Titel: Tote Mädchen lügen nicht
Idee: Brian Yorkey
Buchvorlage: Jay Asher
Produktionsland: USA
Staffeln: 1 (zweite Staffel ist geplant)
Jahr: 2017
Inhalt:
Zwei Wochen nach dem Selbstmord seiner Mitschülerin Hannah Baker erhält der High-School-Schüler Clay Jensen ein Päckchen. In diesem findet er sieben Audiokassetten vor, auf denen Hannah 13 Gründe für ihren Selbstmord nennt und Personen aus ihrem Umfeld die Schuld dafür gibt. Jede Person ist daher für (mindestens) einen der Gründe verantwortlich. Clay ist einer von ihnen. Während er die Kassetten hört, kommt er den dunklen Geheimnissen von Hannah und vielen anderen Mitschülern auf die Spur.
Meine Meinung:
2009 – das Buch „Tote Mädchen lügen nicht“ erschien und ich habe es natürlich sofort gelesen, weil mich das Thema Selbstmord lange schon beschäftigte.
Ich weiß noch, das Buch war ganz gut, allerdings hat mir das Hörbuch noch besser gefallen, weil man hier ein wenig das Gefühl hatte, wirklich selbst die Kassetten anzuhören – ich muss sagen, ja ich mochte die Geschichte sehr.
2017 – weil man irgendwie zur Zeit alles verfilmt, kommt die Serie „Tote Mädchen lügen nicht“ auf Netflix und bei mir fällt gleich die Entscheidung – muss ich gucken!
Man sagt oft, das Buch ist immer besser als die Verfilmung, mit diesem Gedanken ging ich an die Serie, meine Erwartungen waren klein, aber vorhanden.
Jetzt sitze ich hier und weiß, dass ich etwas schreiben muss, soviel ist mir klar, aber was ich schreiben soll, welche Worte verwenden, keine Ahnung, ich versuch es einfach irgendwie.
Die Serie hat für viel Wirbel gesorgt. Sie könnte Menschen auf falsche Gedanken bringen, besonders Jugendliche seien gefährdet.
Psychologen in den Vereinigten Staaten warnten Jugendliche und Erwachsene davor, sich die Serie anzusehen, da diese psychische Probleme hervorrufen oder gar verstärken könne. Auch wurde davor gewarnt, dass die Serie zu Trittbretttaten führen könnte.Ebenso forderten sie Netflix dazu auf, die Ausstrahlung der Serie zu beenden. Paris Jackson unterstützte die Kritik der Psychologen und vertritt die Meinung, dass die Serie bei psychisch vorbelasteten Menschen eine Verschlechterung des seelischen Gemütszustandes hervorrufen könne.
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An mehreren kanadischen Schulen wurde die Fernsehserie verboten; in Neuseeland dürfen Minderjährige, nach einem Beschluss der nationalen Behörden, die Serie nur im Beisein eines Erziehungsberechtigten sehen. (Quelle: Wikipedia)
Und ich sitz so da und denk mir: 2009 ist das Buch erschienen, da hat es irgendwie keinen interessiert, weil Leser sich scheinbar nicht umbringen und Seriengucker schon. Gut, wie auch immer.
Ich hab die Serie angeschaut, hab mich durch Kritiken gelesen – positive und negative und bleibe bei meinen Fazit, dass die Geschichte gut und wichtig ist.
Nicht alles was in der Serie gezeigt hat, erhält meinen Zuspruch. Bei einigen der 13 Gründen habe ich mir wirklich gedacht, ob Hannah es wirklich ernst meint, den Personen ihren Selbstmord anzuhängen, bei anderen Gründen wollte ich einfach nur, dass die Personen zur Verantwortung gezogen werden. Es war durchmischt und so war es wohl auch vor Hannah. Einige Gründe erscheinen auf den ersten Blick lächerlich, aber sie türmen sich auf – bis der Turm so hoch ist, dass er einfach umfällt.
Wie gesagt, nicht alle Gründe die Hannah anführt, fand ich gerechtfertigt, nicht jeder hatte in meinen Augen verdient, eine Kassette zu erhalten, aber ich verstehe sie letztlich.
