Tom Spring

So schön auch das World Wide Web ist, die reale und analoge Welt ziehe ich ihm vor. Man kann zwar Bücher von überall auf der Welt beziehen. Und das ist ja auch schön, aber es ist doch ziemlich unsinnlich. Das Buch – und mit ihm der Boxer, den ich hier vorstellen möchte – kam nicht übers Internet, sondern in London zu mir. An einem sonnigen Sonntagnachmittag schlenderte ich auf einem Spaziergang an einem kleinen Antiquariat vorbei. Ich ging hinein, stöberte etwas herum und fand dort “Tom Spring” von John Hurley – ein sehr schönes und empfehlenswertes Buch. Mit meiner Neuerwerbung versehen, fand ich wenig später einen Platz auf einer Bank vor einem netten alten und altmodischen Pub, wo ich dann in der Nachmittagssonne, ein Real Ale vor mir auf dem Tisch, anfing, mich mit Tom Spring zu beschäftigen. So etwas passiert in der realen Welt, das World Wide Web kann einem das nicht bieten.
Tom Spring, geboren als Thomas Winter (22. Februar 1795 – 20. August 1851), war ein englischer Bare-Knuckle Boxer – einer der ganz Großen. Er war Schwergewichtschampion von England von 1821 bis 1824. Spring gilt als einer der „wissenschaftlichsten“ der frühen englischen Boxer. Es setzte sich mit der Technik des Boxens auseinander, was zu seiner Zeit unüblich war. Da er keinen harten Punch hatte, war er darauf angewiesen, dass seine Deckung hielt. Er hatte eine gute Beinarbeit. Er musste seine Gegner ermüden, um sie dann mit seinen relativ starken linken Haken eventuell doch zu fällen. Seine Hände waren sehr verletzungsanfällig.
Tom Spring
Geboren wurde Winter in Witchend in Fownhope, Herefordshire. Er kam aus einer Boxerfamilie; sowohl sein Vater als auch sein Großvater waren Boxer. Wie sein Vater wurde auch er Metzger von Beruf. Der in der Nähe in Fownhope Court residierende elfte Duke of Norfolk veranstaltete für seine Gäste gerne Boxkämpfe mit den lokalen Boxern. Winter begeisterte den Adligen, der ihn von nun an unterstützte.
1811 verlor Winter seinen Trainer und Mentor, seinen Vater. Der wurde nämlich wegen seiner Schulden ins Gefängnis gesteckt. Im Frühjahr 1814 traf er dann auf den legendären und damals amtierenden Schwergewichtschampion Tom Cribb. (https://betker.wordpress.com/2011/11/19/tom-cribb-1/) Schon bald überzeugte er diesen von seinem Können. Winter ging mit Cribb (https://betker.wordpress.com/2011/11/20/tom-cribb-2/) nach London, der sein Trainer und Promoter wurde, und aus Winter wurde Spring.
1818 kämpfte Spring zweimal gegen den sehr erfahrenen Ned Painter. Der ersten Kampf, am 01. April 1818, wurde nach 31 Runden, einer Stunde und neunundzwanzig Minuten abgebrochen und Spring zum Sieger erklärt. Painter war vorher mehrfach ohne Schlagwirkung zu Boden gegangen. Mit diesem Sieg beanspruchte Spring den Titel des englischen Schwergewichtschampions.
Im Rückkampf, am 07. August 1818, unterlag er dann nach 42 Runden, einer Stunde und vier Minuten. Bereits in der ersten Runde war er nach einer sehr harten Rechten zum Kopf zu Boden gegangen. Von diesem Niederschlag erholte er sich nicht mehr. In Runde 42 gelang es ihm nicht mehr, auf die Beine zu kommen. Spring wollte unbedingt einen Rückkampf, aber Painter trat gegen ihn nie wieder an, woraufhin sich Spring wieder zum Titelhalter erklärte.
