Too Slim & The Taildraggers - Blue Heart

Von Wasser-Prawda @WasserPrawda
Zum Glück hört man auch nach Jahrzehnten nicht auf, für sich selbst neue Musiker und ihre Spielweisen zu entdecken. Jemanden wie Too Slim (Tim Langford) hatte ich bislang nicht auf der Liste von Bluesgitarristen und Songschreibern, auch wenn er seit 1986 schon elf Studioalben veröffentlicht hat. Und ich bin ehrlich froh, dass ich ihn jetzt mit „Blue Heart“ kennen gelernt habe.

Nicht nur, dass er eine sich heftig ins Gehör bohrende Slide-Gitarre spielt. Nein: Er hat eine Art, Blues-Geschichten zu erzählen, die ihn weit aus dem Einerlei heraushebt. Im Opener „Wash My Hands“ etwa finden sich folgende Zeilen: „Women and whiskey and bad cocaine ... oity the fool who to in my way. I‘d find a way to make them pay“ - ein kaputtes Blueserleben, hart vor dem Umkippen: brutal und deftig auch in der musikalischen Umsetzung. Und wenn er fordert: „Make It Sound Happy“, dann einfach deshalb, weil die Zahl der schlechten Nachrichten, die man aufs Mal ertragen kann, einfach begrenzt ist.
Nicht immer ist Too Slim der nach außen hart wirkende Macho. Manchmal ist er auch überraschend zerbrechlich, singt über zerbrechliche Frauen, mit Herzen aus blauem Glas. Aber bei Gefahr flieht er eben doch in die Arme seiner Whiskey-Flasche. Auch wenn er weiß, dass da letztlich weder Lösung noch Happy End zu finden sein wird. So locken am Ende die Engel: „Time to come home“ oder „Leave this world now, let it slip away“. So heftig, so zutiefst emotional und verwundbar legen einen nur wenige Musiker ihr Herz offen. Obwohl genau das ja eigentlich zum Wesen des Blues gehört.

„Blue Heart“ ist ein rauhes, oft heftig abrockendes Bluesalbum. Und es ist mit seinen Liedern ziemlich einzigartig in der heutigen Zeit. Vielleicht sollte man es im Unterricht einseitzen im Kurs: Wie schreibt man echte Bluessongs?