Ein Glück haben die Spiele-Entwickler den Name nicht komplett eingedeutscht, denn sonst würden wir heute „Grabräuber“ anstatt Tomb Raider spielen. Allerdings ist es im jüngsten Mitglied der Familie wirklich passend.
Im neusten Teil der Serie, der Zeitgleich ein Neustart dieser ist, kriecht ihr gelegentlich durch Grabanlagen und durchsucht die Überreste einer vergangenen Zivilisation, wenn ihr nicht gerade Gegner abknallt, irgendwo runterfallt oder der ein oder anderen Explosion entkommt.
Das hat uns gefallen:
Story grüßt Lost
Im Neustart der Serie spielt ihr Lara, die gerade frisch aus der Universität kommt. Um direkt ihre Archäologen-Fähigkeiten zu testen, heuert sie auf dem Schiff Endurance an. Und schon geht’s los – wir grüßen an dieser Stelle Robinson Crusoe und die Charaktere von Lost, denn auch die Endurance erleidet, wie soll es auch anders sein, Schiffbruch. Auf der Suche nach dem Rest der Mannschaft, zieht es sich ewig durch die Story und erst nach einem Drittel der Spielzeit kommen die, bereits bekannten, spannenden, übernatürlichen Elemente aus Tomb Raider zum Tragen. Allerdings bleibt das Spiel hinter der Uncharted-Konkurrenz zurück. Während Charaktere wie Nathan Drake, Elena oder Chloe für emotionale und lustige Dialoge im Achterbahntempo sorgen, sind die Figuren aus Tomb ruck zuck vergessen.
Bumm, Bumm, Knall!
Motivation fehlt euch durch die Story, während ihr in strikt linearer Weise die Insel erkundet (gähn). Abwechselnd gibt’s Actiongeladene Abschnitte und weitläufige Gebiete. In den Action-Abschnitten zeigt das neue Tomb Raider, wie es rund geht: Ihr rennt mit Lara durch explodierende Tempelanlagen, rutscht die Stromschnellen eines Baches abwärts oder kracht durch Wolken aus Sägespänen, während um euch herum das ein oder andere Flugzeug ein ganzes Dorf zerlegt. Das sieht zwar klasse aus, allerdings ist es Gameplaytechnisch so interessant wie der nächste Schlaf. Ein Knöpfchen hier, Sticks bewegen dort. Dafür erwartet euch ein exzellenter Kinofilm der besonderen Art.
In den offenen Arealen müsst ihr nicht linear zum nächsten Punkt laufen, stattdessen könnt ihr die Gebiete erkunden und das ein oder andere versteckte Geheimnis lüften, welche Details zur Hintergrundgeschichte verraten. Auf dem Weg findet ihr die ein oder andere Verbesserung, die euch Zugang zu neuen Abschnitten verschafft. Die Entwickler haben dabei so ein kluges Level-Design erschaffen, dass ihr in vergangene Areale zurückkommt, um die versteckten, noch nicht erkundeten, Geheimnisse zu lüften. Dank der ganzen Abkürzungen und des Schnellreisesystems halten sich die Laufwege in Grenzen – das finden selbst wir gut!
Wie bei einem Ferrari
An dieser Stelle möchten wir keine Werbung für die italienische Nobelmarke machen, allerdings ist der Vergleich passend. Die Präsentation ist einfach exzellent. Entwickler Crystal Dynamics hat eine atemberaubende Inselwelt geschaffen, die definitiv an erster Stelle bei der Entwicklung lag. Die Technik fasziniert uns – die Entwickler haben Ladezeiten geschickt in die Zwischensequenzen versteckt, dass ihr diese überhaupt nicht bemerkt, außer ihr Erfahrt das Ableben von Frau Croft, dann gibt’s eine sehbare Ladezeit. In jedem Areal bietet euch Crystal Dynamics ein neues, einzigartiges Panorama. Zudem bekommt ihr eine Weitsicht geboten, die phänomenal ist! Selbst weit entfernte Gebiete sind begehbar – das ist noch mal ein ticken cooler als die, optisch zwar schöneren, aber spielerisch begrenzten, Level bei der Uncharted-Konkurrenz.
Für ein Konsolenspiel spielt Tomb Raider, in der aktuellen Generation, ganz oben mit – PC-Spieler kriegen, wie immer, ein Sahnehäubchen oben drauf. Die PC-Version packt noch höher aufgelöste Texturen, feine Beleuchtungseffekte, Anti-Aliasing und Tessellation. Laras fein animierte Haarpracht sieht super klasse aus – zumindest mit aktivem TressFX (Das AMD-Feature funktioniert auch in Zusammenarbeit mit Geforce-Grafikkarten).
Schade: In manchen vorgerenderten Szenen trägt Lara noch ihren Alten Zopf.
Eine Maus-Tastatur-Kombination, die sich sehen lässt
Die Experten im Square Enix-Partnerstudio Nixxes haben eine perfekte Portierung, vom Gamepad, auf die Maus und Tastatur hinbekommen. Mit Maus, WASD und ein paar Zusatztasten habt ihr Miss Croft voll im Griff. Dabei steuert sich Tomb Raider auf dem PC wunderbar präzise. Schon ein wenig zu einfach könnt ihr die Gegner per Kopfschuss erledigen – wir empfehlen den höchsten Schwierigkeitsgrad.
