die Deutschen sind ein Volk der Reisenden. Dreiviertel der Deutschen über 14 Jahre unternehmen mindestens eine Urlaubsreise pro Jahr. Die Lust am Urlaub eint die Deutschen und doch gibt es zwei unterschiedliche Lager. In diesem Kommentar geht es darum, welche Lager das sind. Und ich spreche darüber, warum wir gerade in Zeiten von Terror nicht aufhören sollten zu reisen und sogar noch mehr reisen sollten.

Der ADAC Reise-Monitor gibt Jahr für Jahr einen Überblick über die aktuellen Trends und Top-Reiseziele der Deutschen. Eines ist klar: Die liebste Urlaubsform der Deutschen ist und bleibt der Badeurlaub. Fernreisen und Abenteuerreisen sind im Vormarsch. Die Deutschen zieht es bisher noch meist an altbewährte Orte. Aber auch das Lager der Urlaubsreisenden, die jedes Mal ein neues Ziel wählen, wächst beständig. Eines haben sie alle gemeinsam: Nur wenige lassen sich von Terrorgefahr von ihrem Jahresurlaub abbringen.

Ungebrochene Reiselust

Der ADAC Reise-Monitor für 2017 zeigt auf: Die Reiselust der Deutschen ist ungebrochen. Und doch ist ein Umschwung zu spüren. Obwohl die Deutschen zu großen Teilen Gewohnheitsurlauber sind, sorgen Terror und autoritäre Regimes dafür, dass einige der Urlauber umdenken und neue Ziele ins Auge fassen.

Der typische deutsche Urlauber plant seinen Urlaub lange im Voraus, sagt die Statistik. Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude. Und worauf freut sich der Durchschnittsdeutsche? Badeurlaub mit Sonne, Strand und Meer. Die Meisten erhoffen sich im Urlaub Entspannung, Müßiggang und Ruhe. Sie wollen Ihre Freiheit genießen und Abstand vom stressigen Alltag gewinnen.

Auch im Urlaub: Home sweet home?

Wo sollte das besser gehen, als im schönen Ferienhaus auf Mallorca, in das man schon seit Jahren fährt? Man kennt das Haus. Man weiß, dass es dort immer sauber ist und man sich keine Sorgen machen muss, dass etwas an der Unterkunft nicht stimmt. Man kennt den gepflegten Pool, den Weg zum Strand, weiß wo es die beste Pizza und das beste Eis der Stadt gibt. Alles schon ausgetestet. Bombensicher! Da kann beim Urlaub ja nichts mehr schiefgehen.

Haus Bed&BreakfastVilla Vanni

Dann gibt es da noch das andere Lager. Menschen mit „Fernweh“ zieht es in die Fremde, wie Mücken zum Licht. Menschen, wie mich. Was andere anstrengend finden, ist für uns einfach nur spannend. Für uns gilt: Abenteuerlust und Neugier kommt vor Entspannung. Wir brauchen im Urlaub Abwechslung, wollen unseren Horizont erweitern, neue Menschen und Orte kennenlernen. Nochmal an den selben Ort reisen, den man schon im letzten Jahr besucht hat? Undenkbar!

Fernreisen – Wo bleibt da die Erholung?

Gewohnheitsreisende können das nicht verstehen. Urlaub soll Erholung sein. Wie soll man sich erholen, wenn man sich die ganze Zeit neu orientieren und so viele neue Eindrücke verarbeiten muss? Wie soll man ein Land, eine Region, einen Ort bei nur einem Besuch so richtig kennen lernen, ihn so richtig begreifen? Ein kurzer Urlaub reicht da wohl kaum aus. Man kratzt an der Oberfläche. Man verpasst die Erlebnisse, die man nur hat, wenn man einen Ort Jahr für Jahr besucht. Wenn man die Leute und den Ort lieben lernt. Die Vorfreude ist groß und die Ankunft dort ist ein bisschen wie nach Hause kommen.
Schön und gut. Aber für das Gefühl nach Hause zu kommen, habe ich mein Zuhause! Ich möchte meinen Urlaub nutzen, um Neues kennenzulernen. Der Wissensdurst und die Neugier bringen mich immer wieder dazu neue Orte zu entdecken und kennenzulernen. Die ganze Welt bereisen? Ein Traum! Auf Reisen sammelt man Geschichten. Die Welt hat viele Facetten und diese gilt es zu entdecken. Man lernt viel. Über die Welt, die Menschen und sich selbst.

