Tödlicher Flüchtlingsstrom

Tödlicher Flüchtlingsstrom

Ein marodes Boot verlässt mit mit hunderten afrikanischen Flüchtlingen die libysche Küste. Für 800 Euro suchen sie ihr Glück auf dem offenen Meer in Richtung Europa. Einer der Flüchtlinge trägt ein T-Shirt mit Michael Schumachers Konterfei und sagt: «I’m coming, Michael Schumacher, my friend.» Er wird sein Ziel wie viele andere auf dem Boot nicht erreichen. Davon zeugen die mit tausenden Bändchen behangenen Bäume in Italiens Küstenregion, die Senta Berger in Unter Verdacht: Elegante Lösung schwer schlucken lassen. Ein Bändchen für jeden toten Flüchtling.

In ihrem ersten Auslandsfall verschlägt es Berger als Dr. Eva Maria Prohacek in einen italienischen Küstenort. Der Sohn des ehemaligen Polizeipräsidenten, der dort für eine Grenzschutzorganisation der EU arbeitete, wurde tot aus dem Meer gefischt. Die örtlichen Behörden gehen von einem Unfall aus oder besser gesagt: Sie bestehen darauf und zeigen sich bei den Ermittlungen von Prohacek und ihrem Kollegen André Langner (Rudolf Krause) wenig kooperativ. Doch das Team lässt nicht locker und entdeckt Zustände, die dem Toten das Leben gekostet haben könnten.

Denn die italienischen Grenzschützer, die des Nachts zu Wasser patrouillieren, um ihr Land vor illegalen Einwanderern zu schützen, haben ihre ganz eigenen Methoden, um dem Problem Herr zu werden. Sie fangen die Boote ab, werfen Essen und Besitztümer über Bord, beschädigen sie und überlassen die Flüchtlinge auf dem Meer sich selbst. Weil das mittlerweile System hat und von ganz oben geduldet, wenn nicht sogar gefördert wird, kämpft Prohacek mit stumpfen Waffen.

Einfühlsamer Politkrimi mit düsterer Botschaft

Bilder und Thema von Unter Verdacht: Elegante Lösung sind aktueller denn je. Das Flüchtlingsproblem im Mittelmeer ist akut. Erst im März 2011 kenterte vor Lampedusa ein überladenes Boot mit 300 Flüchtlingen aus Nordafrika. Der Flüchtlingsstrom sorgte wie im Film für ein angespanntes deutsch-italienisches Verhältnis, wenn auch aus anderen Gründen. Italien schickte viele Flüchtlinge mit vorübergehenden Aufenthaltsgenehmigungen nach Europa, um auch andere Länder dazu zu zwingen, sich der Problematik anzunehmen.

Bei Unter Verdacht sagt eines der Besatzungsmitglieder, Italien mache die Drecksarbeit, damit Deutschland seine Ruhe habe. Dass nicht nur das italienische Militär mitmischt, sondern auch das deutsche Innenministerium stillschweigend zusieht, ist fast schon eine logische Konsequenz. Für die moralisch integre Prohacek eine Zerreißprobe, die ihr sichtlich viel abverlangt. Senta Berger versteht es, die Entschlossenheit und gleichzeitige Verzweiflung ihrer Figur überzeugend umzusetzen.

Der Mordfall, wegen dem sie eigentlich ermittelt, gerät angesichts der Methoden, mit denen man sich der Flüchtlinge entledigt, schnell in den Hintergrund. Bei der Aufklärung helfen ausgerechnet jene, die am meisten darunter leiden. Ein trauriges Szenario, das neben der europäischen Flüchtlingspolitik auch die moralische Verpflichtung des Einzelnen in Frage stellt. Clever und mit eindringlichen Bildern inszeniert, hat dieser Film etwas verstörend Dokumentarisches.

Das ist Regisseurin Aelrun Goette zu verdanken, die für ihren Dokumentarfilm Die Kinder sind tot mehrfach ausgezeichnet wurde. Ihr ist mit Unter Verdacht: Elegante Lösung ein einfühlsamer Politkrimi gelungen, der nicht nur Prohacek, sondern auch den Zuschauer ob der Schwere des Problems ratlos zurücklässt.

Bestes Zitat: «Wenn das hier nicht die Mafia ist, dann halt die Camorra.» (André Langner)

Titel: Unter Verdacht: Elegante Lösung
Regie: Aelrun Goette
Darsteller: Senta Berger, Rudolf Krause, Gerd Anthoff, Leonardo Nigro, Emilio de Marchi
Sendetermin: Freitag, 4. November 2011, 20.15 Uhr, Arte sowie Sonntag, 13. November 2011, 20.15 Uhr, ZDF

Quelle:
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«Unter Verdacht» – Tödlicher Flüchtlingsstrom

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Tags: Aelrun Goette, Emilio de Marchi, Flüchtlingsstrom, Gerd Anthoff, Leonardo Nigro, Rudolf Krause, Senta Berger, Unter Verdacht: Elegante Lösung

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