Totale Transparenz schadet der Demokratie

Von Florian Freiberger

Liberale Zeitschriften sind gegen staatliche Geheimnisse

Christian Stöcker schreibt bei SPON über Hacker-Ethik und Roger Köppel schreibt in seinem Editorial bei der Weltwoche, dass Staaten anders als Menschen kein Recht auf Privatsphäre haben. Zwei Zeitschriften, die von ihrer Ausrichtung ziemlich weit auseinanderliegen sind sich einig. Der SPIEGEL gilt als linksliberal, die Weltwoche als liberalkonservativ.

Der Wortteil liberal ist so ziemlich das Einzige was beide Zeitschriften verbindet und jetzt die Erkenntnis das Transparenz per se etwas Gutes sei. Ein Staat habe nicht das Recht etwas geheim zu halten so die Quintessenz. Wenn beide Zeitschriften dies schreiben muss es doch eine eindeutig liberale Position sein.

Freiheit aller Information ist mit liberalem Verständnis nicht vereinbar

Was ist aber an dieser Position liberal? Ich erkenne es nicht.

Grundsätzlich sehen Liberale den Staat kritisch. Sie wollen nicht das er ungerechtfertigt und zu ihrem Nachteil in ihr Leben eingreift. Der Liberale will Bürger und keine Untertanen. Sie wollen das die Menschen Verantwortung übernehmen und sich an Entscheidungen beteiligen. Liberale sehen die Gesellschaft aus der Perspektive des Einzelnen, wenn man so will aus der Perspektive des „Davids“, der gegen den Staat „Goliath“ geschützt werden muss. Gleichzeitig will der Liberale aber das der Staat seine Bürger vor Kriminalität schützt, sein Eingentum anerkennt und ihm maximale Freiheit garantiert.

Setzt man diese Einzelheiten zusammen ist für Liberale der DEMOKRATISCHE RECHTSSTAAT die ideale Staatsform. Wie ist dies mit der Forderung nach totaler Transparenz vereinbar? Gar nicht!

Kein Recht auf Öffentlichkeit

Ein Unternehmen wie WIKILEAKS ist weder demokratisch legitimiert noch hält es sich an rechtsstaatliche Mittel.

Oft wird ein Recht auf Öffenlichkeit gegenüber dem Staat propagiert. Ein Recht auf Information durch und über den Staat hat dann aber nicht irgendeine beliebige Öffentlichkeit, sondern maximal die Staatsbürger des betroffenen Staates. In diesem Fall haben dann die Amerikaner das Recht dazu informiert zu werden. Nicht WIKILEAKS, nicht DER SPIEGEL, Herr Westerwelle, ich oder sonstwer.

Woraus soll sich das Recht auf Öffentlichkeit ableiten? Das Staaten nicht mit Privatpersonen vergleichbar sind und keine Privatsphäre kennen, ist trivial. Staatliche Organe konstituieren sich aber aus demokratischen Entscheidungen heraus. Sie sind Träger von Rechten und auch Pflichten. Bürger erheben gewählte Ebenen zu Rechtssubjekten des öffentlichen Rechts, welche zur Ausübung ihrer gewählten Tätigkeiten bestimmte Rechte eingeräumt bekommen, wie zum Beispiel das Recht auf Geheimhaltung bestimmter Informationen, um ihren Aufgaben auch rechtmäßig nachkommen zu können. Hierunter fällt Diplomatie mit Sicherheit. Das ganze erfolgt durch demokratische Prozesse. Nicht jeder einzelne Bürger wird darüber befragt, jedoch rechtmäßig Gewählte entscheiden darüber.

Die Geheimhaltung gewisser Informationen erfolgt also völlig zu Recht.  Es handelt sich deshalb im Falle von WikiLeaks keineswegs nur um Diebstahl von Daten, es handelt sich um Geheimnisverrat, Landesverrat bzw. um Spionage.

Zwingender Informationsaustausch zwischen Staaten regeln Verträge

Eine größere Öffentlichkeit, abgesehen der eigenen Bevölkerung, hat überhaupt keinen Anspruch auf Information. Anspruch auf Austausch bestimmter Informationen zwischen verschiedenen Nationen gibt es nicht, es sei denn es wäre durch völkerrechtliche Verträge vereinbart. Will ein Staat aber Informationen von einem anderen ohne deren Einwilligung handelt es sich um Spionage.

Spionage erzeugt keine legitime Transparenz

WIKILEAKS repräsentiert keinen Staat sondern nur eine Gruppe, die sich zum Ziel gesetzt hat Transparenz zu schaffen. Durch Transparenz so soll die Freiheit gestärkt werden. In diesem Falle geschieht aber das genaue Gegenteil. Es ist  augenscheinlich das nicht Depeschen verschiedener Länder gleichzeitig veröffentlicht worden sind, sondern nur die eines einzigen Landes. Durch die Veröffentlichung schadet WIKILEAKS somit gezielt und einseitig. Im Übrigen handelt WIKILEAKS willkürlich.

Rechtsstaatlichkeit erfordert Verfolgung

Ein demokratischer Rechtsstaat kann illegales, kriminelles Handeln nicht billigen. Rechtstaatlichkeit ist für alle in einem Rechtssystem von unbedingter Wichtigkeit. Sieht man sich aus moralischen Gründen verpflichtet gegen Gesetze zu verstoßen, ist es auch die moralische Pflicht die Konsequenzen hierfür auch zu übernehmen.