Die Unabhängigkeit der Justiz habe sich nicht bewährt und solle deshalb beendet werden. Der Paragraph 138 der Türkischen Verfassung solle abgeschafft oder so verändert werden, dass künftig das Primat der Politik, also derzeit Erdoğans, über die Justiz sichergestellt ist.
Das verkündete Parlamentssprecher Cemil Çiçek “Article 138 of the Constitution is not functioning. We are writing and discussing [about it]. If it’s so, then let’s remove Article 138 from the Constitution.” Der Mann lässt nichts anbrennen! Was sagt dieser Artikel, zur Unabhängigkeit der türkischen Justiz, genau:
Artikel 138. Die Richter sind in der Ausübung ihrer Ämter unabhängig; sie sprechen die Urteile gemäß ihrem Gewissen in Übereinstimmung mit der Verfassung, den Gesetzen und dem Recht. Kein Organ, keine Behörde oder Person darf den Gerichten und Richtern bei der Ausübung ihrer Gerichtsbarkeit Anordnungen oder Anweisungen erteilen, Runderlasse zusenden, Empfehlungen geben oder suggestive Winke zukommen lassen. Bezüglich eines schwebenden Verfahrens darf in der Gesetzgebenden Versammlung im Zusammenhang mit der Ausübung der Gerichtsbarkeit keine Anfrage gestellt, nicht verhandelt und keinerlei Erklärung abgegeben werden. Die Organe der Gesetzgebung und der vollziehenden Gewalt sowie die Verwaltung haben den Gerichtsentscheidungen Folge zu leisten: diese Organe und die Verwaltung dürfen auf keine Weise die Gerichtsentscheidungen abändern und ihre Vollstreckung verzögern.
Aber Çiçek nannte die grassierende Korruption auch ein soziales, gesellschaftliches Problem, ein Teufels-Dreieck zwischen Politik, Wirtschaft und Verwaltung. Er rief dazu auf gemeinsam dazu beizutragen, dass sich die Türkei innerhalb der nächsten zehn Jahre vom 53. Platz im Korruptionsranking unter die zehn am wenigsten korrupten Länder dieser Welt platzieren solle (und damit noch deutlich vor Deutschland läge)!
Gleichzeitig soll Premierminister Recep Tayip Erdoğan das türkische Justiozministerium angewiesen haben nach Wegen zu suchen, die des Putschversuches verdächtigten Armeeoffiziere der Fälle „Ergenekon“ und „Sledgehammer“ erneut vor Gericht zu stellen, mit dem Ziel ihre Verfahren zu überprüfen. Ihre Verfahren seien möglicherweise „von Gruppen innerhalb der Justiz“ beeinflusst worden. Sollten diese Offiziere von der höchsten Gerichtsinstanz der Türkei verurteilt worden sein, gäbe es dagegen eigentlich keine Berufungsinstanz? Erdoğan würde sich also damit gleichzeitig über das Rechts stellen und einen Versuch starten, dass Militär auf seine Seite zu ziehen, zumindest aber zu neutralisieren im Streit mit der Hizmet-Bewegung des Fethullah Gülen.
Gleichzeitig zeigt Erdoğan damit, wie er sich eine anhängige Justiz künftig vorstellt, stets bereit auf seinen Fingerzeig hin „rechtlich“ mit flankierenden Maßnahmen zu agieren.
Diese Aussagen stammen von MILLIYET- und ZAMAN-Journalisten, von denen Fikret Bila sogar bei dem kurzfristig anberaumtem Treffen Erdoğans engster Getreuer am Sonnabend in Istanbul anwesend gewesen sein soll.
Die Verbreitung dieser Nachricht ist also wohl ausdrücklich erwünscht und kann als Angebot an das Militär verstanden werden, dass Loyalität zu RTE belohnt wird?