Tschüss Pille! Hallo NFP!

Von Nagellackjunkie
Ich habe lange überlegt, ob ich einen Blogpost über ein so persönliches Thema verfassen soll, aber ich bin so glücklich mit meiner Entscheidung und stelle immer wieder fest, dass nicht nur mir anfangs die Entscheidung sehr schwer gefallen ist, so dass in meinen Augen gar nicht oft genug über solche Erfahrungen gesprochen bzw. geschrieben werden kann.
Zunächst einmal möchte ich klar stellen, dass ich die Pille als Verhütungsmittel grundsätzlich nicht verteufeln möchte. Sie ist bei korrekter Einnahme ein vergleichsweise sicheres Verhütungsmittel. Die Nebenwirkungen, die bei mir aufgetreten sind, treten nicht bei jeder Anwenderin auf. Es soll schließlich auch durchaus Frauen geben, die die Pille gut vertragen. Ich habe somit eine Entscheidung getroffen, die mir schlichtweg für mich und meinen Körper am sinnvollsten erschien.

Ich habe die Pille insgesamt ca. 10 Jahre lang genommen (verschiedene Präparate; zuletzt über viele Jahre eine Pille, die insbesondere bei der Aknetherapie zum Einsatz kommt und eigentlich nicht zur reinen Verhütung auf Dauer eingenommen werden soll). Bei mir haben sich leider im Laufe der Jahre verschiedene Nebenwirkungen bemerkbar gemacht, die ich auf die Pille zurückführe. So etwa:
- kompletter Libidoverlust- Augentrockenheit- sehr antriebslose und unausgeglichene Stimmung (u.a. sehr oft sehr müde, weinerlich und wenig empathisch)- Kontaktblutungen (Ektopie)- regelmäßige Bauchkrämpfe nach dem Essen
Mir war schon eine Weile bewusst, dass ich mich möglicherweise nach einer anderen Verhütungsmethode umsehen sollte, aber die Pille war für mich zugegebenermaßen das Nonplusultra unter den Verhütungsmitteln. Keine andere Methode erschien mir so sicher zu sein. 

Eher zufällig stieß ich Mitte letzten Jahres auf NFP (natürliche Familienplanung), genauer gesagt die symptothermale Methode, die man sowohl zur Verhütung, als auch bei Kinderwunsch oder zur reinen Zyklusbeobachtung verwenden kann.



Meine Skepsis war groß, denn ich musste unweigerlich an die Kalendermethode oder auch Verhütungscomputer denken und generell hörte es sich nach einer Methode an, die nur für Anwender/innen geeignet sei, die zumindest unterschwellig einen Kinderwunsch haben. Glücklicherweise beschäftigte ich mich trotzdem weiter mit dieser Methode und stellte fest, dass es sich um eine erstaunlich sichere Methode (vergleichbar mit der Pille) handelt, die aber im Gegensatz zu hormonellen Verhütungsmethoden frei von Nebenwirkungen ist. Es vergingen trotzdem einige weitere Monate, bis ich mich endlich traute, die Pille abzusetzen.Um an dieser Stelle nicht zu sehr abzuschweifen, möchte ich nur ein paar Worte über NFP verlieren und die Methode nur sehr grob beschreiben (bei Interesse widme ich dem Thema gerne einen eigenen Blogbeitrag):