Gewaltiger Sound: Sind wir etwas selbst im Spiel?
Jason Graves – der Gott der Götter, übertrieben gesagt. Herr Graves versteht sein Geschäft, während er schon für den Soundtrack der Dead Space-Spiele verantwortlich war, komponierte er auch ein Meisterwerk für Tomb Raider. Euch erwartet ein epochaler Ohrgasmus aus Streichinstrumenten, Klavieren, Trommeln und Trompeten. Die Wucht des Soundtracks erinnert uns an Uncharted, zeigt uns aber seine Eigenständigkeit durch die vielen ruhigen Passagen, die die Einsamkeit von Lara untermalen.
Zudem erwarten euch exzellente Sound-Effekte, die euch mit in das Spiel nehmen. Egal was aus euren Boxen kommt – es klingt einfach alles fantastisch!
Das hat uns nicht gefallen:
Synchronsprecher zum davonlaufen
Auch wenn Lara mit einer bekannten Schauspielerin, als Synchronstimme, daherkommt, so nimmt man Lara die Entwicklung zur Heldin leider nicht ab. Nora Tschirner (Keinohrhasen) ist hier eine nicht optimale Besetzung, wie die anderen auch. Zudem wirkt es etwas blöd, wenn die Gegner Lara als „Die Outsiderin“ bezeichnen.
Sinnlos viele Kämpfe
Definitiv nicht in ein Tomb Raider gehören die, sinnlos, vielen Kämpfe. Grundsätzlich sind die Kämpfe durchschnittlich spielbar, allerdings schickt euch das Spiel in manchen Passagen von der einen in die nächste Gegnerwelle – etwas seltsam als gerade frisch gebackene Abenteurerin. Zudem ist die KI der Gegner auf dem Niveau eines Knäckebrots und ihre Handlungen vorhersehbar – Schade!
Hübsches schlechtes Menü
Das Menü hätte durchaus ein Ticken mehr PC-Komfort verdient, denn das schicke Lagerfeuer-Menü lässt sich nur sperrig mit der Maus steuern. Und um Wegpunkte auf der Karte zu setzen solltet ihr unbedingt studiert haben – nervig!
Welche Taste beim Quick-Time Event?
Häufige Quick-Time Events, die manchen Spielern eh nicht gefallen werden, sind in Tomb Raider eine echte Herausforderung. An Stelle der richtigen Taste, wird euch ein Symbol eingeblendet, welches ihr nun auf die belegte Taste übertragen müsst (Beispiel: eine Hand [steht für benutzen] – Standard: E). Das macht die Quick-Time Events unnötig kompliziert, da sich der Spieler in Millisekunden an die Taste erinnern muss – ansonsten seid ihr tot. Running Gag vom Entwickler: Bei angeschlossenem Xbox360-Gamepad zeigt euch das Spiel die Tasten an.
Vollbildmodus des Grauens
Spielt ihr Tomb Raider im Vollbildmodus, dann büßt ihr ein! Leider hat man bei Nixxes in der Portierung einiges vergessen. Blend- und Kameraeffekte, Pixelblut und Wasser auf der Linse – definitiv sehr deutliche Dinge, die man nicht übersehen konnte!
Grafikfehler und Performance-Einbrüche mit Nvidia-Gear
Die einen setzen auf Nvidia, die anderen auf AMD. Gerade Square Enix ist ein Freund von letzterem und das macht sich in den Spielen bemerkbar. Viele Nutzer und Kollegen klagten über heftige Grafikfehler, die einen Neustart erforderlich machten. Zudem soll das Spiel, bei „grafisch anspruchsvollen Szenen oder während des automatischen Speicherns“ abgestürzt sein.
Die Kollegen bei PC-Games schrieben dazu: Die meisten Probleme ließen sich durch eine Deaktivierung von V-Sync und Tessellation und der Beschränkung auf FXAA-Kantenglättung beheben. Trotzdem kam es vor allem bei aktiviertem TressFX immer wieder zu plötzlichen Leistungseinbrüchen. Nvidia hat bereits neue Treiber angekündigt, die sich dieser Probleme annehmen, dabei jedoch darauf hingewiesen, dass die Tomb Raider-Entwickler eine Teilschuld trifft.
Mehrspielermodus – ähhhh wat?
Als erster Teil der Serie bietet das neue Tomb Raider einen optionalen Mehrspielermodus, der euch zu einer schicken Schnarchrunde einlädt. Fünf magere und mickrige Karten erwarten euch – mit maximal acht Spielern auf dieser. In vier Spielmodi ballert ihr auf die Gegner – wobei hier definitiv das überlegene Team gewinnen wird, denn es gibt keine alternativ Wege um zu entkommen. Optisch sagt der Mehrspielermodus „Lebe Wohl“ zum Einzelspieler. Leveldesign und Animationen sind schlichtweg enttäuschend. Zudem unterscheidet sich die Tastenbelegung zur Kampagne.
Fazit
Ich Sachen Technik, Performance und Spielbarkeit ist das neue Tomb Raider wirklich vorne. Den Spieler erwartet eine gewaltige Grafikpracht mit weitläufigem Blick. Dazu gibt's eher untypische Gewalt und Geballer - schade! Für einen perfekten Tomb Raider-Titel hätten mehr Farben und Abenteuer echte Wunder gewirkt. Trotzdem ist es wirklich Spielenswert!
Bewertung