Einsame Wege, wilde Gipfel, gemütliche Schutzhäuser. Umrunde das Tiroler Gschnitztal laufend von Hütte zu Hütte!
Die Gschnitztaler Hüttentour ist ein echter Geheimtipp unter den mehrtägigen Höhenwegen. Auf meist einsamen, aber sehr anspruchsvollen Steigen umrundest du mal laufend, mal flott gehend in vier Tagen das Gschnitztal und übernachtest auf drei abgelegenen Berghütten.
Das Gschnitztal ist ein einsames Seitental des Tiroler Wipptals. Auf der originalen Gschnitztaler Hüttentour umrunden Wanderer das Gschnitztal an sieben Tagen. Ich habe die Tour abgeändert und einige Etappen verlängert, sodass sich eine fordernde Rundtour für Trailrunner ergibt.
Vier Tage läufst du von Hütte zu Hütte– immer auf technischen Trails hoch über dem Talboden. Jede Etappe ist koordinativ und konditionell fordernd. Kurze seilversicherte Passagen und leichte Kletterstellen wechseln sich mit laufbaren und flachen Abschnitten ab. Wer dem Gelände gewachsen ist und täglich bis zu 25 Kilometer und 2.200 Höhenmeter im Aufstieg bewältigen kann, wird vier unvergessliche Tage im Wipptal erleben!
Trailrunning-Packliste für eine MehrtagestourAllgemeine Infos zur Gschnitztaler Hüttentour
- Anstieg: 6.250 Höhenmeter
- Abstieg: 6.700 Höhenmeter
- Länge: 70 Kilometer
- Schwierigkeit: schwer (schwarze Bergwege mit seilversicherten und ausgesetzten Passagen)
- Ausgangspunkt: Steinach am Brenner
- Endpunkt: Trins
- Dauer: 4 Tage (3 Nächte auf Berghütten)
- Stützpunkte: Tribulaunhütte, Bremer Hütte, Padasterjochhaus
- Charakter: lange und anspruchsvolle Rundtour von Hütte zu Hütte im Gschnitztal – einem einsamen Seitental des Tiroler Wipptals. Durchgehend technische Trails machen jede Etappe koordinativ und konditionell fordernd. Kurze seilversicherte Passagen und leichte Kletterstellen wechseln sich mit laufbaren und flachen Abschnitten ab. Wer dem Gelände gewachsen ist und täglich bis zu 25 Kilometer und 2.200 Höhenmeter im Aufstieg bewältigen kann, wird 4 unvergessliche Trailrunnig-Tage erleben!
- Beste Jahreszeit: Ende Juni bis Mitte September
- Anreise: mit der S-Bahn von Innsbruck nach Steinach am Brenner, vom Bahnhof zu Fuß zur Bergeralmbahn und mit der Gondel hinauf zur Mittelstation. Wer mit dem Auto anreist kann am kostenpflichtigen Parkplatz der Bergeralmbahn parken.
Gschnitztaler Hüttentour 1. Etappe: von Steinach zur Tribulaunhütte
- Anstieg: 1.500 Höhenmeter
- Abstieg: 1.060 Höhenmeter
- Länge: 17 Kilometer
- Schwierigkeit: mittel bis schwer
- Ausgangspunkt: Bahnhof Steinach am Brenner
- Endpunkt: Tribulaunhütte
- Route: Mittelstation Bergeralmbahn > Nößlachjoch > Eggerberg > Eggerjoch > Lichtsee (Weg 42) > Gstreinjöchl > Tribulaunhütte
- Charakter: vom Nößlachjoch bis zum Lichtsee flowige, gut laufbare Trails. Danach wird das Gelände zunehmend felsig, technisch und teilweise ausgesetzt.
- Variante: du kannst die Tour auch an der Bergstation der Bergeralmbahn starten. Damit verkürzt du den Anstieg um 500 Höhenmeter. Natürlich kannst du auch ganz auf die Bahn verzichten. Dann sind in Summe 2.100 Höhenmeter zu bewältigen.
