Traumhafter Schlagzeuger-Schweiß
Sascha Ring alias Apparat lebt zwischen zwei Welten – Beats und Gitarre, Rumms oder Fläche. Er pendelt regelrecht zwischen beiden hin und her. Gemeinsam mit Modeselektor rumpelte er zwei Jahre lang außerordentlich erfolgreich mit ordentlich Wumms über die Bühnen und durch die Lautsprecher der Welt. Jetzt steht er zum Auftakt seiner Deutschlandtour im knackevollen Leipziger Centraltheater und bringt sie beide mit, die Welt der Trommeln und die Welt der Gitarre. Letztere hatte er auch schon bei Moderat ab und an um den Hals hängen.
Für die erste seine Welten hat er seinem Drummer etwa 80 Minuten Schwerstarbeit aufgetragen. Trotz aller Effekte, Loops und Synthieflächen stampft und trommelt er, dass man um seine Besinnung fürchtet. Er muss das auf die Bühne bringen, was sonst der Drumcomputer aus Rings erster Welt erledigt, und das ist eben maschinell gefertigte Höchstleistung, die man erst einmal live umsetzen muss. Niemanden hätte gewundert, wenn er, wie einstmals Sigur-Rós-Drummer Orri Páll Dýrason, nach Ende des Gigs vor lauter Anspannung sein Drumset umgekickt hätte.
Für die Magie im Set sind eben die Gitarre und die derzeit angesagteste Kopfstimme Deutschlands zuständig. Die bringt Sascha Ring von Zeit zu Zeit ein und zeigt damit seinen unbändigen Willen, ganz vorn mitzuspielen in der Liga der Emo-Ikonen. Namen sind Schall und Rauch, aber der Wille zur Konkurrenz zu etablierten Größen schwingt in jedem Ton mit. Die breiten, post-rockigen Gitarrenflächen mit ausgefuchsten Drumtüfteleien und dann die Stimme sind angetreten, um größere Bühnen zu bespielen. Sie bescheiden sich nicht mit einem 150-Leute-Club.
Über Unterstützung und Vorschusslorbeeren kann Sascha Ring alias Apparat derweil nicht klagen: Eine magentafarben daherkommende Telekommunikationsfirma empfiehlt ihn und lässt ihn von der hauseigenen Konzertreihe Electronic Beats unterstützen. Seine alte Plattenfirma war dem Vernehmen nach etwas weniger positiv gestimmt und meldete sich ab. Flugs suchte sich Ring eine neue und fand sie ausgerechnet in Großbritannien, beim einstmals mythenumrankten Mute Records beging er The Devil’s Walk.
Aus seinem Ein-Mann-Projekt ist dabei eine Band geworden und die wird im Laufe des Abends weiter Richtung isländischer Elfenklänge um die zwei Streicher der Vorband Warren Suicide ausgebaut. Zuvor zeigt Ring noch mit einer ausgefeilten Band-Version des Moderat-Krachers Rusty Nails, dass sich Techno und Pop eben doch gehörig liebhaben. Nebenbei ist es einmal ein Remix in die andere Richtung, von Beat zu Gitarre. Hier wird eine industrielle Einbahnstraße mal eben für den Gegenverkehr geöffnet. Aber viel wichtiger noch: Der mäandernde Siebenminüter ist Beweis dafür, dass man in beiden Welten zugleich zuhause sein kann.
Bei aller Euphorie und meisterlicher Klangkunst bleibt ein großes Fragezeichen in der mehrfach geatmeten Luft des Centraltheaters hängen: Wo ist das Herz des Sascha Ring. Wo ist Sascha Ring? Vielleicht will er auch gar nicht verortet werden, viele Metamorphosen in der Vergangenheit sprechen für diese These. Dann liegt es also doch am Hörer, das Hier und Jetzt von Apparat zu zelebrieren und gegebenenfalls so heftig zu applaudieren wie das Publikum beim ersten Gig der Deutschlandtour.
Apparat auf Tour
2. November Frankfurt, 8. November Wien, 9. November München, 10. November Stuttgart, 11. November Heidelberg, 12. November Dresden, 19./20. Dezember Berlin.
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Apparat live – Traumhafter Schlagzeuger-Schweiß
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