Tödlicher Irrtum: Ehrenmorde kein Problem

Tödlicher Irrtum: Ehrenmorde kein Problem"Die Zahl der Ehrenmorde in Deutschland steigt keineswegs", hat der "Spiegel" mit Hilfe einer Studie des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht herausbekommen. Das Papier, für das ein Forscherteam 78 Fälle mit 109 Opfern und 122 Tätern untersucht habe, liefere "einen bisher beispiellos detaillierten Überblick über "Ehrenmorde" in Deutschland". Und welch Glück gerade in der nach den Todesschüssen von Norwegen so aufgeheizten Integrationsdebatte! "Mit einem weitverbreiteten Irrglauben räumt die Studie gleich zu Beginn auf", vermeldet das Blatt: "Die Zahl der Ehrenmorde in Deutschland steigt keineswegs" Zwar habe es im Untersuchungszeitraum Schwankungen bei der jährlichen Anzahl der Taten gegeben - "zwei im Jahr 1998, zwölf im Jahr 2004". Im Durchschnitt aber, und das ist über die Maßen beruhigend, bleibe es bei bei bloß sieben bis zehn Fällen pro Jahr.
Die gab es halt immer, auch als der "Spiegel" noch nicht darüber berichtete. Das war im Jahr 2005, damals entdeckten Florian Peil und Sonja Ernst das Thema in ihrem Text "Mord an junger Türkin: Sie hat ja wie eine Deutsche gelebt".
Ein Durchbruch, wie die Google-Timeline zeigt: Was bis dahin - selbst nach den Maßstäben der jetzt vorgelegten Untersuchung über sieben - Jahre lang keine Zeile wert war, entwickelte sich zum Schlagzeilentrend. Wenige Tage nach dem "Spiegel" konstatierte die "Süddeutsche Zeitung" schon, dass "die Zahl der "Ehrenmorde an türkisch-stämmigen Frauen in der letzten Zeit drastisch zu"nehme.
Natürlich, mit dem Islam hatte das damals schon wenig zu tun - stattdessen "viel mit Selbstausgrenzung", fand Autor Werner Schiffauer. Die aber, das belegen die neuen Zahlen, gibt es gar nicht. "Die meisten Täter - 76 von 122 - stammen aus der Türkei", zählt der "Spiegel". Erst weit dahinter folgten arabische Länder und Staaten des ehemaligen Jugoslawien.
Weniger als zehn Prozent der ermittelten Täter seien in Deutschland geboren worden, nur 7,6 Prozent besäßen einen deutschen Pass und "so gut wie nie" würden die Taten von Migranten der zweiten und dritten Generation begangen. "Dies wertet Forscher Oberwittler als Indiz", fasst der "Spiegel" zusammen, "dass die Integration in Deutschland funktioniert."
Das Problem der Ehrendelikte ist ernst, aber begrenzt, so sieht es aus, einzig das "enorm gestiegene Medieninteresse" lasse einen gegensätzlichen Eindruck entstehen. Um nicht Applaus von der falschen Seite zu bekommen und den Unbelehrbaren in die Hände zu spielen, empfiehlt das mit der Untersuchung der Ehrenmordstatistik bereits seit Monaten beauftragte Bundesblogampelamt in Zusammenarbeit mit den Bundeszensurbehörden, die Berichterstattung über mutmaßliche Ehrenmorde künftig bei voller Wahrung der Pressefreiheit bis zur Einstellung einzuschränken. Ein freiwilliges Ehrenmord-Meldungsmoratorium könne viel zur inneren Sicherheit beitragen, koste nichts und sei eine Chance für "mehr und bessere Integration", sagte Herrfried Hegenzecht vom Bundesblogampelamt.


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