Train noir

“Train, sein richtiger Name lautete Lionel Walk Jr., war schon immer ein Einzelgänger gewesen. Die anderen Caddies machten sich im Schuppen über ihre Taschen [die weißen Golfer] lustig, äfften nach, was sie sagten und wie sie sich abkasperten, aber wenn sie erst das Bag über ihre Schulter wuchteten, hieß es nur. Och “Jawohl, Sir” und “Nein, Sir” und “Vielen Dank, Sir.”

Train Pete Dexter: Train, aus dem Amerikanischen von Jürgen Bürger, 2003/2012, 400 Seiten.

Pete Dexter Autor von Paris Trout und dem Western-Epos Deadwood, nimmt die 50 Jahrer in Los Angeles, geht auf den Golfplatz, setzt sie auf ein Tee, dann schlägt er sie mit einem Eisen 9 westwärts. Oho!…

Equal but separate? Während die Weißen auf dem Golfplatz von Loch zu Loch schlendern, tragen die schwarzen Caddies ihre Bags, schauen stumm zu und hoffen in einer schnellen Runde auf einen Erfolg ihres Golfers, des Tringelds und der geringeren Beschimpfung wegen.

Train antwortete nicht. “Du verstehst doch Englisch, richtig?” Train nickte und spürte jetzt, dass Mr. Packard ihn ansah, neugierig, ob ihn das alles irgendwie berührte.

Dann auf zur nächsten Runde. Bis zum Abend. Train, kaum 18 Jahre, besitzt ein altes Neuner Eisen, mit dem er sonntags auf dem Platz übt. Als einmal die Wette zwischen zwei Weißen eskaliert, wird er zu einem Schlag gezwungen und locht ein. Von da an ist er im Fokus von Miller Packard, Detective, der in ihm den begabtesten Golfer sieht, den er je getroffen hat. Der Haken: Schwarze dürfen auf den Platz, aber nur zum Tragen der Bags, nicht zum Spielen.

Der blinde Boxer Plural kann nicht mehr unterscheiden zwischen hell und dunkel und auch nicht zwischen freundlich und feindlich. Kommt es ihm in den Sinn, bricht er Nasen, braucht er Geld, lässt er sich für drei Dollar den Schädel im Sparring einschlagen, damit der Gegenüber Selbstvertrauen tanken kann.

“Das Veteranen-Krankenhaus?” sagte er. “Mann, wenn du da auf die andere Straßenseite guckst, weißt du, was du dann siehst? Den Veteranen-Friedhof. Vorne fahren sie sich rein, und an der Seite geht’s dann wieder raus, mit dem Vermerk: Zurück an den Absender.”

Einen Ort freilich gibt es, an dem so etwas wie Hoffnung in dieser gewalttätigen Welt geben könnte. Ein Golfplatz außerhalb der Stadt. Mr Cooper, ehemaliger Ungeziefervernichter, will hier integratives Wohnen etablieren. Der Golfplatz wird zwar von schwarzen Caddies gewartet, doch in die Häuser am Rand des Greens sollen dereinst weiße und schwarze Golfer einziehen. Alles geht aber in Rauch auf, als man eine Baumwurzel nicht aus dem Boden bekommt und sie mit einem Kanister Benzin herauszubrennen versucht.

 ”Er war vom Traktor gestiegen, hatte seine Hände flach auf den Boden gelegt und die Hitze gespürt. Irgendwie hatten sie es geschafft, dass selbst die Erde brannte.”

Rodeo Drive / Wikipedia

Rodeo Drive / Wikipedia

Pete Dexter lässt die Story von drei Enden los, bis die Fäden sich in der Mitte treffen, verwirren, einander nur scheinbar wieder verlassen, bis gegen Ende ein dicker Knoten entsteht. Der beendet zwar nicht alle Fragen, kommt immerhin aber zu einem Schluss. Miller Packard, der zur Selbstjustiz neigende Detective bildet den einen Faden. Der sich auf einem Boot mit dem Faden Norahs verbindet, die mit ihrem Mann in Beverly Hills lebt, wo auch schon mal Howard Hughes in den Dachstuhl kracht und Schindeln abräumt.

Während die Norah-Geschichte gerade dem Ende entgegen nicht immer funktioniert, zuviel Klischees müssen da bedient werden, gewinnt der Roman immer dann, wenn über Train geschrieben wird. Gebrochen Nasen, abgeschossene Knie, Vergewaltigung und Mord. Train ist der Kristallisationspunkt, durch den Dexter Motive des Film Noir beleuchtet. Dabei wird deutlich: die Weißen und Schwarzen sind sich gleich in ihrem Handeln, nur sitzen die ersteren am längeren Hebel.

Train ist ein fesselnd geschriebener Roman, in dem ein virtuoser Autor geschickt die Schnüre in der Hand hält. Lediglich gegen Ende wird zuviel teilnahmslos getrunken und zuviel hysterisch Sorbet gegessen. Was alles mehr als nachvollziehbar ist, sich aber nicht aus der Geschichte entwickelt, sondern vom Leser vom katastrophalen Ereignis her gedacht werden muss.

Bruten Butterwek

Post to Twitter


wallpaper-1019588
Adventskalender 2024: 22. Türchen
wallpaper-1019588
Artgerechtes Zuhause für den Hund: So gestaltest Du einen glücklichen Rückzugsort
wallpaper-1019588
Frohe Festtage 2024
wallpaper-1019588
Wohnung kaufen in München – Tipps für euch