Teil II, Texte zur Kulturgeschichte der Körperpflege
Die Dame bei der Toilette ist Diana von Poitiers (1499-1566), Mätresse Heinrichs des II. (1519-1559). Trotz des Altersunterschieds von 19 Jahren, war sie ab ca. 1538 (da war sie 40 Jahre alt) Heinrichs Geliebte. Kümmerte sich aber auch gleichzeitig um dessen Familien- und Liebesleben mit Katharina von Medici und half dieser 1544 bei der Geburt des ersten Sohnes (Franz).
Doch das eigentlich Interessante an diesem Bild aus der Schule von Fontainebleau (eine Künstlergruppe, die ab dem 16. Jh. bis zum Anfang des 17. Jh. eine besondere Form des Manierismus prägten.) ist der Titel im Zusammenhang mit dem Ort und den abgebildeten Gegenständen. DAME BEI DER TOILETTE klingt irgendwie komisch, wenn man die ganze Umgebung der Dame näher betrachtet. Kein Waschbecken, kein Wasser, keine Seife – überhaupt nichts, was an ein Bad erinnern könnte. Da hilft es auch nicht, daß man zuerst denkt, die Dame wäre nackt – was in einem Bad/ beim baden eigentlich zu erwarten wäre. Auf den zweiten Blick erkennt man nämlich erst die mehr oder weniger durchsichtigen Kleider. Nacktheit als Illusion. Bis auf den Spiegel und einen fast unscheinbar am unteren Bildrand positionierten Kamm deutet nichts auf ein Bad, so wie wir es kennen, hin. Dafür jede Menge Schmuck und Bequemlichkeiten, die mehr an ein Schlafzimmer, als an ein Bad denken lassen. Das vollständige Fehlen von Wasser und Seife ist bemerkenswert – aus heutiger Sicht.
Was war geschehen? Was hatte dem fröhlichen Treiben in den mittelalterlichen Badehäusern Einhalt geboten? Warum galten Wasser und Seife plötzlich als schädlich und krankheitserregend? Aus welchem Grund beschränkte sich die Toilette auf Schwämme, mit denen der Körper nur abgerieben wurde, massenhaft Puder und Parfum in allen erdenklichen Formen (parfumierte Tücher, Handschuhe, parfumierte Öle/ Fette/ Wachse und kleine Duftspender, die wie Schmuck getragen werden konnten), kleine Pflaster, mit denen häßliche Hautunreinheiten abgedeckt wurden und massenhaft Rouge. Pflaster im Gesicht, was für eine Mode. Einfach nur entsetzlich, und nun versuchen sie sich einmal eine große Stadt um das Jahr 1560 herum vorzustellen. Keine Müllentsorgung, keine Kanalisation, kein Wissen über Keime und deren Verbreitungswege, dreckiges Wasser und wohl kaum ein Haus, dessen Bewohner die Wohn- und Schlafräume nicht mit unzähligen Tieren teilen mußten. Sicher, wohlhabende Leute schliefen nicht mit den Schweinen in einem Raum, aber um diese Tiere geht es auch nicht – Ratten waren überall und Konstantinopel war ihr Königreich. Und denken sie nicht, das wäre für damalige Zeit ein unerreichbarer Ort gewesen, weit weg von den großen Städten in Frankreich und der dt. Kleinstaaterei. Schon damals waren die Handelswege gut ausgebaut und kaum ein großer Markt, auf dem nicht Händler aus fernen Gegenden ihre Waren anboten. Nach der großen Epedemie von 1347 (dem Schwarzen Tod) kam es immer wieder zu lokalen, sehr heftigen Ausbrüchen und tun konnte man herzlich wenig. Offene Feuer und Rauch zur Reinigung der Luft, die Kranken besprühte man mit Essig, manchmal schnitt man die schmerzenden Beulen auf, damit Blut und Eiter ablaufen konnten, Häuser von Pestkranken wurden vielleicht isoliert gereinigt/ ausgeräuchert und mancherorts gab es Quarantäne. Dem Grund des Übels kam man nicht auf die Spur.
Kennen sie Ambroise Paré? Paré (1510-1590, franz. Arzt/ Chirurg) war Arzt und sprach als einer der ersten Mediziner überhaupt von einem Zusammenhang zwischen dem massenhaften Auftreten der Rattenpopulation und der Krankheit – Pest. Auf die sonst so lichtscheuen Ratten folgte der Ausbruch der Krankheit. Allein Gehör fand er nicht, wie schon andere Ärzte vor ihm.
Wer Zugang zu Medizin und Bildung hatte, wer informiert war und fachkundige Anleitung erfuhr, der bekam zu hören, daß Flüssigkeiten in den Körper eindringen können – natürlich besser bei Wärme/ Hitze und unter Druck. Der warme, schwitzende Körper wurde als anfällig angesehen und schon hatte man ein gutes Argument, jede körperliche Anstrengung zu vermeiden. Die sich öffnenden Poren würden ja nicht nur den Schweiß heraus, sondern auch andere Flüssigkeiten hineinlassen, was natürlich als absolut gefährlich angesehen wurde. Eindringende Wasser als Risiko für das körperliche Gleichgewicht und damit verbunden die Angst, daß Krankheiten zusammen mit dem Wasser durch die geweiteten Poren der Haut eingeschleppt werden könnten. Völlig irrational erscheint in diesem Zusammenhang der Einbau privater Bäder, Schwitzräume, Wasserspiele und Wannen. Räume, welche die Nutzung des Wasser ermöglicht hätten, deren Funktion jedoch eher die von Kunstobjekten erfüllte. Rauschendes, plätscherndes Wasser als Teil der Architektur, während man für die Körperpflege teilweise gänzlich darauf verzichtete. Rückblickend muß festgestellt werden, daß es durchaus von Vorteil gewesen sein mag, wenn man sich keinen Arzt leisten konnte.
Einen weiterführenden Text zum Thema finden interessierte LeserInnen auch hier: Vergnügliches Baden im Mittelalter Teil I.