Zum Jahreswechsel mal ein unterhaltsames Thema ohne Duft. Auf gewisse Art auch recht persönlich. Ja, manchmal bin ich schwierig. Viel Spaß und im Januar geht es mit OUD weiter.
Torben sucht sich jetzt was aus,
oder die einfache Antwort auf die Frage, warum ich nicht die GRÜNEN wähle. Ja, richtig gehört, ich wähle nicht Grün. Nicht, weil mir das Grüne nicht am Herzen liegen würde, ich siedle sogar Bäume um, wenn ich sie damit vor dem Frosttot retten kann. Aber es gibt etwas, was mich davon abhält die GRÜNEN zu wählen. Es ist die Angst, Torbens Schicksal teilen zu müssen. Torben ist der Held meiner Geschichte - Literarisch inspirierte Unterhaltungswerte können nicht schaden.
“Torben sucht sich jetzt was aus” ist eins meiner Lieblingszitate. Ich könnte auch Maarten, Bengt, Leif und Jesper nehmen, und damit die Mädels nicht zu kurz kommen gehen natürlich auch Lærke, Signe oder Minttu. Alles schöne, nordische Namen, die unverwechselbar klingen, die sich abheben, von denen ich oft nicht weiß, wie ich sie aussprechen soll und die mir noch lange im Gedächtnis sind, wenn sich mal ein Maarten ins Geschäft verirrt. “Marten mit zwei aa” muß dabei oft erwähnt werden. Aber sicher doch gnädige Frau, ihr kleiner Maarten ist wirklich ganz reizend. Wie er da hinten gerade völlig ungebremst die Regale ausräumt und sich frei entfaltet - ein Anblick, der das Herz erwärmt. Die Frage wäre, wann schreiten sie ein, oder soll ich das übernehmen?
Kommen wir zu Torben. Der kleine Kerl wird mir ewig in Erinnerung bleiben. Ich lernte ihn und seine Eltern auf Hiddensee kennen: “Torben sucht sich jetzt was aus“. Ich möchte gleich zu Anfang erwähnen, daß Torben es auch nicht leicht hat, zumal man im Alter von ca. zwei Jahren kaum eine Chance hat, den gutmenschelnden Entscheidungen von Mama aus dem Weg zu gehen. Zu Papa komme ich auch noch. Doch nun erstmal schön der Reihe nach.
Kennen sie Hiddensee? Hiddensee war prima. Klein, überschaubar, lange schöne Strände, FKK und in Kloster einen Bäcker, wo man sich gerne angestellt hat. Früher jedenfalls. 20 Meter Schlange vor dem Laden nahm ich immer gern in kauf, weil die Milchbrötchen so lecker schmecken und die Splitterbrötchen umwerfend sind. Auf die Idee, zu fragen, “ob die MIlchbrötchen wohl auch mit Biomilch gemacht sind” war ich allerdings noch nie gekommen. Ja, die 20 Meter Schlange vor dem Bäcker - drinnen sind es noch einmal gute vier, bis man an der Reihe ist - zeigt sehr deutlich, warum ich der Vergangenheit nachhänge. Besonders die vier Meter im Laden sind nicht ganz unwichtig. Hat man doch genügend Zeit, sich schon mal zu überlegen, was man denn haben möchte, wenn man endlich dran ist. Zumal das Angebot durchaus überschaubar ist. Fünf bis sechs verschiedene Brotsorten, vielleicht sieben verschiedene Brötchen und eine kleine Auswahl an Kuchen. Hinter der Bäckersfrau steht eine große Thermoskanne mit Kaffe und jetzt ist der Papa von Torben endlich dran. Profilneurotische Brille, in Ermangelung der Süddeutschen die BILD in der Hand: “Ich nehm ne Sojalatte“. Keine freundliche Begrüßung, kein Bitte. Klare Ansage, kurz und knapp. Papi will ne Sojalatte. “Wir haben hier Filterkaffee und da drüben stehen Milch und Zucker. Möchten sie einen Kaffee?” Die Verkäuferin ist Kummer gewöhnt und läßt sich nicht aus der Ruhe bringen. Nur Torbens Papa ist fassungslos und überlegt. Allein das Ergebnis seiner geistigen Anstrengung läßt bei mir allgemeine Zweifel aufkommen: “Ok, dann einen Cappuchino“. “Sehen sie hier ne Kaffeemaschine?” fragt die Verkäuferin und ich würde am liebesten von hinten rufen, daß ich meine Schrippen auch gern zum Frühstück hätte. Dabei frage ich mich, warum Gewalt keine Lösung sein soll. Einfach vorgehen und dem Arsch eine reinhauen. Wortlos dreht der Typ ab und jetzt ist Torbens Mama dran. “Das ist Torben” sagt sie zur Bäckerin, die leicht angenervt lächelt, “und Torben sucht sich jetzt was aus.” Toll. Torben ist ca. zwei, kann noch nicht über den Tresen gucken und hat noch leichte Gleichgewichtsprobleme. Prima, jetzt wissen alle, der kleine Hosenscheißer heißt Torben. Was für eine Information. Die ersten 3 Minuten sind um und Torben überlegt, was er so haben will. Da, im Schaufenster stand doch so ein lebensgroßer Osterhase. Fast noch größer als Torben selber und der soll`s nun sein. “Nein Torben, das Osterhäschen gehört der lieben Frau hier und wenn du das Osterhäschen mitnimmst, dann ist die Frau ganz traurig. Außerdem wollen wir doch was zum Frühstück kaufen. Schau doch mal hier, die vielen, schönen Brötchen.” Torben hat den Kopf noch immer nach links in Richtung Schaufenster und Osterhase gedreht, sein Blick bleibt auf den Blechkuchen hängen und um die Sache abzukürzen, sagt er ein “da“. Mistkerl denke ich so bei mir und schaue demonstrativ zur Uhr. Zwangsläufig folgt eine etwas längere Belehrung über gesunde Ernährung zum Frühstück, die mit dem Hinweis endet, daß man ja noch einmal wiederkommen könnte, um für die Kaffeezeit ein Stück Kuchen zu holen. Mir wird ganz schwach, der Herr hinter mir stöhnt hörbar auf, die Verkäuferin hebt entschuldigend die Schultern. Was soll sie auch tun. “Schau mal hier Torben, hier liegen die Brötchen. Zum Frühstück essen wir doch zu Hause auch immer Brötchen“. Und zum Glück dreht Torben sich zügig um, nimmt kurz Maß, hebt den Finger in Richtung der Milchbrötchen und sagt wieder sein “da“. Das klappt schon gut. Er wählt schnell. Endlich kommt er zur Sache, denke ich so bei mir, doch in diesem Moment fragt Mutti, ob das auch Milchbrötchen mit Biomilch sind. Ich werd verrückt und weiß nicht genau, welchem Teil meiner Emotionen ich freien Lauf lassen sollte. Geplagt von Mordgelüsten und einem unterdrückten Schreikrampf werde ich stehend ohnmächtig. Es kann sich nur noch um Stunden handeln. Die Bäckerin schaut auf die Brötchen und sagt mit ruhiger Stimme, “es sind Milchbrötchen“. Aaaa ja, jetzt weiß Mutti, daß es keine Biomilch ist und das muß Torben erstmal in aller Ausführlichkeit erläutert werden. Logisch, Biomilch ist einfach gesünder. Also auch keine Milchbrötchen. Das einzig Positive für alle anderen, die hinten in der Schlange warten, ist das nahe Ende der Möglichkeiten. Osterhase geht nicht, Kuchen nur zum Nachmittag, Milchbrötchen leider ohne Biomilch; bleiben noch Brot und Körnerbrötchen: “Guck mal hier, die da, mit den vielen Körnern drauf, gefallen die Dir?” Doch inzwischen hat Torben begriffen, daß es hier gar nichts gab, was er sich hätte aussuchen dürfen. Er hatte nicht den Hauch einer Chance auf freie Entscheidung. Von Anfang an war klar, was Mutti haben wollte und weil das langweilig ist, rennt Torben schon mal raus. Würde ich auch gern tun, doch ich brauche Brötchen. Gut, zum Frühstück ist es nun etwas spät, aber die geplante Kartoffelsuppe zum Mittag ist mit Brötchenbeilage auch nicht schlecht. Ich grinse die Verkäuferin breit an und bestelle mir ne Sojalatte.