Ist man an dem Punkt angelangt, wo Suizid als einzig möglicher Ausweg erscheint, reagiert jeder anders. Manche gehen in Stille, lassen keine Nachricht zurück und andere, wie Hannah, schreiben ihre Art von Abschiedsbrief.
Ein Selbstmord entzieht sich jeglicher Logik.
Wo ich mir allerdings sicher bin: ein Verbot bringt gar nichts. Wir leben im Zeitalter des Internets, dort findet man alles und wenn wer die Serie schauen möchte, dann findet er Wege. Hätten meine Eltern gesagt: „Kind, du schaust die Serie nicht alleine, so steht es im Gesetz und daran hast du dich zu halten.“, hätte ich genickt, wäre in mein Zimmer marschiert und hätte mich direkt an den Computer gesetzt – hätte die Serie halt heimlich geschaut. Genau hier sehe ich auch das Problem, wird es heimlich geschaut, erzählt man es natürlich keinen Erwachsenen, wenn man versteht, nachfühlen kann, was Hannah durchmacht. Man bleibt alleine, mit seinen Gedanken.
Wer will, der soll bitte die Serie schauen, wichtig ist eigentlich nur, dass man darüber spricht, dass nicht der erhobene Zeigefinger geschwungen wird, weil man sowas schlimmes ja nicht schauen darf, sondern das man sagt, okay, du hast es geschaut, lass uns darüber reden und wenn du nicht jetzt darüber reden willst, sollst du einfach nur wissen – ich bin für dich da, wenn irgendwas ist, komm zu mir.
„Tote Mädchen lügen nicht“ ist extrem erfolgreich und anstelle das man die Chance nutzt, darüber zu sprechen, kommen solche Sachen – Die australische Gesundheitsorganisation Headspace kritisierte, dass die Serie gefährliche Inhalte mit dem Thema Suizid verbinde. Managerin Kristen Douglas wies darauf hin, dass Anrufe und E-Mails bei Beratungsstellen, die direkt auf die Serie bezogen waren, zugenommen haben. [Quelle Wikipedia]
What?! Klar werden ein paar Vögel dabei sein, die einfach aus Spaß dort anrufen, irgendeinen Murks erzählen, aber was ist mit denen, die den Mut gefasst haben, offen zu sprechen, anstatt ihre Gefühle verschlossen zu halten, sollen die bitte die Anrufe bleiben lassen, weil das ja auch irgendwie niemand will.
Alle 40 Sekunden nimmt sich irgendwo auf der Welt jemand das Leben, auf jeden vollendeten Suizid kommen circa 20 Versuche.
Diese Zahlen sind seit Jahren beständig und trotzdem ändert es nichts daran, dass man über Suizid nur hinter vorgehaltener Hand spricht. Jetzt kommt eine Serie, packt das Thema beim Schopf und wieder wird versucht, das Thema unter den Teppich zu kehren.
Hannah Baker ist eine fiktive Person, aber es gibt so unendliche viele Hannah Bakers in der Welt, sie heißen zum Beispiel: Cassidy Trevan, Rehtaeh Parsons, Tim Ribberink, Hannah Smith, Brandy Vela, Daniel Fitzpatrick, Jonathan Paul Gettle, Kristina Calco, Teddy Molina, Amanda Todd, Karen Ward, Jadin Bell, Gabriel Taye, Alyssa Morgan, Matthew Burdette, Steven Urry, Phoebe Prince, Alyssia Sosa, Kenneth Suttner, George Cheese, Julia Derbyshire, Julio Rodriguez, Felix Alexander, Tharukshan Selvan, Caleb Hershiser, Bethany Thompson, Vylit Giessen, Joel Horn …. und diese Liste lässt sich so unendlich lange fortführen.
Hört zu. Seid füreinander da.
Und lasst uns nicht eine Serie verurteilen, nur weil sie ein Thema behandelt, welches wir lieber ausblenden würden, dadurch wird es nicht weniger real.
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