Eines ist klar: Wenn man nicht die Möglichkeit hat, Reisen zum Beruf zu machen, ist die Zeit für diesen Blick über den Tellerrand begrenzt. Gewohnheitstiere würden hierzu sofort sagen: In wenigen Tagen und Wochen kann man eine Stadt, gar ein Land, nie komplett kennenlernen, nie alle seine Facetten und Ecken zu sehen bekommen.

Warum der Blick über den Tellerrand so wichtig ist

Aber darum geht es auch gar nicht. Es geht darum, einen Überblick über die Welt zu bekommen. Zu lernen: Wie ticken Menschen in anderen Kulturen? Vielleicht auch ein wenig: Warum ist die Welt so, wie sie ist? Das lernt man nicht, wenn man jedes Jahr beim Lieblingsitaliener um die Ecke sitzt oder die Bombenstimmung auf Malle feiert. Wie die Welt tickt, das lernt man auf den staubigen Straßen von Indien, in den Häuserschluchten New Yorks, oder wenn man sich in dem tiefen Blau des Meers in der Karibik verliert.

„Und wo bleibt da die Erholung?“, möchte da vielleicht der ein oder andere fragen. Ganz einfach: Ich ziehe meine Energie aus neuen Erlebnissen und Abenteuern. Neue Eindrücke, Ideen und Gedanken beflügeln mein Leben und Tun. Und natürlich dürfen zwischen all den Erlebnissen und neuen Eindrücken auch mal faule Tage am Strand dabei sein. Im täglichen Leben stecken wir viel zu häufig in unserem Alltagstrott fest. Viele schaffen es kaum mehr über den Tellerrand zu blicken und von gewohnten Wegen auch mal abzuweichen. Alles was neu und ungewohnt ist, ist erstmal schlecht und muss kritisch beäugt werden.

Toleranz und offene Augen

Dabei wird ein Blick über den Tellerrand immer wichtiger. Die Welt ist ein Dorf geworden. In Zeiten von Terror, Massenfluchten und aufkeimendem Ausländerhass ist mehr und mehr Toleranz für fremde Kulturen gefragt. Stereotype sorgen für Spannungen. „Ausländer raus“ kann nur der sagen, der alle Ausländer über einen Kamm schert. Wer gesehen hat, wie Menschen in anderen Ländern ticken und leben, wer selbst einmal fremd war, geht im eigenen Land ganz anders mit „Fremden“ um. Der Besuch eines Slums in Indien holt einen wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Wer schon einmal gesehen hat, über welch gigantische Fläche sich die Favelas von Mexico City erstrecken, der kann sich glücklich schätzen, irgendwann wieder in den Flieger nach Deutschland steigen zu dürfen.

Über den Tellerrand – Warum Reisen so wichtig ist

Nur wer noch nie im Nahen Osten war kann sagen: Alles Terroristen da unten. Es lässt sich so einfach verurteilen, was man nicht kennt. Und auch die Flüchtlinge lassen sich so viel einfacher über einen Kamm scheren. Wer schon etwas von der Welt gesehen hat, der weiß: So einfach ist das nicht! Wer logisch denkt, dem ist das auch ohne Reisen klar. Dennoch bin ich der Meinung: Richtig begreifen kann man es erst, wenn man selbst einmal fremd war.

Und nun? Reisen!

Die Statistik des ADAC zeigt, dass immer mehr Deutsche mindestens zwei Reisen pro Jahr unternehmen. Bereits 47% der Befragten gaben an mindestens eine zweite Reise in 2017 unternehmen zu wollen. Na also! Die perfekte Gelegenheit, um alte Gewohnheiten aufzubrechen. Mein Plädoyer daher: Macht beides! Sucht euch euren Ruhe- und Erholungsort, an dem ihr einfach mal vom Alltag abschalten und euren Akku wieder aufladen könnt. Diese Energie könnt ihr dann nutzen. Nutzt sie, um die Welt zu erkunden! Nutzt sie, um die Welt zu verstehen! Schließlich hat man in Deutschland mehr als nur eine Woche Urlaub im Jahr.

// Fotos: pixabay.com


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