Türchen 24 vom Adventskalender – Wie aus Jesus der Weihnachtsmann wurde

Von Samaria @sannie8

“Hör mal, du musst eben mit der Zeit gehen. Das Kind in der Krippe lockt schon lange niemanden mehr vom Sofa herunter.”

“Aber muss es denn gleich das andere Extrem sein?”

“Laut unseren vorweihnachtlichen statistischen Erhebungen  üben ältere Herren mit schlohweißem Haar und einem langen Zottelbart die größtmögliche Autorität aus. Die Kinder lieben ihn, das sollten wir uns zunutze machen.”

“Die Kleidung ist eine Zumutung!”

“Wieso? Das ist der Renner! Denk nur mal an Pommes rot-weiß.”

“Aber es geht um Weihnachten, nicht um Pommes! Da wünsche ich mir schon ein wenig mehr Authentizität.”

“Nun mache nicht so ein Gesicht. Du bekommst ja auch noch Begleitung. Hier!”

“Ein Elch?”

“Rentier. Eine in den Tundren lebenden Hirschart.”

“Moment, ich komme aus dem Land Israel. Wieso ein Rentier? Reichen denn nicht Ochs und Esel, die bei mir im Stall die erste Wache hielten? Und was ist mit den ganzen Schafen?”

“Schafe können nicht fliegen!”

“Ach was? Und wozu muss ein Rentier fliegen?”

“Wegen der Geschenke.”

“Ich verstehe nur Bahnhof. Alter Mann mit Bart, Rentiere, die fliegen, Geschenke … das bin doch nicht mehr ich!”

“Das macht gar nichts, die Menschen werden dich dann erst umso mehr lieben. Das Kind in der Krippe ist passé, es lebe der Mann in Rot. Es wird Fernsehsendungen über dich geben, Schokoladenfiguren, man wird in der Weihnachtszeit Lieder über dich anstimmen und die Experten werden sich darüber streiten, ob es möglich ist, dass ein einzelner Mann mit einem Rentierschlitten in einer Nacht die Geschenke zu den Kindern bringen kann. Es werden sogar Lehrstühle an den Universitäten des Landes ins Leben gerufen, die sich mit der Existenz des Weihnachtsmannes auseinander setzten.  Dass du als Kind auf die Welt gekommen bist, um den Menschen Frieden zu schenken und die Sünde der Welt auf dich zu nehmen, glaubt keiner mehr ernsthaft. Die Menschen brauchen Alternativen – auch wenn sie noch so verrückt sind.”

(c) Sandra-Maria Erdmann, Dezember 2014


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