- Karte & Track: https://out.ac/3usNmM
Anreise: Train to Trail in zwei Stunden
Kurz vor Mittag komme ich mit dem Zug in Steinach am Brenner an. Das Wipptal ist super mit den Öffis erreichbar und auch die Seitentäler wie das Gschnitztal sind gut an das Busnetz angeschlossen. Knapp zwei Stunden nach meiner Abfahrt in Salzburg öffnet sich die Gondeltür der Bergeralmbahn und ich stehe am Ausgangspunkt meiner Gschnitztaler Hüttentour.
Von der Mittelstation der Bergeralmbahn muss ich es heute bis zur Tribulaunhütte schaffen. Diese erste Etappe ist ein idealer Einstieg und Vorgeschmack auf die nächsten Tage. Nicht zu schwierig und nicht zu weit ist der Weg zur Unterkunft. Dafür warten traumhaft Trails und Ausblicke zwischen Obernbergtal und Gschnitztal.
Zwischen der Bergeralmbahn und den Tribulaunen
Gerade noch im Zug stehe ich jetzt zwischen Almrausch und Lärchen im Anstieg von der Mittelstation der Bergeralmbahn hinauf zum Nößlachjoch. Es ist Samstagmittag und trotzdem kaum etwas los. In mich gekehrt bewältige ich die ersten 500 Höhenmeter und kann mir am Gipfel einen Überblick über die Runde verschaffen.
Tief unter mir liegt das Bergsteigerdorf Trins und gegenüber mit der Peilspitze der letzte Gipfel meiner Runde. Dort komme ich hoffentlich am Dienstag an.
Vom Nößlachjoch laufe ich auf einem sanften Grasrücken über den Eggerberg und das Eggerjoch und folge dann den Wegweisern zum Lichtsee (Weg Nr. 42). Es geht leicht auf und ab, der Weg ist wunderbar flowig und der Almboden federnd weich. So verfliegen die ersten Kilometer fast unbemerkt.
Der Weg ist hier nicht übermäßig markiert. Immer wieder verliert er sich in der dichten Wiese. Ein wachsames Auge ist nötig, um auf der geplanten Route zu bleiben. Nicht einfach, schweift mein Blick doch immer wieder von der Strecke in die grüne Landschaft ab, die weiter vorne bald schroff und grau wird.
Idylle am Lichtsee
Bevor ich den Felswänden des Obernberger, Pflerscher und Gschnitzer Tribulaun näher komme, lege ich eine Rast am Lichtsee ein. Der kleine Bergsee liegt eingebettet zwischen saftigen Wiesen vor den Nordabbrüchen der Tribulaune.
Hier treffe ich zum ersten Mal wieder auf andere Wanderer, die ebenfalls das traumhafte Panorama genießen. Sie dürfen sitzen bleiben – ich muss weiter. Denn ich habe erst die Hälfte meiner Tagesetappe geschafft.
Nach dem Lichtsee beschreibt die Route einen sanften Linksbogen. Am Tiroler Höhenweg (Weg Nr. 38) steige ich zum Gstreinjöchl (2.540 m) hinauf. Dieser letzte Anstieg des Tages ist steil und fordernd. Statt federnder Wiesen habe ich jetzt Felsen unter den Sohlen.
Vom Grün ins Grau
Im Angesicht der Nordabbrüche des Tribulaunmassivs kann ich am Jöchl einen Blick ins Obernberg- und hintere Gschnitztal werfen. Tief unter mir erspähe ich die Tribulaunhütte. Es ist ein tolles Gefühl, das Ziel meiner Etappe endlich vor Augen zu haben.
Vom Gstreinjöchl steige ich steil über felsiges Gelände zur österreichischen Tribulaunhütte (auch Tribulaunhaus, 2.064 m) ab. Kaffee und Kuchen landen schnell auf meinem Tisch und ähnlich schnell in meinem Magen. Gemütlich und in netter Gesellschaft lasse ich den ersten Abend der Gschnitztaler Hüttentour ausklingen.
Die Tribulaunhütte
Sie liegt in eindrucksvoller Kulisse am Fuße des Gschnitzer Tribulauns. 2014 wurde die Hütte komplett saniert und die Pächterin Verena Salcher empfängt ihre Gäste mit lockerer Herzlichkeit und hausgemachten Köstlichkeiten.
