Ich würde lieber „sauffrei“ dazu sagen, weil „trocken bleiben“, na ja kein gutes Ziel. Wenn trocken heißt, ich bin ausgetrocknet, unzufrieden und wie eine Rosine. „Sauffrei“ gefällt mir besser.
Warum schreib ich heute? Ich wusste es bis vorhin auch nicht, aber den ganzen Tag über muss ich an den Alkohol denken. Halt! Nicht erschrecken! Keine „Rückfallgefahr“, nein, aber trotzdem ist das Thema heute sehr präsent. Und im Moment fällt mir ein, warum das ausgerechnet heute so ist.
20 Jahre! 20 Jahre „sauffrei“ darf ich feiern. Na ja – feiern – keine Ahnung, ob das ein Grund zum feiern ist. Aber sagen wir mal, zum „denken“, „nachdenken“, „besinnen“.
Viele Menschen habe ich getroffen in der Zeit. In der Therapie, und den Suchtgruppen, traf ich immer wieder auf Menschen und auf Aussagen wie folgt: „Selbst nach 20 Jahren kannst du einen Rückfall haben!“. Ja, das glaube ich auch und ich habe einige Menschen getroffen, die nach über 20 Jahren wieder tranken, rückfällig wurden, obwohl sie 20 Jahre lang „abstinent“ lebten.
Nicht erschrecken, nein, es soll kein Freifahrtschein für einen Rückfall sein, Gott bewahre, was er auch tut. Aber, ich möchte kurz darüber schreiben, was mir dazu durch den Kopf ging heute. Vielleicht hilft es jemandem.
Ich bin nach wie vor der Meinung, dass „saufen“ auch gut war. Meine Mutter, über 35 Jahre trocken, hat da andere Erinnerungen an ihre Trinkerei. Sie sagt, kein Tag war gut beim Saufen. Das kann ich nicht behaupten.
Ich habe mich immer „vorher“ darauf gefreut, wirklich, bis zum Schluss. Endlich saufen, es schmeckte zwar nicht immer unbedingt, aber das erste Gefühl, das erste Glas (meistens, nach längerer Trockenphase, in der akuten Phase, da war das erste Glas immer das, was ausgekotzt wurde).
Wie oft ging ich an einem Freitag Abend von der Arbeit heim, und schwenkte unterwegs zum Laden, um einzukaufen. Manche dieser Freitage ging ich auch von der Arbeit los mit dem festen Vorsatz, nichts zu kaufen. Was oft auch misslang.
Aber viele dieser Freitage freute ich mich auf das „Sauf -Wochenende“. Ja, leider ging es meistens schief. Meistens. Manches Mal gelang es mir, Sonntags dann aufzuhören und habe mich durch den Sonntag geschleppt. Es gab ja kein Internet damals und Sonstiges. Handy, What’s App, Blog Schreiben oder Twitter und Facebook und Snapchat. Nix gab es. Bücher und 3 TV-Sender, na ja 6 waren es damals glaube ich auch schon.
Das waren lange Sonntage, mit der Versuchung Alkohol.
Wie auch immer, es hat geklappt und es hat halt nicht geklappt. Darüber wollte ich eigentlich gar nicht berichten.
Ich wollte vielmehr darauf zurückkommen, dass ich glaube – also von mir ausgehend -, dass wenige Alkoholiker „ungern“ tranken und auch nicht „ungern“ wieder trinken würden, wenn sie könnten.
Heute muss ich nicht mehr, wollen auch nicht, aber es gibt immer so 1-2 Tage im Jahr, da würde ich gerne. Da denke ich an die „guten Stunden“ mit meinem Freund ALKOHOL zurück und denke, na ja, schön wärs schon auch mal wieder.
Warum ich dies schreibe? Aus demselben Grund, aus dem ich fast alles hier tue. Um dir zu zeigen und dir zu berichten, dass es überhaupt nicht schlimm ist, gerne trinken zu wollen. Wichtig ist es, dass du es nicht tust. Es könnte gut gehen, 1x, 2x, 3x – glaube ich auch, ABER: nach Wochen kann der Suchtdruck noch kommen, von den einen Mal nippen an einem Glas Bier oder Wein. Er muss nicht kommen, ABER: „er könnte!“. Wochen, Monate danach kann er, sie, es auf einmal in dir hochkriechen, und du verlierst.
Also, bleiben lassen. Bringt nix. Rede dir aber nicht ein, falls du zu der Gruppe „Petra Trinker“ gehörst, dass es nicht schön wäre, oder gut wäre, mal wieder etwas zu trinken. Oder dass du nicht gerne trinken würdest. Du würdest doch gerne mal wieder trinken, habe ich Recht?
Na bitte, sag ich doch. Also lasse es dir nicht einreden, dass das gefährlich ist, oder dass du einen Psychiater, oder sonst wen aufsuchen musst. Die haben meistens eh keine Ahnung. Ich denke, dass nur die Ahnung haben und helfen können, die diesen Scheiß überwinden konnten.
Wie viele Psychologen und so weiter wollten mir in den letzten 30-35 Jahren erzählen, wie ich trocken, abstinent werde? Wenn ich diesen ganzen Blödsinn aufschreiben würde, lieber Gott, dann würde ich morgen noch hier am Computer sitzen. Hat es geholfen? Nein, leider nicht. Wobei wir die Ärzte benötigen, ich möchte keinem den Platz streitig machen, an dem er sitzt und arbeitet. Was mir überhaupt nicht gefällt ist, dass wir „trockene Säufer“ nicht gefragt werden, wie wir es geschafft haben. Dass keiner dieser Besserwisser unseren Rat und unsere Meinung und Erfahrung einfordert. Dass wir in Suchttherapien mit eingebunden werden, um unsere Erfahrungen zu teilen.
Na, was sagst du dazu>?
Schreib mir mal, unten, oder im E-Mail?
Bitte!Danke!
so sei es, und nun geh ich denken, oder doch feiern?
die Petra – nach 20 Jahren „TROCKENheit“ –