Twitter ohne Gedankenschlecht

Twitter ohne GedankenschlechtIn der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte hieß es noch „jeder“ habe Anspruch auf die „in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand“. Auch dürfe „kein Unterschied gemacht werden auf Grund der politischen, rechtlichen oder internationalen Stellung des Landes oder Gebiets, dem eine Person angehört“.
Deutsches Recht aber bricht natürlich allgemeine Erklärungen, zumindest nach Ansicht der Rechtsanwälte des Microblogging-Dienstes Twitter. Die haben ihre Geschäftsführung jetzt ankündigen lassen, demnächst genau wie Google dazu überzugehen zu wollen, Inhalte nach nationalen Befindlichkeiten zu filtern. Alles, was gegen „landesspezifische Gesetze“ verstoße, könne zwar eingetragen werden, werde aber im entsprechenden Land nicht mehr angezeigt.
Naheliegend, dass Twitter neben Frankreich auch Deutschland als Beispiel anführt. In beiden Ländern seien „Nazi-Inhalte“ (dpa) verboten, was Deutschland seit Jahren zuverlässig zum Weltmeister bei gesperrten Internet-Inhalten macht. In Frankreich darf darüberhinaus zwar der Völkermord an den Indianern, wegen der anstehenden Wahlen und der vielen armenischstämmigen Wähler aber nicht der an den Armeniern geleugnet werden. In China werde Kritik an der herrschenden kommunistischen Partei ausblendet, in Kuba erfasse der Filter Castro-Witze, in Nordkorea sei es nicht mehr möglich, Bilder von der großen dicken Sonne Kim Un An zu posten.
Betreut werden soll das deutsche Sperrprojekt vom Bundesblogampelamt, die die Mouse-Police-Beamten dort würden Stichwortlisten liefern, nach denen Inhalte gefiltert werden müssen. Twitter wolle damit der Gefahr aus dem Weg gehen, dass Mitarbeiter des deutschen Büros der Nachrichtenseite wegen der sogenannten Mitstörerhaftung strafrechtlich verfolgt würden, nur weil Nutzer unabsichtlich oder aus Bosheit verbotene Worte, Wortgruppen oder Sätze eintrügen.
Dennoch löste das fälschlicherwiese als „Zensur“ bezeichnete Vorhaben bei den Nutzern einen Sturm der Empörung aus. Um Twitter zum Umdenken zu zwingen, wollen viele am kommenden Dienstag „keine Einträge“ (Boykottaufruf) bei der Plattform vornehmen. Twitter hat angekündigt, dass es sich bei „keine Einträge“ derzeit noch nicht um einen verbotenen Inhalt handelt. es stehe Nutzern frei, diese Worte zu benutzen. Es gelte von wenigen Einschränkungen abgesehen weiter Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte: "Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten."
Nicht inbegriffen sei das recht, Gedankenschlecht bei Twitter zu finden. Über weitere Änderungen der Rechtslage werde rechtzeitig informiert.

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