Das Abendessen läuft genauso unkompliziert ab, wie das Frühstück. Es gibt kein fixes Menü – bestellen darf man, was schmeckt. Auf Vorbestellung gibt’s den berühmten Schweinsbraten der Hüttenwirtin. Ein Brot für unterwegs möge man sich am Morgen unbedingt mitnehmen. Das pack ich natürlich gerne ein für den langen Weg zur Bremer Hütte!
Weitere Eindrücke der 1. Etappe
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Gschnitztaler Hüttentour 2. Etappe: von der Tribulaunhütte zur Bremer Hütte
- Anstieg: 1.830 Höhenmeter
- Abstieg: 1.500 Höhenmeter
- Länge: 16 Kilometer
- Schwierigkeit: schwer
- Ausgangspunkt: Tribulaunhütte
- Endpunkt: Bremer Hütte
- Route: Tribulaunhütte > Pflerscher Scharte > Abstieg Richtung italienische Tribulaunhütte > kurz vor der Hütte scharf rechts Richtung Magdeburger Hütte (Weg 7) abbiegen > Hoher Zahn > Weißwandspitze (3.016 m, Klettern bis UIAA I) > Magdeburger Hütte > Bremer Hütte (steil, brüchig und teilweise ausgesetzt, Weg 6a)
- Charakter: durchgehend technisches und teilweise ausgesetztes Gelände in traumhafter Szenerie. Viele Felspassagen und steile Auf- und Abstiege machen das Laufen meist unmöglich. Mit der Weißwandspitze und dem Hohen Zahn kann man zwei lohnende Gipfel mitnehmen.
- Variante: du kannst auch über den Jubiläumsweg (Nr. 130) in direkterer Linie zur Bremer Hütte laufen. Der Weg führt durch imposantes, steiniges Gelände die Felsen des Gschnitzer Tribulaun und des Pflerscher Pinggl umgeben dich. Der Aufstieg verkürzt sich bei dieser Variante auf 1.100 Höhenmeter
- Karte & Track: https://out.ac/3usNsZ
Abstecher nach Südtirol
Nach der gestrigen, eher gemütlichen Etappe wird es heute rau und fordernd. Mehrere steile Anstiege warten! Von der Tribulaunhütte laufe ich mich kurz entlang der Forststraße warm, bevor der Steig links in ein großes Schuttkar abzweigt. 400 Höhenmeter steige ich zur Pflerscher Scharte auf, bevor es auf der italienischen Seite 150 Höhenmeter bergab geht.
Es gäbe mit dem Jubiläumsweg auch einen direkteren Weg zur Bremer Hütte. Den Umweg über Südtirol nehme ich aber gerne in Kauf. Zum Einen bin ich auf der Tribulaunhütte mit einem ausgiebigen Frühstück verwöhnt worden – sogar ein weichgekochtes Ei war dabei –, zum Anderen hab ich den ganzen Tag Zeit und ein wenig anstrengend darf’s ja auch sein!
Grenzgipfel auf der Gschnitztaler Hüttentour: Hoher Zahn und Weißwandspitze
Voll im Flow laufe ich von der Pflerscher Scharte einige Serpentinen bergab. Kurz vor der italienischen Tribulaunhütte muss ich eine Vollbremsung einlegen und scharf rechts abzweigen. Der Downhill war viel zu schnell vorbei und fast hätte ich die unscheinbare Weggabelung übersehen. Wegweiser ist hier keiner angebracht. Nur die verblasste rote Aufschrift MH auf einem Stein deutet an, dass es hier zur Magdeburger Hütte geht.
Zwischen mir und der Hütte liegen mit dem Hohen Zahn und der Weißwandspitze zwei Gipfel, die ich unbedingt besteigen will.
