Tuna Kiremitçi – Madame Rosella und die Liebe

Die junge Studentin Pelin ist von ihrem reichen Istanbuler Vater ins europäische Ausland geschickt worden, um seiner Beziehung mit einer deutlich jüngeren Frau nicht in die Quere zu kommen. Die Beziehung zwischen Pelin und ihrem Vater ist angespannt und Pelin will ihre Unabhängigkeit von ihm und seinem Geld so weit wie möglich wahren und so sucht sie nach eigenen Verdienstmöglichkeiten. Dabei stößt sie auf eine Zeitungsannonce, die in türkischer Sprache verfasst ist und deshalb ihre Neugierde weckt: „Suche Türkisch sprechende(n) Angestellte(n). Gute Bezahlung. Keine Berufserfahrung erforderlich. Nichtraucher bevorzugt."

Als sie sich auf die Anzeige hin meldet, trifft sie Madame Rosella, eine alte Dame, die gemeinsam mit ihrer stummen Hausangestellten Zelda ihren Lebensabend in einem großen Haus verbringt und einen regen Mitteilungsbedarf hat. Rosella, eine Berliner Jüdin, ist vor Ausbruch des zweiten Weltkriegs zu der Familie ihres Ehemannes in Istanbul geflohen und diese Zeit lässt sie nun mit Pelin Revue passieren - daher auch der Wunsch nach einer türkischsprachigen Angestellten: nur auf türkisch kann Madame Rosella ihre Erinnerungen erhalten: "Die Erinnerung an diese Jahre besteht im Türkischen fort, kann nur auf Türkisch weiterleben [...] Wenn ich mein Türkisch vergesse, dann habe ich Angst, dass das Erlebte in aller Stille verloren geht."


Aber es geht bei diesen Gesprächen zwischen den beiden Frauen noch um viel mehr, als um Madame Rosellas Erinnerungen an ihre Zeit in Istanbul. Gekonnt überzeugt die alte Dame nämlich auch Pelin, mehr von sich preis zu geben und zögernd spricht Pelin von dem angespannten Verhältnis zu ihrem Vater und der Wut auf die Mutter, die Mann und Tochter verlassen hat, um mit einem anderen Mann zusammen zu leben.

Außerdem drehen sich die Gespräche auch noch um die Liebe mit ihren vielen Facetten, um Religion, Sex, Wut und Vergebung. Der große Altersunterschied zwischen beiden Frauen wird ab und zu deutlich, wenn die junge Pelin mit umgangssprachlichen Redewendungen aufwartet, die sich Madame Rosella mit variierender Begeisterung aneignet.

Besonders zu Beginn lässt Kiremitçi sich viel Zeit, ehe die Geschichte wirklich ins Rollen kommt. Da Pelin zunächst kaum etwas von sich preisgeben will, Madame Rosella aber auf einen Dialog mit ihr aus ist, gerät die Unterhaltung oft ins Stocken und Madame Rosella vertagt ihre Erinnerungen auf das nächste Gespräch. Mich persönlich hat das nicht gestört - wer sich drauf einlässt, wird mit einer netten Liebesgeschichte belohnt und schließt das Buch mit einem lächelnden und einem weinenden Auge ab. Insgesamt eine nette und leichte Sommerlektüre.

Lieblingssatz: "Die Götter kommen und gehen, aber die Gebete bleiben bestehen."

Tuna Kiremitçi Madame Rosella Liebe


Ich danke dem btb-Verlag für die Bereitstellung des Rezensions-Exemplars.


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