Tarek (Shredi Jabarin) kommt nach Tel Aviv. Dort will sich der junge Palästinenser mit einer Sprengstoffweste auf einem Markt in die Luft sprengen. Tatsächlich drückt er den Knopf – doch nichts passiert. Der Zünder ist kaputt. So kommt Tarek im jüdischen Viertel für das Wochenende unter, macht ein Deal mit einem ehemaligen KZ-Insassen und Elektrohändler (Shlomo Vishinsky): der besorgt ihm – natürlich ohne Wissen um dessen Sinn – das notwendige Ersatzteil, Tarek geht ihm dafür bei Renovierungsarbeiten zur Hand.
Es ist ein heikles Sujet, an das sich der israelische Film- und Fernsehregisseur Dror Zahavi, der in Potsdam-Babelsberg an der HFF „Konrad Wolf“ studierte, wagt. Palästinensischen Selbstmordterroristen in den Mittelpunkt zu stellen, hat schon im Falle von PARADISE NOW für Proteste gesorgt. Doch Zahavi gelingt eine einfühlsame leichte Geschichte, die zugleich nicht in allzu einfache Geleise der typischen Problemverarbeitung gerät. Tarek greift zum Sprengstoffgürtel, weil sein Vater die Familienehre beschmutzt hat. Um den Sohn als aufstrebenden Fußballer das Training und damit die Karriere zu ermöglichen, hat er sich mit den israelischen Soldaten am Grenzübergang eingelassen – und ist damit in Ungnade gefallen. Tarek will mit dem Anschlag die Schmach wieder reinwaschen. Diese Begründung klingt fast allzu simpel, das Motiv verhältnismäßig nichtig. Der Tod des Vaters, selbst erlittene Folterungen etc. – das sind die typischen filmfiktionalen Dimensionen, in denen tragische Suicide Bomber im Kino erklärt werden. Vielleicht haben Zahavi und sein Drehbuchautor Ido Dror geschludert, vielleicht ging es ihnen um eine einfache symbolische Konstellation. Tatsächlich bedienen sie einige moralische Besinnungskonventionen. Sein ehemaliger Trainer läuft in den zwei Tagen, die die filmische Erzählzeit umspannen, Tarek über den Weg, lässt noch mal kurz den früheren Ruhm des jungen Mannes aufscheinen. Doch Tarek interessiert das eigentlich (nicht) mehr. Der Vater selbst spielt, bis auf die Rückblenden, selbst auch nur eine erstaunlich kleine Rolle, ist kaum zu sehen.
Die Unerklärlichkeit, das Unbedingt der Gewalt, sie mag sich letztlich ein faszinationsarme Banalität entpuppen. Ein kaputter Zünder kann den Nahostkonflikt und seine Dynamiken trotzdem nicht aushebeln. Vielleicht hätte er es in ALLES FÜR MEINEN VATER einmal, ausnahmsweise, als reine wunderbare Utopie. Dann wäre der Film vielleicht noch besser geworden.
Übrigens Dror Zahavi hat bei in puncto filmisches Terrorismuserzählen Erfahrung: Er inszenierte auch den Fernsehfilm MÜNCHEN 72 – DAS ATTENTAT, der dieses Jahr bereits in der ARD lief.
ALLES FÜR MEINEN VATER (Sof Shavua B'Tel Aviv) können Sie sehen am Mittwoch, 05.09.2012 um 20:15 Uhr im Ersten (ARD)