Über riesige Steinplatten steige ich zunächst zum Hohen Zahn auf. Der Hohe Zahn ist ein idealer Aussichtsgipfel direkt an der Grenze zu Südtirol. Auf der einen Seite blickst du tief ins Gschnitztal, auf der anderen weit ins Pflerschtal hinab. Die Tribulaune, die Weißwandspitze und das Panorama von den Stubaier Alpen bis in die Dolomiten runden die wilde Szenerie ab.
Vom Hohen Zahn muss ich wieder steil hinab und kurz flach zur Weißwandspitze hinüberqueren. Danach geht’s durch felsdurchsetztes Gelände mit leichten Kletterstellen (UIAA I) hinauf zur Weißwandspitze (3.016 m). Willst du Höhenmeter sparen, kannst du die beiden Gipfel auch auslassen und direkt zur Magdeburger Hütte weiterwandern.
Magdeburger Hütte: zurück im Grünen
Von der Weißwandspitze fällt der Steig durch teils seilversichertes, felsiges Gelände ab, bis ich am Stubensee wieder im Grünen ankomme. Wollgras säumt den Weg, ein Wasserfall plätschert und nach langer Zeit treffe ich wieder auf andere Wanderer.
Auf einer Steinplatte direkt am Stubensee finde ich einen perfekten Rastplatz. Ich esse mein Pausenbrot von der Tribulaunhütte, denn der letzte Anstieg wird ungemütlich.
Zurück im Grünen. Der Stubensee unterhalb der Magdeburger Hütte ist ein perfektes Rastplatzerl.
Der Übergang zur Bremer Hütte ist eine Scharte auf 2.863 m. Der Weg (Nr. 6a) schlängelt sich zwischen oberem und unterem Stubensee durch, steigt immer steiler an und verläuft unterhalb der Scharte durch loses Blockwerk (teilweise seilversichert). Nach 500 Höhenmetern erreiche ich die Scharte und erkenne auf der gegenüberliegenden Talseite die Bremer Hütte.
Sieht weit aus – ist es auch. Vier Kilometer fehlen noch bis zum heutigen Etappenziel. Von der Scharte geht’s auf der österreichischen Seite ähnlich blockig und ungemütlich hinab, wie zuvor auf der italienischen hinauf.
Nach 400 Höhenmetern flacht das Gelände etwas ab. Ich erreiche einen wunderschönen Talboden, muss einen Gletscherbach überqueren und weitere 150 Höhenmeter zur Bremer Hütte aufsteigen. Hier treffe ich auf den Stubaier Höhenweg. Diesem folge ich für wenige Meter, bevor ich die Bremer Hütte erblicke, die idyllisch an einem kleinen See liegt.
Die Bremer Hütte
Sie ist die größte Hütte, auf der ich auf der Gschnitztaler Hüttentour übernachte. Seit 125 Jahren steht die Bremer Hütte auf einem Gletscherschliff am Fuße der Inneren Wetterspitze. In der Zwischenzeit wurde sie natürlich renoviert und erweitert.
Hier ist einiges los, denn auch die Wanderer am Stubaier Höhenweg kommen auf der Bremer Hütte vorbei. Auf der großen Terrasse plaudert oder döst man bis zum späten Abend in der Sonne und genießt zum Abendessen das laut den Hüttenwirten Stefanie und Christian beste Cordon Bleu weltweit. Ich kann nur sagen: geschmeckt hat’s fantastisch – nicht nur, weil ich schon zwei Etappen der Gschnitztaler Hüttentour in den Beinen hatte.
Gschnitztaler Hüttentour 3. (Königs)Etappe: von der Bremer Hütte zum Padasterjochhaus
- Anstieg: 2.180 Höhenmeter
- Abstieg: 2.350 Höhenmeter
- Länge: 25 Kilometer
- Schwierigkeit: sehr schwer
- Ausgangspunkt: Bremer Hütte
- Endpunkt: Padasterjochhaus
- Route: Bremer Hütte > 10 km & 1.000 Höhenmeter im Aufstieg zur Innsbrucker Hütte (2.350 m) > Pinnisjoch > Abstieg zur Issenangeralm (1.400 m) > Aufstieg über den Rohrauersteig > Hammerscharte (2.550 m) > Padasterjochhaus (2.232m)
- Charakter: durchgehend technische, felsige und teilweise ausgesetzte Wege mit sehr steilen und einem langen, letzten Anstieg über den Rohrauersteig. Aufgrund des schwierigen Geländes kommt man auf dieser Etappe nur langsam voran. Plane genügend Zeit ein, denn die 25 Kilometer ziehen sich gewaltig!
