Beruflich habe ich es mit Jugendlichen zu tun. Genauer genommen mit Burschen auf Lehrstellensuche. Anlässlich der Gespräche, die ich mit ihnen führe, fällt irgendwann immer die Frage nach ihrem Traumberuf. Ein paar wenige haben keine Antwort auf diese Frage, die meisten allerdings schon: Profi-Fussballer! Diese Antwort fasziniert mich immer wieder aufs Neue, beängstigt und überrascht mich aber jedes Mal genau so. Lassen Sie mich das erklären.
Natürlich freut es mich, dass viele junge Männer eine Fussballerkarriere als Erfüllung eines Traums betrachten, beweist es mir doch im Auswahlverfahren, in dessen Rahmen ich diese Frage stelle, dass sie sportlich, ehrgeizig und teamorientiert sind. Ausserdem nimmt mein Herz jedes Mal einen Gump, wenn ich das höre, weil ich in jedem dieser jungen Burschen auch einen meiner beiden Fussball fanatischen Buben sehe. Gleichzeitig macht mir diese Aussage auch jedes Mal Angst, weil ich aus Erfahrung weiss, dass es diesen jungen Männern sehr schwer fallen wird, während ihrer Berufslehre die Prioritäten zwischen Arbeit, Schule und Sport richtig zu setzen und dass es früher oder später in der Ausmarchung zwischen Beruf oder Fussball zu heftigen Konflikten kommen wird.
Doch mehr als mich zu faszinieren oder zu beängstigen, überrascht mich diese einhellige Antwort. Waren es früher nicht Pilot oder Polizist oder allenfalls Lokiführer und Astronaut die Berufe, die Buben in ihren Träumen anvisierten? Was ist geschehen? Sind diese Berufe nicht mehr sexy oder einfach nicht mehr lukrativ genug?
Wie dem auch sei: Nach seinem Traumberuf gefragt, antwortet unser Grosser jedenfalls weder wie die Kinder aus meiner Zeit noch wie die Jugendlichen von heute. Er möchte nämlich – vielleicht ein neuer Trend zurück zu den wahren Wurzeln? – schlicht und einfach Bauarbeiter werden.
immer mittwochs im Tagblatt der Stadt Zürich
Welcher war Euer Traumberuf? Und derjenige Eurer Kinder?