Tonight

Von Gardner

Wissant (zur Musik aufs Foto klicken)

Ja. Ich wollte es ja so. Und nun habe ich es so, wie ich es gewollt habe. Den Kopf gegen die eigene Vernunft durchgesetzt. Nun kreisen schreiende Möwen über mir, bei denen ich mich allen Ernstes frage, ob sie mich begrüßen oder verlachen, mich, den einsamen Strandwanderer an diesem Freitagmorgen im Februar. Wie spät es ist, weiß ich nicht. Irgendwas um halb Neun, kann es sein. Ich spüre, wie der Wind mir den Nieselregen ins Gesicht, aber immer wieder auch dieses Lächeln vor die Augen drischt. Und immer noch und immer wieder lächele ich zurück und in mich hinein, damit der Wind es mir nicht aus den Mundwinkeln fegt. Wie lange war ich schon nicht mehr hier? An diesem Stand?  Es ist viel passiert seit dem letzten Mal. Den Hut ziehe ich tiefer ins Gesicht, den Reißverschluss meiner Jacke noch die letzten Millimeter weiter nach oben.  Die Fototasche zerrt schwer an meiner linken Schulter. Ich freue mich auf einen heißen Kaffee. Auf ein frisches Croissant. Der Kopf ist wohlwollend gefüllt mit der Musik von gestern Abend. Und den Gesprächen in babylonischer Vielfalt. Italienisch, Englisch, Französisch, sogar Deutsch. Lachen, immer wieder Lachen. Bis tief in die Nacht. Nicht mehr auf der Bühne, sondern dahinter. Hier sitzen Freunde zusammen, hier ist jetzt für ein paar Stunden meine Heimat, hier fühle ich mich so wohl wie schon lange nicht mehr.  Das Meer ist so grau wie der Himmel. Und Englands Kreideküste ist heute gewiss nicht zu sehen. Das Wasser klatscht gegen das Ungetüm aus Beton und Eisen. Dem Relikt aus unseliger deutscher Vergangenheit. Wie viele Jahre wird das salzige Nass brauchen, um es zu gänzlich beseitigen? Ich werde es wohl nicht erleben. Reisen tut gut. Leben auch. Und ich will noch eine gute Zeit in diesem Leben. Gute Reisen kann man doch buchen, gute Zeit auch? Irgendwo vielleicht?