- Variante: 25 Kilometer und 2.200 Höhenmeter sind dir zu viel an einem Tag? Kein Problem! Leg noch eine Nacht auf der Innsbrucker Hütte ein. Hier solltest du aber früh genug reservieren.
Bei trockenem Wetter kannst du alternativ zum Rohrauersteig schon kurz vor der Pinnisalm auf den Jubiläumssteig (sehr anspruchsvoll) abzweigen. Der Jubiläumssteig führt über steiles, abschüssiges und felsiges Gelände hinauf zum Kirchdach und von dort hinab zum Padasterjochhaus. Er ist nur bei sicherem Wetter zu empfehlen – bei Regen solltest du unbedingt den Rohrauersteig bevorzugen. - Karte & Track: https://out.ac/3usNuA
Auf der 3. Etappe bin ich bis zur Issenangeralm am Stubaier Höhenweg (Nr. 124) unterwegs. Der Abschnitt bis zur Innsbrucker Hütte ist unter Wanderern aber auch unter den Einheimischen schon fast berühmt berüchtigt. Immer wieder müssen erschöpfte Bergsteiger aus dem felsigen Gelände geborgen werden. Erst gestern haben sich einige Tschechen mit letzter Kraft spätabends zur Bremer Hütte geschleppt.
„Die Leute unterschätzen die schwierigen Passagen auf diesen 10 km. Vor allem mit schwerem Rucksack und bei Hitze“, erklärt der Wirt der Bremer Hütte. Mehrmals pro Monat muss hier die Bergrettung ausrücken, weil es auch keinen Notabstieg ins Tal gibt.
Nach diesen Schauergeschichten habe ich ordentlich Respekt vor meiner Etappe. Zumal ich an der Innsbrucker Hütte noch lange nicht am Ziel bin, sondern bis zum Padasterjochhaus weiter muss. 25 Kilometer in höchst technischem Trailrunning-Gelände liegen vor mir.
Der weite Weg zur Innsbrucker Hütte
Ich mache mich gleich nach dem Frühstück um kurz nach 7 Uhr auf den Weg und bin gespannt, wie viel von der Strecke ich tatsächlich laufen werden kann.
Gleich zu Beginn habe ich die Qual der Wahl. Ich kann entweder über einen leichten Klettersteig (A) zum Lauterersee hinüberqueren, oder von der Bremer Hütte zuerst ein Stück in einen Kessel ab- und wieder aufsteigen (einfacher).
Ich entscheide mich für den Klettersteig, erreiche nach 15 Minuten den Lauterersee und laufe danach kurz flach über ein Plateau. Riesige Steinplatten und Felsblöcke säumen den Boden. Wer zügig laufen will, muss achtsam sein.
Der Steig schlängelt sich von der Bremer Hütte durch recht ausgesetztes und felsiges Gelände und weite Talkessel 10 km zur Innsbrucker Hütte. Immer wieder muss ich seilversicherte Passagen, kurze Anstiege und Downhills bewältigen.
Nach jedem Kar taucht ein weiteres auf, nach jeder Scharte folgt der nächste Anstieg. Die Innsbrucker Hütte will nicht auftauchen. Wolkenfetzen ziehen herein und verschwinden wieder. Die Uhr tickt und ich habe das Gefühl, schon ewig unterwegs zu sein. An einem Bach fülle ich nochmals Wasser auf. Vor mir liegt der nächste etwa 250 Höhenmeter lange Anstieg.
Oben angekommen macht das Gelände erneut einen Knicks. Ich überschreite die Kuppe und erblicke gegenüber in einer steilen Grasflanke die Innsbrucker Hütte. Endlich!
