Ein Geburtstagsgeschenk besonderer Art hat Innenminister Thomas de Maiziere der Republik verehrt, die heute beinahe unbeachtet von der breiten Öffentlichkeit ihr 61. Wiegenfest feiert. In einem feinfühlig formulierten Jahresbericht über den Stand der Annäherung des ehemaligen Westens Deutschland an die Lebensumstände in der früheren Alt-DDR, die heute in aller Stille ihren Gründungstag begeht, zog de Maiziere stellvertretend für den inzwischen abgeschafften Ostbeauftragter der Bundesregierung erfolgreich Bilanz über die fortschreitende Annäherung der Lebensumstände im geeinten Deutschland.
"Nach 20 Jahren können wir, ohne die Probleme zu verschleiern, stolz sein auf das, was die Menschen in Ost und West erreicht haben“, sagte de Maizière, der seinem Vetter Lothar kurz nach dessen Wahl zum DDR-Ministerpräsidenten einen Kontakt zum damals noch nicht als Parteispendensammler verrufenen Kanzler Helmut Kohl hergestellt hatte und dafür mit einem Platz im Kabinett des ersten sächsischen Ministerpräsidenten Biedenkopf belohnt worden war.
Die Deutsche Einheit sei „erwachsen geworden“ und „eine große Erfolgsgeschichte“, sagte der Ostexperte, zu dessen großen Verdiensten Beobachter seinen Einsatz für die Landesbank Sachsen zählen, die unter seiner Ägide Milliarden in ausländischen Zweckgesellschaften versenken konnte. Das wäre zu Zeiten der alten BRD ungestraft nie denkbar gewesen, gehörte aber in der DDR zum guten Ton: Schlugen verdientvolle Funktionäre über die Stränge, wurden sie meist befördert, um Schaden von der Partei abzuwenden.
So habe sich, berichtet de Maizière, die Lebensqualität im Westen der
im Osten weiter angenähert. Die Wiedervereinigung als bloßen Anschluss zu bezeichnen – wie es jüngst der brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) getan hatte – nannte de Maizière „historisch nicht korrekt und nicht in Ordnung“. Der Minister unterstrich, dass sich 1990 insbesondere auch die Menschen im Osten eine schnelle Vereinigung gewünscht hätten, im Westen habe man damals zum Teil neidisch auf die sozialistischen Errungenschaften wie Kindergartenplätze, grüner Pfeil und gemeinsame Sozialversicherung geschaut. Auch der höhere Gemeinsinn der Ostdeutschen, die angesichts staatlicher Allmacht gern zusammenrückten und grillten, statt sich zu wehren, sei in Wuppertal, Worpswede und Wiesbaden lange eifersüchtig bestaunt worden, fände aber nun dort auch immer mehr Nachahmer, die wie beständig sinkende Wahlbeteiligung belege.
In den letzten 20 Jahren sei das Zusammenwachsen also gut vorangekommen, die größer gewordene Bundesrepublik habe viele Wesenszüge der beigetretenen DDR übernehmen oder aber fast exakt nachbauen können. In anderen Bereichen sei man auf einem guten Weg. Ausdrücklich lobte de Maiziere das bürgerschaftliche Engagement, das sich in Initiativen wie "Schöner unsere Städte und Gemeinden - Mach mit!" zeige. Seinerzeit eine der größten Aktionen der Nationalen Front der DDR, ergreife die Idee bis heute die Massen und werde so nicht nur in Stuttgart zur revolutionären Gewalt. So habe die "Wuppertal-Bewegung" bewiesen, wie engagierte Bürgerinnen und Bürger unter Regie des staatlichen Rundfunks ermuntert werden können, per Subbotnik bei Wiederaufbau ihrer von der Finanzkrise verheerten Gemeinde zu helfen. Als Sieger des Votings "Eine Idee für meine Stadt" hatte der Verein "Wuppertal-Bewegung" eine 16 Kilometer lange ehemalige Bahntrasse zum Rad- und Skaterweg ausgebaut. Drei Millionen Euro wurden dafür gesammelt - seit der FDJ-Aktion "Max braucht Wasser" die größte Aufbauleistung in der Region.
Auch im Örtchen Unkel, einer von allen Bundespolitikern aus Ost und West lange vergessenen Gemeinde, engagierten sich Arbeiter, Bauern und Bürgerliche entschlossen in freiwilligen Arbeitseinsätzen für die Rettung für das Freibad Unkel. Die Kommune habe wie seinerzeit die gesamte DDR kein Geld, um es zu modernisieren und weiter zu betreiben, so hätte die Bürger die Sache selbst in die Hand genommen. "Freuen wir uns über das Erreichte", rief Thomas de Maiziere. Später am Abend wollen führende Koalitionspolitiker aus Ost und West am ehemaligen Standort des früheren Ex-DDR-Vorzeigebaus "Palast der Republik" mit Rotkäppchensekt auf die nächsten 60 Jahre anstoßen, dabei soll der Grundstein für einen neuen Renommierbau in Schlossform gelegt werden, den Freiwillige aus allen Bevölkerungsschichten bis zum Jahre 2049, wenn Deutschland seinen Hundertsten feiert, hochmauern wollen.