Traumwahlen: Rumgetrickse hier – Bettelei dort

Von Politropolis @sattler59

Liberalismus heute – Foto: © politropolis.de

Die böse Schlappe, die die ehemals liberale Partei in Bayern hinnehmen musste, ist folgerichtig. Der konservative Wähler will diese Partei nicht mehr an seiner Seite haben. Welche Funktion hätte diese Partei noch auszufüllen? Selbst  eine katastrophale Neuauflage der Amigo-Affaire der CSU in Bayern kann bei den Wählern nicht so viel Schaden anrichten, wie man aufgrund der Dimensionen annehmen müsste. Die FDP hatte keine Bedeutung mehr.


Selbstbedienung ohne Folgen

Das Vorleben der dreisten Selbstbedienungsmentalität scheint vom Wähler auch noch gutiert zu werden. “Mir san mir” – und so macht man das halt im Freistaat, dass Brüder, Schwester, Ehefrauen, der Schwager oder die Schwägerin und sogar halbwüchsiger Nachwuchs der Landtagsabgeordneten genauso vom Platz an den Versorgunsstellen der Politik teilhaben können und sich dabei kräftig auch an den Steuergeldern der Andersdenkenden bedienen können. (Vorbildfunktion?) Das ist wohl mittlerweile zum Kulturgut geworden, wie die Wiesn und der FC. Dem Freistaat geht es wirtschaftlich gut, politisch nutzt das der größten Seilschaft im Lande. Die Seilverbindungen zur Wirtschaft sind so dick, die könnte man mit nichteinmal mit einem Messer durchschneiden, scheint ebendieses offene Geheimnis zu sein, dem man im ZDF prominent besetzte Krimireihen widmet (“Unter Verdacht” mit Senta Berger). Was braucht es zu denen, die “Christlich” und gleichzeitig “Sozial” heissen, die Leute, die sich “Liberal” nennen zusätzlich? Ein vom Erfolg beseelter Seehofer schaut grinsend in die Kameras und spricht in den Medien von Bescheidenheit, während es so aussieht, als liefe im Inneren dieses Mannes ein gänzlich anderer Film ab. Die Bayern wollten es so haben.

Unionschristliches Einfluss-Getrickse

Wer´s anders haben will, muss wohl nach Restdeutschland auswandern. Nur, man entkommt Seehofers Grinsen und der CSU-Mentalitat nicht so einfach. Auch im Restdeutschland -also aus bayrischer Sicht “Preissn”- ist die CSU vertreten, an der Seite der CDU im Bundestag. So darf diese lokal antretende Landes-Partei durch CDU-Getrickse ganz offiziell als Bundespartei, als ein Koalitionspartner im Bund agieren, und zwar nur, weil die CDU auf einen Wahlantritt in Bayern verzichtet und das der CSU überlässt, mit der sie dann im Bund eine gemeinsame Fraktion bildet. Somit erhalten die bayrischen Lokalfürsten zusätzlich Gewicht in allen Politikfeldern, auch den europäischen. Dabei handelt es sich lediglich um Schwesterparteien, also um getrennte Organisationen. Wählen kann man die CSU in Gesamtdeutschland ausserhalb Bayerns zwar nicht, dennoch bestimmen diese die Regierungspolitik maßgeblich mit. Ein Zustand, der nicht nur meinem Demokratieverständnis gewaltig widerspricht. Und wer dann einmal ausgedient hat, kann bei den Unionschristen darauf hoffen, als Anerkennung noch zusätzlich einen Posten in den Europäischen Parlamentsstrukturen zu ergattern. Dort versperren diese -bisweilen recht selbstzufrieden wirkend- den jüngeren hochdeutsch- und englisch-sprechenden Politikern und mit #Neuland -Kompetenz ausgestattet, Gestaltungsmöglichkeiten und Chancen. (Z.B.: Der mittlerweile 72jährige ehemalige CSU-Ministerpräsident Stoiber, ist seit November 2007  in Brüssel Leiter einer EU-Arbeitsgruppe für “Bürokratieabbau”.)

Bayrischer Wahltermin – Gut angelegtes Steuergeld?