1822 hängte Springs Promoter, Mentor und Trainer Tom Cribb seine Handschuhe an den Nagel, wodurch der Britische Schwergewichtstitel vakant wurde. Cribb nominierte seinen Boxer Spring als seinen Nachfolger. Um diesen Titel zu verteidigen, bot Spring an, gegen jeden in England anzutreten. Aber niemand forderte ihn bis 1823 heraus.
Am 20 Mai 1823 trat er dann gegen Bill Neat an. Dieser hatte sich vorher über Springs Schlagstärke lustig gemacht und ihn als „Dienstmädchen der Dame“ bezeichnet. Der Kampf dauerte nur 37 Minuten. Spring schickte Neat bereits in der ersten Runde zu Boden. Danach verteidigte er (1824) zweimal erfolgreich seinen Titel gegen den Iren Jack Langan. Am 07. Januar brauchte er 77 Runden, zwei Stunden neunundzwanzig Minuten und am 08. Juni 76 Runden, eine Stunde und neunundvierzig Minuten.
Hiernach stieg er nicht mehr als Preisboxer in den Ring. Er erwarb das „Castle Inn“ in Holborn, das dem Boxer Bob Gregson gehört hatte. Hier traf sich nun das Boxen in England. Kämpfe wurden organisiert und Verträge unter seiner Aufsicht unterzeichnet. Spring suchte nach Kräften, der Korruption im englischen Boxen entgegenzutreten. Am 25. September 1828 wurde eine als „Fair Play Club“ bekannte Organisation gegründet, die sich zur Aufgabe setzte, das Boxen von kriminellen Machenschaften zu säubern. Spring wurde zum ersten Schatzmeister des Clubs gewählt.
Überschattet wurde seine Tätigkeit von zwei Kämpfen, die er für den irischen Champion im Schwergewicht, Simon Byrne, arrangierte. Im zweiten Kampf kämpfte Byrne am 30. Mai 1833 gegen James Burke um den Titel im Schwergewicht. Dieser Kampf wurde der zweitlängste Kampf der Boxgeschichte, nur der berühmte Kampf zwischen Andy Bowen und Jack Burke im Jahr 1893 dauerte länger. (https://betker.wordpress.com/2016/03/05/andy-bowen-vs-jack-burke-der-laengste-boxkampf-aller-zeiten/) Das Aufeinandertreffen der beiden gestaltete sich brutal und blutig. Und es wurden riesige Summen auf den Ausgang des Kampfes gesetzt. In der 99. Runde, Spring war Sekundant von Byrne, trug er seinen fast bewusstlosen Schützling in die Ringmitte. – Dazu muss man wissen, dass der Boxer in der Ringpause häufig auf dem Schoss seines Sekundanten saß. – Byrne wurde erneut niedergeschlagen und starb drei Tage später. Dazu ist allerdings anzumerken, dass derlei zu jener Zeit nicht selten vorkam.
Hatte Spring als Boxer schon gutes Geld verdient, so wurde er im Ruhestand reich. Dennoch galt er als großzügig und Boxern gegenüber, die weniger Glück gehabt hatten als er, als freigebig; er war hoch geachtet. Offensichtlich konnte er aber nicht mit Geld umgehen. Er war verheiratet und hatte zwei Kinder. Später trennte er sich von seiner Frau. Sie starb mittellos im Holborn-Arbeitshaus. Spring starb am 20. August 1851 mit 56 Jahren. Er wurde unter seinem richtigen Namen Thomas Winter begraben.
Das Buch von Jon Hurley über Tom Spring ist ohne Einschränkung zu empfehlen. Es ist offensichtlich gut recherchiert und lässt sich gut herunter lesen. Seine besondere Stärke besteht darin, immer wieder ein anschauliches Bild von den Menschen dieser Zeit und ihren Lebens- und Arbeitsbedingungen zu zeichnen.
Auch Sir Arthur Conan Doyle, der Erfinder von Sherlock Holmes, schrieb eine Kurzgeschichte „Der Lord von Falconbridge“ mit Spring als Protagonisten. Hierzu aber später mehr.
(C) Uwe Betker


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