Günter Verdin
Ein schlimmerer Verstoss gegen das Tierschutzgesetz ist kaum vorstellbar:"Die neue Komödie von Till Schweiger muss erst an Tieren getestet werden." Zum Glück handelt es sich bei dieser schrecklichen Nachricht lediglich um satirische Übertreibung , die die um Tabubrueche nie verlegenen Autoren von "Switch Reloaded" (Pro7) locker aus dem Aermel schütteln. "Switch Reloaded " ist die TV Totalueberwachung von begnadeten Parodisten, die auch Fernseh-Reality-Schrott wie "Die Geissens" oder "Daniela Katzenberger" durch ihre Kunst der Überzeichnung ins grandios Absurde überhöhen. Das Meisterhafte an diesen Parodien ist, dass sie auch noch funktionieren, wenn der Zuschauer die Zielscheibe des Spottes nicht kennt, wie etwa die aus vollster Brust schwer einatmende Nachrichtensprecherin von N24. Auch Harald Lesch ("Leschs Kosmos",ZDF) gehört sicher nicht zu den sogenannten A-Promis, aber wie Bernhard Hoëcker ihn porträtiert als etwas schusseligen Wissenschaftsjournalisten , der sich durch bemuehte Flapsigkeit der Clip-Sehergeneration anzubiedern versucht, ist an sich zum Brüllen komisch. Die neu gestartete sechste Staffel von "Switch Reloaded" umfasst 13 Folgen und zwei Specials. Da ist sicher noch Luft nach oben. Besonders haben wir die geniale "Stromberg" -Parodie, in der Adolf Hitler den fiesen Büroleiter gibt, arg vermisst. "Goodbye Grossdeutschland" mit Hitler als Auswanderer nach Argentinien enthält nicht annaeherend das Humorpotential der Vorgänger-Reihe. Insgesamt war das Wiedersehen, auch mit dem köstlichen Max Giermann, fast reine Freude, wenn nicht am Ende doch die Inhaltsleere das Gewissen plagte. Es gilt weiterhin: wer wirklich abschalten will, sieht Pro Sieben. Sie können das getrost sehr wörtlich nehmen.
Frueherer Artikel:
Günter Verdin in "Salzburger Nachrichten",5.8.2010
Seit dem 13. Juli wird dienstags auf Pro7 , dem Sender, der uns zu Tode amüsiert, wieder gnadenlos geswitcht. Lachen per Fernbedienung – so lässt sich die Dramaturgie der Comedy-Show „Switch Reloaded“ am besten beschreiben: im Laufe der Sendung wird von einem Mini-Sketch zum anderen und wieder zurück gezappt, was nicht nur sehr kurzweilig, sondern auch sehr erhellend ist. Das Medium Fernsehen selbst und seine mehr und weniger eitlen Selbstdarsteller sind das Thema des treffsicheren Spotts der großartigen Parodisten. Michael Kessler glänzt nicht nur als Florian Silbereisen, dessen tapsig schleimige Publikumsanmache er lässig decouvriert, sondern auch als „Stromberg“ in der Figur von Adolf Hitler, der sein Büro auf dem Obersalzberg nicht mehr im Griff hat. Peter Nottmeier ist der Schuldenberater Peter Zwegat, hinter dessen Bürodienermaske (natürlich nur in der Parodie) auch kriminelles Potential lauert.
Natürlich ist nicht jedes Fernseh-Format und jede TV-Größe in gleichen Maße für die groteske Überzeichnung geeignet: Sonya Kraus etwa mit ihrer Trash-Show „talk talk talk“ ist mit ihrem gackernden Sex-Appeal und wenig amüsanten Geschwätz bereits die Karikatur ihrer selbst. Dieter Bohlen hingegen in all seiner ekligen Selbstgefälligkeit ist eine immer wieder gerne belachte Zielscheibe, wie auch der Alleinunterhalter Stefan Raab, den Max Giermann zähnebleckend und mit fehlgezündeten Witzchen ein Format verleiht, um das sich das Original vergeblich bemüht.