Laut dem Gesetz ist es verboten inhumane Hinrichtungsarten zu praktizieren, selbst in Texas. Dazu gehören eigentlich auch Scheinhinrichtungen, bei denen der Todeskandidat zur Hinrichtungsstätte geführt wird, die Absolution durch einen Geistlichen erhält und die Zeugen bereits hinter dem Vorhang warten. Diese psychisch grausame und würdelose Prozedur musste Cleve Foster schon zweimal im texanischen Gefängnis Huntsville über sich ergehen lassen. Zweimal ordnete der oberste Gerichtshof der USA eine Verschiebung der Hinrichtung in letzter Sekunde an. Am heutigen Dienstag wird der wegen Entführung und Tötung einer Frau verurteilte Todeskandidat zum dritten mal in die Hinrichtungs-kammer geführt.
Foster ist ein Todeskandidat, ein Verurteilter, dem die Justiz übel mitgespielt hat. Es ist weltweit bekannt, dass die US Justiz alles andere als fair und gerecht ist. Beweise werden häufig nicht anerkannt oder schlicht ignoriert, Verfahrensfehler sind an der tagesordnung udn das recht selbst scheint eher dem finanziell Potenten sicher zu sein, als zum Beispiel einem armen Farbigen. Im Zweifelsfall für den Tod. eher sollen 10 Unschuldige hingerichtet werden, als dass ein Schuldiger der gerechten Strafe entkommt. Wie im Mittelalter scheint man wohl auf die Gnade Gottes zu vertrauen, der Unschuldige ins Himmelreich verfrachtet, wenn dieser nur richtig an die einzig wahre Religion glaubt.
Cleve Foster soll vor zehn Jahren an der Entführung und Tötung einer 30-Jährigen bei Fort Worth beteiligt gewesen sein. 10 Jahre Wartezeit. Alleine das lange Verharren zwischen Leben und Tod ist eine Folter. Zweimal in den vergangenen anderthalb Jahren stand der 48-Jährige kurz davor, durch eine Stahltür in die Hinrichtungskammer geführt zu werden.Das erste Mal sollte er im Januar 2011 sterben, sein zweiter Hinrichtungstermin war für den vergangenen September angesetzt!
In beiden Fällen ordnete der Oberste Gerichtshof der USA in letzter Sekunde an, die Hinrichtung zu verschieben, was man als einen Erfolg für Fosters Anwälte sehen kann, aber gleichzeitig ein Indiz für den unmenschlichen Zynismus des Justiz Systems. Die Bevölkerung selbst schein aber alles in bester Ordnung zu finden. Wenige demonstrieren gegen die Todesstrafe. “Wenn du einen texaner tötest, dann wird der texanische Staat dich töten!” Diesen Ausspruch hört man häufig im Staat des Öles und der Rindviecher.
Und Foster? Welche Unwägbarkeiten des Systems kann ihn retten? Beim ersten Mal stimmte das Gericht zu, einen Antrag erneut zu überprüfen. Darin argumentierten die Verteidiger, ihr Mandant sei unschuldig und während seines Verfahrens juristisch schlecht beraten worden. Beim zweiten Mal ließ das Gericht die Hinrichtung verschieben, weil es mehr Zeit haben wollte, um über den einen Antrag Fosters zu befinden, zu dem Fall eine neue Anhörung anzusetzen. Verfahrensfragen. Bürokratie. Nichts weiter. Das Leben in Texas ist nichts wert, genausowenig wie Gerechtigkeit.
Nun istwieder ein neuer Termin ür den Tod angesetzt: Am Dienstag soll Foster durch die Stahltür gehen.
Er arbeitete früher einmal für die Armee, als Werber. Seine Aufgabe war es, Rekruten anzuwerben. Die anderen Insassen des Todestraktes nennen ihn “Sarge”. Das ist eine Kurzform von “Sergeant”. Foster bezeichnet sich als unschuldig – diese Botschaft versucht er auch auf einer Website zu verbreiten. Laut Staatsanwaltschaft verbinden ihn allerdings DNA-Spuren mit der Tat; zudem soll Foster bei Befragungen unterschiedliche Versionen seiner Geschichte erzählt haben. Ja, vielleicht ist er tatsächlich schuldig. Aber gibt es eine Gewissheit dafür? Wenn es um die Todesstrafe geht, darum, dass ein übersehenes Indiz einen Unschuldigen in die Kammer bringt, sind Kompromisse in der Beweisführung und Toleranzen bei den Indizien keineswegs zulässig – sollte man meinen. Alleine aus diesem Grund ist die Todesstrafe für einen klar denkenden und aufgeklärten Menschen nicht akzeptabel.
“Ich möchte nicht überheblich erscheinen, aber ich habe Vertrauen in meinen Rechtsbeistand und Vertrauen in meinen Gott”, sagt Foster. Wird ihn das weiterhelfen?
Foster weiß genau, was am Dienstag auf ihn zukommen wird. Um exakt zwölf Uhr wird eine vierstündige Besuchszeit enden, bei der er sich von Freunden und Verwandten verabschieden kann. “Die Uhr schlägt zwölf. Ein Dutzend Wachen eskortieren dich”, sagt Foster. “Du trägst Handschellen, Fußfesseln, sie geben dir Stoffschlappen, du musst watscheln, damit du sie anbehältst” Sein letzter Weg führt ihn an den Zellen anderer Todeskandidaten vorbei, die ihn mit Klopfen gegen die Zellenscheiben verabschieden.
Am Gefängnistor wird ein Wagen auf Foster warten. Die Fahrt vom Gefängnis in Livinston, wo die Todeskandidaten untergebracht sind, bis nach Huntsville, wo die Exekutionen vollzogen werden, dauert knapp eine Stunde. Foster kann zum etzten Male einen Blick nach draußen werfen, Natur sehen: Gras, Büsche, Bäume. Seit fast einem Jahrhundert werden in Huntsville Menschen hingerichtet. Von 1924 bis 1964 kamen 361 Personen auf den elektrischen Stuhl. Seither wurden 485 Menschen durch eine tödliche Injektion hingerichtet. Das ist trauriger Rekord in den USA. Texas ist ein rachsüchtiger Killerstaat ohne menschliche Würde. Zivilisiert ist dieser Staat nicht.
In Huntsville muss der Verurteilte am Tag der Hinrichtung meist für etwa vier Stunden in einer winzigen Zelle warten, die nur wenige Schritte von der Stahltür der Exekutionskammer entfernt ist. Dann gibt es die Henkersmahlzeit. Foster hatte das letzte mal Hühnchen, sogar gut gewürzt, wie er sagte. Er erwartet keinen weiteren Aufschub mehr. Die Grenzen seiner Leidensfähigkeit sind längst erreicht und überschritten. Er sehnt sich nach der letzten Henkersmahlzeit. Vielleicht ja wieder Hühnchen, wie gewohnt.
so long humanicum