Worum geht's?
Wir steuern den jungen US-amerikanischen Physiker Hans Tannhauser, der sich 1967 in das von allen und allem verlassene Kaff Trüberbrook, mitten in der deutschen Provinz, verirrt. Offenbar der Hauptgewinn in einem Preisausschreiben - dann will man lieber nicht wissen, was Platz 2 und 3 waren. Größte Attraktion im fiktiven Dorf ist der große See mit Bergpanorama im Hintergrund sowie ein eigenes Kino. Als es sich Tannhauser in seinem Zimmer in der örtlichen Pension zur ersten Nachtruhe gemütlich macht, taucht eine Gestalt übernatürlichen Ursprungs auf und stiehlt ihm sämtliche quantenphysikalischen Aufzeichnungen aus seinem Gepäck. Da gibt's nur eines: nichts wie hinterher! Und schon verschlägt es den Spieler vom idyllischen Dörfchen in eine Irrenanstalt und ein geheimes Untergrundlabor. Hinter der ländlich-bewaldeten, öden Fassade entfaltet sich nach und nach eine Geschichte à la „Eureka" - inklusive parallelen Universen und künstlichen Intelligenzen.
Großes Kino
Genretypisch sind die Begleitmusiken stets passend und variationsreich, teilweise erinnern die Kompositionen an Neil Young. Weiterhin sind die eingesetzten Sprecher teilweise schwer prominent. Greta Lemke wird von Nora Tschirner gesprochen, Lazarus Taft von Dirk von Lowtzow, Dr. Heinrich von Streck gar von Jan Böhmermann. Die restlichen Sprecher sind weniger prominent, aber nicht weniger professionell, was das Spiel unterm Strich auch akustisch zu einem ganz großen Wurf macht.
Bewährte Rätselkost
Was das Genre auszeichnet, sind typische Kombinations-, Dialog- und Schalterrätsel verschiedener Couleur. Hier geht der Titel keine neuen Wege, sondern beschränkt sich auf Bewährtes. Per Knopfdruck zeigen kleine Kreuzchen auf dem Bildschirm alle Objekte an, mit denen interagiert werden wird. Das ist für Hardcore-Tüftler fast schon cheaten. Allerdings zeigt sich schnell, dass durch dieses Mittel lästiges Pixeljagen entfällt, weil man mal wieder irgendwo eine Kleinigkeit übersehen hat. Die Rätsel sind dabei grundsätzlich fair gestaltet - lediglich bei längeren Kombinationsrätseln, die sich über mehrere Bildschirme erstrecken, wird es mitunter zu bunt und künstlich konstruiert. Da hilft dann nur noch Trial and Error.
Überhaupt, die Rätsel. Was sind gute Rätsel in einem Adventure? Bei guten Rätseln bekommt man schon ein Ziel oder auch schon Ansätze zu Zielerreichung und die Frage, wie man dieses Ziel erreicht. Die Lösung (mit oder ohne Nutzung von Hinweisen) kommt aus dem Spiel heraus. Thimbleweed Park hat das zuletzt großartig gemacht. In Trüberbrook gelingt diese Kunst leider nicht: Der Spieler hat keine Teilziele vor Augen, sondern macht halt Sachen, die man immer macht. Die total bekloppten Ideen halten sich in Grenzen und das Rumprobieren wird dadurch entschärft, dass man Objekte aus Spielwelt und Inventar nicht frei kombinieren kann.
Die Story, als zweiter elementarer Bestandteil eines Adventures von großer Bedeutung, sollte sich (so war wohl der Plan)peu à peu aufbauen und dann entfalten. Im Laufe des Spiels werden die Science-Fiction-Elemente immer raumgreifender. Auch mit physikalischen Fachbegriffen wird mitunter nicht gespart, wobei sich der Titel allerdings alle Mühe gibt, deren mitunter arg komplexen Hintergrund auch für Laien verständlich zu formulieren. Leider haben die Designer das nur in Ansätzen hinbekommen: Trüberbrook wirkt wie eine zusammengenähte Sammlung von kreativen Ideen, Geschichten in der Geschichte und Anekdoten, wobei sich alles leider nie zum großen Ganzen zusammenfügt. Zudem fehlt ein bisschen Biss, wenn schon ein Jan Böhmermann eine Sprecherrolle bekommt, warum lässt man ihn sich mit seinem Humor dann nicht auch ein wenig austoben? Wo Entwickler bildundtonfabrik doch schließlich auch sein Neo Magazin Royale produziert.
Fazit
Da hatten sie sich so viel für Trüberbrook vorgenommen - und dann bleibt der Titel auf halber Strecke liegen. So großartig die Technik ist, so enttäuschend ist das Rätseldesign insgesamt. Es gibt durchaus einige Kopfnüsse, doch an Genre-Größen wie Thimbleweed Park oder den frühen Daedalic-Titeln scheitert Trüberbrook krachend. Das macht aus dem Titel jetzt lange noch kein schlechtes Spiel, nur muss man es halt auch irgendwo einordnen. So gelungenen die nerdigen Anspielungen sind, so rar sind sie gesät. Und insgesamt zeigt sich das Charakterdesign oberflächlich und klischeebehaftet, was dem Ganzen jetzt auch keine Tiefe verleiht. Zudem macht das Spiel aus seinem Setting im Jahre 1967 überhaupt gar nichts. Kalter Krieg, Beatmusik und sexuelle Freiheit waren nur einige Themen, welche die damalige Zeit prägten. Davon ist in Trüberbrook nichts zu spüren.
Genrefans werden also die Nase rümpfen und in fünf Stunden durch sein, die können sich aber an der gelungenen Grafik erfreuen. Alle anderen Gelegenheits-Adventurezocker werden mit Trüberbrook aber vergnügliche Stunden erleben und den Titel hoffentlich als Eingangstür in die Welt der großen Point'n'Clicks nutzen.