Dass der Wahltermin im “Mir-San-Mir-Land” eine Woche vor der Bundestagswahl stattfand und damit millionenschwere Mehrkosten verursachte, kritisierte die Opposition scharf und vielstimmig, doch das interessierte dort eben nur die Regierungsgegner. Die Millionen, so kann man im CDU/CSU Rückblick sehen, sind gut angelegtes Steuer-Geld, erhöhte es  für die CDU/CSU ein paar Tage vor dem Urnengang die Erfolgsaussichten noch. Jedoch für den mit Pauken und Trompeten durchgefallenen Koalitionsparnter FDP brechen nun nach der Angst-Phase, regelrechte Panikattaken aus.

Panikattacken und liberaler Scherbenhaufen

Völlig argumentationslos und nur auf Machtkonstellationenen abzielend, kommen nun die vom politischen Fliegengewicht vorgetragenen Durchhalte- und Kampfparolen des Vorsitzenden der FDP Herrn Rösler daher. Was man vom Wähler will, formiert die Partei deutlich: Stimmen, genauer, die Zweitstimme; sie ist bei der Wahl zum Deutschen Bundestag grundsätzlich maßgeblich für die Sitzverteilung der Parteien. Es geht nicht mehr um Inhalte, es geht nicht mehr um Direktkandidaten, es geht rein um den Machterhalt der Organisation, die sich liberal nennt.

Was will der “Liberalismus” eigentlich? Laut Definition bedeutet der Begriff, dass jeder Mensch als Individuum gesehen wird, dessen Person und Eigentum geschützt werden soll. Im Liberalismus soll diese Schutzfunktion eine Aufgabe des Staates sein. Wenn in der Politik von Liberalismus gesprochen wird, dann ist damit stets die Einhaltung der Menschen- und Grundrechte gemeint. Selbst in einer demokratischen Rechtsform wäre demnach die Einhaltung der Menschen- Grundrechte priorisiert. Wenn wir uns die FDP heute anschauen, hat deren Politik mit dem ursrpünglichen Gedanken von Liberalismus nichts mehr zu tun. Konnte man in einer “sozial-liberalen” Koalition noch den Hauch jener Grundgedanken wiederfinden, so präsentiert sich die FDP von heute gänzlich befreit von ihrer Tradition. Sie ist als Partei der Machtwirtschaft ein überflüssiger Wurmfortsatz der von ihrer christlichen Tradition entfremdeten Machtpolitiker der CDU/CSU.  Warum also die Zweitstimme an die FDP geben? Seehofer will jetzt auf dem “Teppich” bleiben, mit dem Niebel zuletzt eine ziemliche Runde herumgeflogen ist und auf dessen rotem Dependant Westerwelle mehr als eine außenpolitische Bauchlandung hingelegt hat.
Jetzt bittet die FDP nicht mehr um Zustimmung für liberale Politik, sie bettelt nur noch um Machterhalt, um Zweitstimmen. Das reicht nicht, das sollte nicht genügen, um in Deutschland mit zu regieren. Weitere Amtszeiten für Westerwelle und Niebel oder Brüderle, egal in welchen Ressorts, möchte man sich nicht vorstellen.

Den Teppich unter den Füßen wegziehen – eine kleine Träumerei

Es wäre wünschenswert, wenn die Wähler für ein bunteres, ein lebendiges Parlament sorgen würden. Es soll noch Kandidaten auf den Wahlzetteln geben, die Ideale denken können. Wäre es nicht erfrischend, wenn wir den Teppich, auf dem sich die Partei-Funktionäre so selbstgefällig räkeln (“Deutschland geht es gut”) jenen mal wenigstens ein stückweit unter den Füßen wegziehen würden? Damit würde auch ein Wunschtraum des Ex Bundespräsidenten Roman Herzog (CDU)  erfüllt werden: Endlich würde dann ein “Ruck durch Deutschland” gehen.

Weniger Lobby mehr Vielfalt in der politischen Landschaft! – Foto: © politropolis.de

Man kann sich kaum vorstellen, was passieren würde, wenn die 30-40% Nichtwähler sich aufrappeln würden, ihr demokratisches Grundrecht zu nutzten und die kleineren demokratischen Oppositionsparteien wählen würden. Es hätte was von der “Revolte”, zu der Konstantin Wecker in seiner aktuellen Polemik aufruft.
Man wird ja wohl noch träumen dürfen!