Totenfrau von Bernhard Aichner – Rezension

Von Crazycuts @Eseloehrchen

Blum und Rache

Blum ist Bestatterin. Sie ist liebevolle Mutter zweier Kinder, sie besticht durch ihr großes Herz, ihren schwarzen Humor und ihre Coolness. Blum fährt Motorrad, sie trinkt gerne und ist glücklich verheiratet. Blums Leben ist gut. Doch plötzlich gerät dieses Leben durch den Unfalltod ihres Mannes, eines Polizisten, aus den Fugen. Vor ihren Augen wird Mark überfahren. Fahrerflucht. Alles bricht auseinander. Blum trauert, will sich aber mit ihrem Schicksal nicht abfinden. Das Wichtigste in ihrem Leben ist plötzlich nicht mehr da. Ihr Halt, ihr Glück. Durch Zufall findet sie heraus, dass mehr hinter dem Unfall ihres Mannes steckt, dass fünf einflussreiche Menschen seinen Tod wollten.

Blum sucht Rache. Was ist passiert? Warum musste Mark sterben? Als sie die Antworten gefunden hat, schlägt sie zu. Erbarmungslos. Warum sie das tut? Warum sie dazu fähig ist? Die Antwort darauf liegt Jahre zurück. (Klappentext)

Blum ist anders, die Totenfrau ist anders. Und genau das mag ich – Geschichten, die mich überraschen. Das ist Bernhard Aichner mit seinem Thriller über die Rache der Bestatterin Blum perfekt gelungen. Schon ganz am Anfang wird mir klar, dass ich mich einlassen muss … auf den ungewöhnlichen Schreibstil und auf die ungewöhnliche Hauptfigur. Bernhard Aichner hat eine sehr minimalistische und eindringliche Sprache für seinen Roman gewählt. Er schreibt selten komplette Sätze, wie ich es gewohnt bin. Viele Sätze bestehen nur aus ein oder zwei Worten. Das kann sehr eindringlich sein und einiges ging mir sehr sehr nah. Die Trauer von Blum ist so ziemlich das Emotionalste, was ich in dieser ungewöhnlichen Form gelesen habe. „Mark liegt in ihren Armen. Blum schreit.“ (S.44) So wenige Worte lassen mir Platz für meine Gedanken und können so viel ausdrücken. Mir schossen die Tränen in die Augen! Und dann diese Dialoge. Bernhard Aichner bettet sie nicht in seine Geschichte ein, sondern gibt ihnen einen eigenen Platz. Auch das ist anders.

Ich habe mich eingelassen, aber ich muss zugeben, was mich anfangs sehr begeistert hat, nutzte sich dann doch etwas ab. Ich fand es anstrengend, dauerhaft auf „ganze“ Sätze zu verzichten. Es gab nicht nur authentische Dialoge, manche waren einfach absurd und unglaubwürdig. Blum ist eine sehr „spezielle“ Frau. Und sie ist eine sehr taffe Frau.Was sie einmal angefangen hat, das zieht sie durch und das imponiert mir. Ich erfahre einiges über ihre Kindheit im Bestattungshaus und hörte irgendwann auf, mich zu wundern. Ja, ich konnte vieles an ihrem Verhalten nachvollziehen, aber nicht alles. Leider ahnte ich auch schon recht früh, worauf das alles hinauslaufen würde. Deshalb war die Spannung für mich ein bisschen raus.

Die Brutalität hat mich nicht so gestört. Ich schaue mir  Serien wie Dexter gerne an. Manches erinnerte mich auch daran. Hier kam mir der minimalistische Schreibstil sehr entgegen. Dadurch konnte Blums Rachefeldzug gar nicht in einer detaillierten Blutorgie ausarten. Ich musste beim Lesen immer wieder Pausen einlegen … zum Nachdenken und damit sich einiges „setzen“ konnte. Immer wenn Bernhard Aichner über Nähe schrieb, dann packte es mich. Ich bekam Gänsehaut, das hat er wirklich perfekt hinbekommen. Und am Ende … da beantwortet er mir im letzten Kapitel die Frage, die mir die ganze Zeit auf der Seele brannte. Und da habe ich das Buch zufrieden zugeklappt, es war rund und es war sehr stimmig!

Ein mutiges Buch, das sich durch seine ungewöhnliche Sprache hervorhebt. Deshalb verzeihe ich auch ein paar Unstimmigkeiten und eine gewisse Vorhersehbarkeit. Die Sprache ist es wert, dieses Buch zu lesen!

Der Autor :

Bernhard Aichner (geb. 1972) lebt als Schriftsteller und Fotograf in Innsbruck/Österreich. Aichner schreibt Romane, Hörspiele und Theaterstücke. Für seine Arbeit wurde er mit mehreren Literaturpreisen und Stipendien ausgezeichnet. Nach den Spannungsromanen Nur Blau (2006) und Schnee kommt (2009) erschienen bei Haymon die Max-Broll-Krimis Die Schöne und der Tod (2010), Für immer tot (2011) und Leichenspiele (2012). Totenfrau ist der erste Thriller, der bei btb erscheint. Für die Recherche dazu arbeitete Aichner ein halbes Jahr bei einem Bestattungsinstitut als Aushilfe. (Quelle: Verlagsseite)

Totenfrau ist im btb Verlag erschienen. Vielen Dank für mein Rezensionsexemplar und die interessante Leserunde bei Lovelybooks!

Homepage von Bernhard Aichner

Leseprobe

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