Es gibt Fächer, die einem liegen. Und Fächer, die einem so was von leicht von der Hand gehen, dass man selbst total überrascht ist. Vor meiner Ausbildung dachte ich eigentlich, dass ich ein total kreativer Mensch bin und mir Zeichnungen leicht fallen - ich wurde aber eines besseren belehrt. Ich habe schnell gemerkt, dass meine eigentliche Passion die Schnitterstellung ist und teilweise sogar das Nähen - aber nur teilweise.
Vor meinem Studium hatte ich keinerlei Näherfahrungen und war vor dem ersten Nähtag dementsprechend nervös. Ich hatte vorher einige Horrorgeschichten von gebrochenen Maschinennadeln, die ins Auge springen können, oder blutig genähten Finger gehört - die Angst war zum Glück völlig unbegründet. Bis auf einige blutige Stiche vom Handnähen kann ich mich an keine ernsthaften Verletzungen erinnern.
Schnitttechnik und Industrielle Fertigungstechnik waren an einer Schule stark miteinander verbunden. Heißt: Wenn wir in Schnitttechnik einen Rock konstruiert haben, lernten wir beim Nähen Schlitze oder Reißverschlüsse. Am Anfang mussten wir uns mit den Industrienähern und der Overlock (ich hatte noch nie solch einen großen Respekt vor einer Nähemaschine) vertraut machen und haben verschiedene Nahtarten kennengelernt. Mit der Zeit folgten Reißverschlüsse, Schlitze, Kragen oder Manschetten. Zum Ende jedes Semesters mussten wir ein komplettes Kleidungsstück nähen, das wir natürlich auch selbst konstruiert haben.
Ich habe damals ziemlich schnell gemerkt, dass Schnitttechnik genau mein Ding ist und Nähen leider das notwendige Übel. Ich will damit nicht sagen, dass ich es gehasst habe - es gab sogar Dinge, die ich gerne genäht habe wie Reißverschlüsse oder Taschen. Dafür fand ich Kragen, Manschetten und Schlitze furchtbar - mir fehlte definitiv die Ausdauer, um beispielsweise bei Absteppungen genau genug zu sein.
Bügeln (beziehungsweise Dampfbügeln) war ebenfalls ein großer Teil meiner Ausbildung: Bevor man näht, muss man nämlich meist erst Nahtzugaben umbügeln oder nach dem Nähen Nähte zu bestimmten Seiten wegbügeln. Ich weiß nicht, wie oft ich mir die Hände an dem Gerät verbrannt habe - bis zum letzten Tag in der Prüfung sind die Dampfbügelanlage und ich keine Freunde geworden.
Ich habe zwar schon lange nicht mehr genäht oder Schnitte erstellt, dafür sehe ich jedem Kleidungsstück sofort an, wie es konstruiert und verarbeitet wurde. Rückblickend würde ich deshalb ich auch sagen, dass mir die Fächer Schnitttechnik und Industrielle Fertigungstechnik für den Alltag am meisten etwas gebracht haben.