erschienen bei sarsura-syrien
Ach wie gut ist es, einen Sündenbock zu haben, auf dem man alles abladen kann. Was in deutschen Medien zu hören oder zu lesen ist, wäre eigentlich nur zum Lachen, wenn nicht durch diese Lügen geholfen würde, den Krieg immer weiter anzuheizen und Unschuldige zu opfern. Die Grenzstreitigkeiten zwischen Syrien und der Türkei hat natürlich nur die syrische Regierung zu verantworten. Der Artikel im Hamburger Abendblatt zu den Geschehnissen der letzten Tage, versäumt in keinem Satz, die syrische Regierung als einzig Schuldige an der Situation darzustellen. Selbst wenn die ersten Granaten am Mittwoch von der syrischen Regierungsarmee auf die türkische Grenzstadt Akcakale abgefeuert sein sollten, ist das noch lange kein Grund die Türkei als armes Angriffsopfer darzustellen.
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Die Türkei beteiligt sich seit Monaten mehr oder weniger direkt und intensiv im Kampf gegen Assad. Auf türkischem Boden können sich FSA-Kämpfer sammeln und Angriffe planen. Auf türkischem Boden sind Geheimdienstmitarbeiter und Spezialisten, die Kämpfer der FSA ausbilden, auf türkischem Boden werden Waffen gesammelt und über die Grenze nach Syrien geschmuggelt. Von türkischem Boden aus wurden syrische Grenzdörfer beschossen, damit die dort stationierten regulären Truppen besser und schneller besiegt werden konnten. Die Türkei verletzte im Sommer 2012 syrischen Luftraum und wollte so einen Krieg provozieren. Nach alldem, was leider kaum in deutschen Meldungen ankam, ist die Türkei mit Sicherheit alles andere als ein bedauernswertes Opfer.
Ähnlich wie bei Massakern, die in Syrien verübt wurden, und bei denen die deutschen Schreiberlinge und die Politik sehr schnell mit ihrer Verurteilung der syrischen Regierungsseite waren, ohne Beweise für ihre Anschuldigungen zu haben, handhaben sie es jetzt auch wieder. Wer gibt denn die Garantie, dass die Granaten nicht von den Assad-Gegnern auf die Türkei abgeschossen wurden? Immerhin wollen die Assad-Gegner seit Monaten intensivere Unterstützung und Eingreifen in den Kampf, den sie gegen die Regierungsarmeen nicht gewinnen können. Eine solche Grenzprovokation, die zur Folge haben könnte, dass ein Krieg forciert wird, spielt den sogenannten Rebellen eher in die Hände als der Regierung. Doch die NATO ist derzeit nicht bereit, den Bündnisfall zur Anwendung zu bringen. Man ist bemüht, beide Seiten zur Räson zu rufen, zur Zurückhaltung zu ermahnen.
Während Damaskus Anteilnahme an den Opfern in der Türkei zeigt und eine Untersuchung des Vorfalles ankündigte, hatte Erdogan nichts Besseres zu tun als im Eilverfahren einen Gesetzesentwurf zu erlassen, der die Vergeltungsangriffe der Türkei in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag nachträglich billigte und der vor allem weitere Angriffe als Verteidigung rechtfertigt. Kein Wort der Trauer und Anteilnahme an den Opfern, aber egal. Nicht Erdogan wird als taktlos hingestellt, sondern die syrische Regierung, die nach den Worten Frau Laubs sich ihrerseits absolut keine Mühe gab, die Krise zu entschärfen und sich zu entschuldigen. Doch Moment mal: Die syrische Regierung sprach ihr Mitgefühl und ihr Beileid aus, übernahm aber keine Verantwortung für den Tod der Zivilisten. Die syrische Regierung kündigte Untersuchungen des Vorfalls an. Erdogan erließ in Windeseile ein Gesetz, das die Aggressionen im Grenzbereich noch befeuert. Welcher Seite sollte man dann also den mahnenden Finger eher entgegenstrecken?
Weiter geht es mit der Beweihräucherung der Türkei, die eindeutig einen Krieg (aber nur mit tatkräftiger Unterstützung der NATO) anstrebt, indem Erdogan gelobt werde, er zeigte Friedenswillen. Hat man als normal denkender Mensch etwas verpasst? Erdogans als Friedenswillen gefeierte Aussagen, sollten eher als Drohung verstanden werden. Er verkündete ganz klar, dass er zwar keinen Krieg wolle, aber nicht zögern werde, sein Land zu verteidigen. Er heuchelt, keinen Krieg zu wollen, nachdem er den Gesetzesentwurf durchs Parlament gepeitscht hat und den UN-Sicherheitsrat zu einer harten Verurteilung der syrischen Seite brachte. Wirklich absolut intensive Friedenssignale, die Erdogan aussendet und dabei wird er auch noch von den NATO-Vasallen unterstützt.
Bei all der Verteufelung der syrischen Regierung sollte man bedenken, dass die Bewaffneten von außen ins Land gebracht wurden. Die syrische Regierung hat genügend Fehler gemacht und reagierte vor allem zu Beginn der Krise, d.h. der Demonstrationen falsch, aber der Punkt, der mittlerweile erreicht wurde, sollte allen die Augen öffnen und klar machen, dass der Konflikt in Syrien nur durch Verhandlungen mit der Regierung und vor allem auch Verbündeten Syriens gelöst werden kann. Schade nur, dass kaum jemand Interesse an der Niederlegung der Kämpfe hat. Man will Assad vertreiben und bedient sich dabei dankbar auch der radikal islamistischen Kräfte, die vor allem eins wollen: Einen islamischen Staat. Ob man derer dann noch Herr wird, ist fraglich. Ein Blick in die bisher zerstörten Länder Afghanistan, Irak und Libyen sollte reichen, um die Zukunft Syriens zu erahnen, wenn man so weiter macht wie bisher.
Quelle: sarsura-syrien