Eine Eizelle kann nur kurz nach dem Eisprung (soweit ich weiß max. 24 h danach) befruchtet werden. Unmittelbar im Zeitraum des Eisprungs steigt die Körpertemperatur an und bleibt bis zur Menstruation erhöht. Man befindet sich dann in der sog. Hochlage, die ohne Schwangerschaft maximal 18 Tage lang ist, während die Zeit davor, die sog. Tieflage, unterschiedlich lang sein kann. Zervixschleim und Muttermund verändern sich auch in der fruchtbaren Zyklusphase. Bei der symptothermalen Methode beobachtet man seine Aufwachtemperatur und ein Östrogenzeichen (Zervixschleim oder Muttermundstand) und trägt diese Beobachtungen in einer Zykluskurve ein. Mit Hilfe dieser Körperzeichen und den Auswertungsregeln kann man erkennen, ob man sich in einer fruchtbaren oder unfruchtbaren Zyklusphase befindet. Nutzt man NFP zur Verhütung, weiß man mit Hilfe der symptothermalen Methode, wann der Eisprung vorbei ist und eine Schwangerschaft daher nicht mehr möglich ist. In der fruchtbaren Phase nutzt man eine Barrieremethode (z.B. Kondome, Dia o.ä.).

Man braucht also nur ein regelkonform messendes Thermometer und auf Papier oder online geführte Zykluskurven. 
Standardwerk zum Erlernen der Methode scheint "Natürlich & sicher - das Praxisbuch" (ISBN: 978-3-8304-2364-5) zu sein. 

Ich habe ehrlich gesagt anfangs gedacht, dass die Methode viel zu aufwändig und kompliziert für mich ist, aber auch hier gilt: Learning by doing! Gerade die Auswertungsregeln lernt man am besten in der Praxis an Zykluskurven. Ist man sich unsicher, nutzt man so lange vorsorglich eine Barrieremethode. Ich hatte anfangs ziemliche Schwierigkeiten, auf Kondome zu vertrauen, da eine Schwangerschaft für mich nach wie vor absolut unerwünscht wäre. Kondome sind aber wirklich sicher, wenn man a) die richtige Größe verwendet (ausmessen und nicht einfach die Standardgröße aus der Drogerie kaufen) und b) wenn nötig Gleitmittel verwendet. Mit jeder Zyklusauswertung fasse ich mehr Vertrauen in die Methode und allein schon der erste Temperaturanstieg war für mich ein Aha-Erlebnis. NFP ist gerade bei Schwangerschaftsparanoia von Vorteil, denn durch die Zyklusbeobachtung weiß man, in welcher Zyklusphase man sich befindet. Ohne NFP hätte ich vermutlich bereits in den ersten 5 Monaten nach dem Absetzen der Pille ein Dutzend Schwangerschaftstests gemacht, da meine erste Menstruation einfach so lange auf sich warten ließ. Dank NFP wusste ich aber, dass vorher kein Eisprung stattgefunden hatte und eine Schwangerschaft somit schlichtweg nicht möglich gewesen ist.Nun bin ich seit knapp 13 Monaten pillenfrei und bereue meine Entscheidung überhaupt nicht. Ich fühle mich tatsächlich besser, bin weniger müde, weniger antriebslos, pflege wieder mehr soziale Kontakte (vorher ging es nach der Arbeit immer direkt auf die Couch), bin empathischer, kann wieder körperliche Nähe zulassen und die ganzen körperlichen Einschränkungen wie etwa die Augentrockenheit und Kontaktblutungen sind verschwunden. Sogar meine Menstruation ist -anders als befürchtet- weniger schmerzhaft und inzwischen auch weniger stark als vor/mit der Pille.Einziger Nachteil des Absetzens ist für mich, dass ich etwa seit dem 3. Monat nach dem Absetzen unter Akne leide und meine Haut damit schlimmer geworden ist, als sie es mit 16 war, als ich mir die Pille erstmalig habe verschreiben lassen. So sehr mich der Anblick im Spiegel auch täglich frustriert, kommt für mich nicht in Frage, allein aus diesem Grund wieder die Pille zu nehmen. Hinzu kommt, dass sich mein Körper offenbar immer noch nicht von der Pille erholt hat und sich das mit noch ziemlich langen, unregelmäßigen Zyklen bemerkbar macht. Insofern habe ich noch die Hoffnung, dass die Haut etwas besser werden wird.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich wünschte, ich hätte mich früher über die hormonfreien Alternativen zur Verhütung informiert und die Pille schon vor einigen Jahren abgesetzt.