Tödlich lärmende Höhenflüge

Sie kam, sah und landete zuvor. Sprach hernach einige bereitgelegte Worte, schwadronierte um die "wirtschaftlichen Höhenflüge", die die neue Landebahn des Frankfurter Flughafens einleiten würde und verschwand. Im Lärm bleiben die zurück, die seit Jahren gegen eben diesen Lärm Widerstand leisten und damit auch um ihr Leben kämpfen.

Tödliche Gefahr

Von 10.000 Einwohnern Nordrhein-Westfalens stirbt nicht mal einer durch einen Verkehrsunfall - aber fast drei Einwohner sterben an den Folgen von Verkehrslärm. Diese Studie mag exemplarisch sein. Lärm ist ein tödlicher Stressor. Das wird in Kauf genommen. Wirtschaftliche Höhenflüge kümmern die Gesellschaft mehr. Filigran ausgetüffelte Maschen verkünden im schönsten Neusprech, dass die an Flughäfen angrenzenden Lärm-Kommunen Profiteure sind. Materielle Gewinner natürlich. Keine gesundheitlichen möglicherweise - aber Gesundheit ist eine Größe, mit der die neoliberale Krämergesinnung nicht rechnen kann. Wie addiert man denn Sachkomplexe, die als einzigen Gewinn Wohlbefinden aufweisen. Unpekuniäre Gewinne können nicht verbucht werden. Gesundheit wird ohnehin überbewertet.

Seit Jahrzehnten kämpfen Anrainer-Kommunen gegen die Expansion des Fluglärms. Anwohner gegen Straßenbauprojekte und Schienenplanungen, die sie in die Lärmhölle versetzen sollen. Letztlich bleibt der Gang zum Arzt, der Herzinfarkt, Bluthochdruck und Schlafstörungen diagnostiziert. Während die Unternehmen, die durch die umgesetzten Verkehrsplanungen wider den Anrainer-Interessen, Gewinne einstreichen, sozialisieren sie die Behandlungskosten für die Patienten, die am Wegesrand zurückbleiben. Teuer bezahlte wirtschaftliche Höhenflüge sind das, die die Kanzlerin da in Aussicht stellt.

Sprachrohre einer dekadenten Ideologie

Letztlich unterstreicht die Kanzlerin nur, wie sehr sie vom Neoliberalismus gegerbt ist. Die amtierende Staatsideologie arbeitet nach diesem Prinzip. Jede Planung, jedes neue Konzept, jeder Neubau, jede Neuinbetriebnahme, jede Neuanschaffung wird nach unmittelbaren Kosten und direkten Nutzen überprüft, die indirekten Kosten aber, die Schäden an Mensch und Natur - wobei man die Natur noch bewusster schützt als den Menschen! -, die klammert man aus. Es sind ja Sozialkassen da, auf denen sich der private Gewinn ausruhen kann. Deshalb ist alles "wirtschaftlicher Höhenflug", auch wenn er ein gesundheitlicher Untergang ist.

Die Sprachrohre dieser dekadenten Ideologie, die flugs auf der Bildfläche erscheinen, wenn es etwas einzuweihen gilt, vor den Folgen aber ganz schnell wieder flüchten, müssen sich fragen lassen, ob sie die gewählten Vertreter des Kapitals oder des Volkes sind. Da sie immer dort auftreten, scheint die Antwort ohnedies gegeben. Und sie müssen sich fragen lassen, inwiefern sie nicht nur am Niedergang des Gemeinsinns schuldig sind, den sich als Sprachrohr ihrer Geldgeber, fröhlich tolerieren. Gegen den Widerstand von Anwohnern Lärmbauprojekte feierlich einweihen, die gesundheitliche Gefährdung der Menschen in unmittelbarer Nähe zu ignorieren: Trägt man da als verantwortliche Person in der Politik nicht auch Mitschuld daran, wenn es infarktet und Blut hochdrückt, was letztlich sogar zum Tode führen kann? Knapper gefragt: Macht der neoliberale Profit-Totalitarismus die Politik nicht gewissermaßen mitschuldig am Tod von Menschen?


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