Am Ende brauche ich für den Abschnitt von der Bremer zur Innsbrucker Hütte nur 2:45 Stunden. Gefühlt war das aber die längste Passage meiner Gschnitztaler Hüttentour. Eine Reparatur-Cola bei Hüttenwirt Franz liefert mir schnell Energie für die zweite Hälfte dieser Königsetappe.
1.000 Höhenmeter bergab und wieder bergauf
Der Weg bis zum Padasterjochhaus ist weit und steinig. 15 Kilometer und 1.100 Höhenmeter fehlen laut meiner GPS-Uhr noch. Und die Zeit tickt heute doppelt schnell, denn für den Nachmittag ist Regen angesagt. Ich möchte unbedingt trocken ankommen.
Deshalb beeile ich mich und eile im Lauftempo von der Innsbrucker Hütte über den Weg Nr. 123 hinab ins Pinnistal, das zum Stubaital gehört. Endlich kann ich es richtig laufen lassen. Der 1.000 Höhenmeter lange Downhill verläuft über einen breiten, neu angelegen Weg hinab in den Talboden. Vorbei an der Karalm und Pinnisalm folge ich noch ein Stück der Forststraße talauswärts Richtung Issenangeralm. Etwa 300 Meter vor dieser zweigt der neue Rohrauersteig (Nr. 122) nach rechts ab.
Den 8 Kilometer langen Abstieg spüre ich deutlich in den Beinen, als es wieder bergaufgeht. Der Rohrauersteig schlängelt sich aber in angenehmer Steigung über viele Serpentinen durch Latschen hinauf.
Meine Beine stellen sich schnell auf den Belastungswechsel ein und ich gewinne schnell an Höhe. Trotzdem zieht sich der 1.100 Höhenmeter lange Anstieg zur Hammerscharte gewaltig. Am Ende dieser Etappe nochmals ein echter Kraftakt!
Und sie endet doch
Der Mittelteil des Rohrauersteigs ist anspruchsvoll und deshalb mit Stiften und Seilversicherungen versehen. Sie entschärfen die ausgesetzten Stellen. Im oberen Teil führt mich der Steig durch die Widdersgrube hinauf bis zur Hammerscharte auf 2.529 m, die den Übergang zurück ins Gschnitztal markiert. Der Ausblick von dort in die Stubaier- und Zillertaler Alpen, die Dolomiten und ins Wipptal soll überwältigen sein.
Nur sehe ich nichts davon. Denn die Wolken sind in der Zwischenzeit dichter geworden und es hat zu tröpfeln begonnen. Zermürbt über den schnellen Wetterumschwung blicke ich stur in den Boden und schiebe mich mit den Stöcken nach oben.
Alpensalamander kriechen aus ihren Verstecken und genießen die Dusche. Ich lenke mich ab und zähle die seltenen Tiere. 42 entdecke ich bis zum Padasterjochhaus.
Dann habe ich es fast geschafft. 300 Höhenmeter sind es von der Hammerscharte noch hinunter zum Padasterjochhaus (2.232 m), das ich völlig durchnässt erreiche. Das war zurecht die Königsetappe der Gschnitztaler Hüttentour!
Das Padasterjochhaus
Liebevoll bewirtschaften Paul und Agi die Hütte seit über 40 Jahren – mit allen Freuden und Entbehrungen, die das einfache Leben hier heroben mit sich bringt. Keine Duschen, kein WLAN, Warmwasser gibt’s nur bei Sonnenschein, dafür kann man sich auf die essenziellen Dinge konzentrieren. Zum Beispiel auf inspirierende Gespräche mit den Hüttenwirten, die aus all den Jahren Faszinierendes zu erzählen haben.
Das Padasterjochhaus steht wie ein Adlerhorst auf einem Plateau zwischen Kirchdachspitze und Kesselspitze. Am Abend gibt’s gemütliche Hüttenatmosphäre am Holzofen, am Morgen ein reichhaltiges Frühstück bei Sonnenaufgang mit Traumpanorama bis zur Marmolata.
