Über das Purse Bid und die Börsen für Boxer

Wenn sich die Managements von Titelträger und Herausforderer nicht innerhalb einer Frist, die der Verband festgelegt hat, über die Modalitäten einer Pflichtverteidigung einigen können, findet nach Ablauf dieser Frist Purse Bid statt. Bei dieser Versteigerung können dann alle vom jeweiligen Verband lizenzierten Veranstalter mitmachen. Dabei wird ein verschlossener Briefumschlag mit dem Gebot und mit einem Barscheck über zehn Prozent der gebotenen Summe abgegeben. Das höchste Gebot bekommt den Zuschlag und bestimmt dann die Höhe der Börse für beide Boxer.
Auch das dritte Aufeinandertreffen von Robert Stieglitz (49 Kämpfe, 46 Siege, 26 durch KO, 3 Niederlagen, 2 durch KO) und Arthur Abraham (42 Kämpfe, 38 Siege, 28 durch KO, 4 Niederlagen, 1 durch KO), das am 01.03.2014 in Magdeburg stattfinden soll, wurde versteigert. SES Boxing, der Veranstalter des WBO Weltmeisters im Super-Mittelgewicht Stieglitz, setzte sich dabei gegen Sauerland Event, den Promoter von Abraham, durch.
SES Boxing aus Magdeburg ersteigerte den WM Kampf für 3.135.000 Dollar. Sauerland Event aus Berlin bot 1.541.414 Dollar und unterlag mit dem Gebot. Der Weltmeister Robert Stieglitz erhält 75 Prozent und sein Herausforderer Arthur Abraham 25 Prozent dieser 3.135.000 Dollar.
Nun könnte man ja meinen, es sei eine Sensation, dass der kleine Veranstalter es geschafft hat, den größeren zu überbieten. Eine Überraschung ist das sicher schon, aber keine Sensation. Der Veranstalter des amtierenden Weltmeisters hat natürlich ein Interesse daran, den Kampf selber auszurichten – oder wie es Ulf Steinforth formulierte: „Natürlich freue ich mich, dass wir hier das Purse Bid gewinnen konnten. Aber besonders für Robert, mein SES-Team und unseren TV-Partner SAT.1 freue ich mich, denn so besteht für uns mehr Planungssicherheit. Wir halten nun wieder die Fäden in den Händen.“
Bei einem Purse Bid ist in der Regel der Veranstalter des Titelverteidigers im Vorteil, u. a. wegen der prozentualen Aufteilung. Es ist nämlich zu bedenken, dass die Teilung, 75 Prozent für den Weltmeister und 25 für den Herausforderer, nur eine formale und keine reale ist. Alle Boxer, von denen ich gehört habe, nämlich, die einen Vertrag mit einem Veranstalter haben, haben einen Vertrag mit einer Obergrenze für Börsen. Das bedeutet ja wohl. dass der eigene Boxer nicht den Betrag bekommt, der ihm laut Purse Bid zustehen würde, sondern die vertraglich vereinbarte Obergrenze.
Die Obergrenze wurde seinerzeit in „Boxveranstaltungsrahmenverträgen“ eingeführt, als Universum beinahe an den sich immer weiter um 10% steigernden Börsen von Dariusz Michalczewski zerbrochen ist. Immerhin boxte Michalczewski 26-mal um den WBO Titel im Halbschwergewicht. Durch diese Obergrenze ist nun die Chance für den Titelverteidiger gestiegen, bei einem Purse Bid „die Fäden in der Händen“ zu behalten, was natürlich auch in seinem Interesse ist.
© Uwe Betker



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