Wann sind die Deutschen eigentlich so langweilig und unfroh geworden? Oder besser, die Berliner, die ja zu einem großen Teil gar nicht deutsch sind? Oder ist es ein gesamtdeutsches Phänomen? In meiner Kindheit waren die Autos zumindest in Berlin (West) Zitronengelb, Erdbeerrot, Laubfroschgrün und Himmelblau. Die Straßen strahlten Lebenslust aus. Schadhafte Stellen wurden mit großen Aufklebern abgedeckt – Enten, Bälle, Hunde, Pinguine, Fahnen oder ganze gemalte Landschaften zierten die Kotflügel und Motorhauben.
Und heute? Auf den Straßen und auf den Parkplätzen der Gebrauchtwagenhändler sehe ich einen Einheitsbrei aus Anthrazit und Nebelgrau (Verzeihung: Silber). Manche fahren immerhin noch Weiß, und die ganz Verwegenen olivgrün, depressivdunkeldunkelblau oder gar ein schmutziges Weinrot. Aufkleber und Schadstellen gibt es nirgends, eine verschämte Silhouette der Insel Sylt an der Stoßstange ist das höchste der Gefühle. Die farbigen Schriftzüge auf den Autos der sozialen Pflegedinste sind der einzige heitere Lichtblick. Dir Trabis in der DDR waren bunter als die Gesamtberliner Straßen heutzutage.
Wie kommt’s?
Wenn ich meinen Garten dieser Mode entsprechend bepflanzen wollte, wäre nur nackte Erde und Efeu erlaubt, vielleicht mit einer schmutzig weinroten Dahlie hier und da.
Schade eigentlich. Haben wir den Mut zur Farbe verloren? Zur Individualität? Finden wir Einheitsanthrazit wirklich schön? Spiegelt es unsere Laune? Haben wir die Phantasie verloren? Was ist passiert?