Gschnitztaler Hüttentour 4. Etappe: vom Padasterjochhaus nach Trins
- Anstieg: 770 Höhenmeter
- Abstieg: 1.780 Höhenmeter
- Länge: 11,5 Kilometer
- Schwierigkeit: mittel
- Ausgangspunkt: Padasterjochhaus
- Endpunkt: Trins
- Route: Padasterjochhaus > Roter Kopf > Kesselspitze (2.720 m) > Kalbenjoch (2.200 m) > Peilspitze > Blaser Hütte > Trins
- Charakter: zum Abschluss wird’s wieder gemütlicher. Die Tour endet, wie sie begonnen hat. Über schöne und Großteils laufbare Wanderwege mit kurzen Felspassagen geht’s über drei Gipfel und vorbei an der Blaser Hütte zurück ins Gschnitztal nach Trins.
- Variante: ist das Wetter schlecht oder die Motivation schon etwas angeknackst, kannst du nach einem wunderschönen Sonnenaufgang auch direkt und ohne Höhengewinn nach Trins absteigen.
- Karte & Track: https://out.ac/3usPZp
Die letzten zwei: Kesselspitze und Peilspitze
Es heißt Abschied nehmen. Vom Padasterjochhaus und von der Gschnitztaler Hüttentour. Paul und Agi haben direkt am Fenster fürs Frühstück gedeckt. Der Morgen ist golden und bei den ersten Sonnenstrahlen genieße ich Kaffee, Joghurt und Marmeladenbrot.
Im Tal hängen noch Nebelfetzen, der Himmel aber ist nach dem gestrigen Regenguss wieder blau. Welch ein Glück!
Vom Padasterjochhaus steige ich auf dem Weg Nr. 7 zur Wasenwand und am Grat weiter zum Roten Kopf auf. Immer am Kamm entlang geht’s in leichtem Auf und Ab am Weg Nr. 8 zur Kesselspitze. Diesen Gipfel kenne ich bereits von der Wipptaler Skidurchquerung vergangenen Winter.
Bei schönem Wetter ist die Kesselspitze ein genialer Aussichtsberg, ehe man zum Kalbenjoch absteigt. Kurz vor dem Gipfelgrat verschluckt mich aber der Nebel und ich trage mich ohne Panorama ins Gipfelbuch ein.
Ohne zu trödeln eile ich über felsiges Gelände zum Kalbenjoch hinab. Es sieht schon wieder nach Regen aus. Am Kalbenjoch folge ich den Wegweisern Richtung Peilspitze (Nr. 13). Ein letztes Mal geht es nochmals bergauf und ich muss einen seilversicherten Abschnitt bewältigen, bevor ich am letzten Gipfel meiner Gschnitztaler Hüttentour stehe.
Von der Gschnitztaler Hüttentour zurück ins Tal
Auf der Nordseite ist die Peilspitze felsig und abschüssig, auf der Südseite läufst du über grüne Almwiesen hinab Richtung Blaser Hütte. Kurz vor der Blaser Hütte halte ich mich rechts und steige auf markiertem Weg ins Bergsteigerdorf Trins ab. Hast du noch etwas mehr Zeit, kannst du natürlich noch der Blaser Hütte und dem Blaser einen Besuch abstatten. Er gilt als einer der pflanzenreichsten Berge der ganzen Region.
In Trins begrüßt mich erneut der Regen. An der Bushaltestelle vor dem Gemeindehaus kann ich mich unterstellen und mit dem Bus zurück zum Bahnhof nach Steinach fahren. Hier schließt sich der Kreis.
Irgendwie habe ich das Gefühl, erst gestern auf die Gschnitztaler Hüttentour gestartet zu sein. Die vielen Eindrücke dieser vier Tage habe ich nun in diesem Beitrag verarbeitet und nochmals durchlebt. Was für eine intensive, fordernde und nachhaltige Erfahrung! Wenn du die Gschnitztaler Hüttentour ebenfalls laufen willst, kannst du auch den TVB Wipptal kontaktieren. Sie kümmern sich gerne um die Organisation und die Reservierung der Hütten.
Hinterlass mir unbedingt einen Kommentar, wenn du die Gschnitztaler Hüttentour gelaufen bist und erzähl von deinen Eindrücken auf der Runde!
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