Tod zwischen den Zeilen
Commissario Brunettis dreiundzwanzigster Fall
Donna Leon
Diogenes, 2015
978-3257069297
24,00 €
Brunetti? Wer ist das eigentlich? Ich wusste schon lange, dass es diese Krimis gibt. Altweiberkram. Dreiundzwanzig Fälle soll irgendwer gelesen haben ohne Pause?
Was für ein Vorurteil! Ich nehme alles zurück, was habe ich verpasst! Brunetti ist ein leichter Ermittler mit dem der Leser sofort Freundschaft schließen kann. Ich kann euch leider nicht sagen, ob Brunetti am Anfang seines Werdegangs völlig anders war. Aber jetzt wirkt er frei und folgt seinem Herzen. Er will den Frühling spüren, dann geht er raus. Einen Kaffee trinken mit Bekannten? Dann macht er das. Es ist alles so wenig gestellt und so wenig verwirrend, dass ich es einfach mögen muss.
Seine Familie ist auch sehr süß, obwohl die Auftritte sehr kurz sind. Sie diskutieren über den Fall, trinken zusammen einen Wein und gehen bei Schwiegermama Wein trinken. Sehr sympathisch!
Ich bin das erste Mal mit Brunetti in Venedig. Ich mag seine Liebe zur Stadt, zu den Brücken und den Wassertaxis. Aus seinen Augen wirkt es nicht wie eine Touristenfalle oder eine heruntergewirtschaftete Stadt. Es wirkt wie sein Leben, etwas, was er sehr gerne mag. Dieses Gefühl teilt er mit dem Leser.
Es werden Seiten herausgerissen, Bücher geklaut und das ohne Skrupel. Es gibt zwar keine Leiche, aber Brunetti beschäftigt sich trotzdem mit dem Fall. Immerhin hat er vor Jahren auch die Bibliothek besucht und erinnert sich an die ordentlichen und alten Bücher. Welche wurden verschandelt, welche gestohlen? Und warum hat es keiner gemerkt?
Als eine Leiche auftaucht, wird dem Leser bewusst, dass da ein bisschen mehr dahinter steckt. Ich finde es schön, dass die Leiche nicht ausgeweidet wird. Damit meine ich, dass sie nur ganz kurz beschrieben ist und alle Ermittler: von Brunetti bis zur Spurenermittlung mit sehr viel Anstand an die Sache herangehen. Zudem werden die Methoden nicht übermäßig erklärt. Auch sehr sympathisch, denn manchmal blähen solche Erklärung ein Buch nur unnötig auf.
Brunetti stellt gezielte Fragen, redet mit den Menschen und ist am Ende fast ein wenig zu weich. Trotzdem habe ich ihn auf Anhieb in mein Leserherz geschlossen. Ich habe die ersten fünf Fälle bei Tauschticket getauscht, damit ich beurteilen kann, ob Brunetti sich verändert hat. Außerdem kommt dieses Jahr noch Fall vierundzwanzig. Ein Fest für mich und alle angestammten Leser von Donna Leon.
Wenn der dreiundzwanzigste Fall vor der Tür steht, muss noch was am Äußeren geändert werden? Nein. Das Bild ändert sich, aber es bleibt immer erkennbar ein Donna Leon Krimi – und das ist gut so.
ICH.BIN.BEGEISTERT. So ein Mann hat Großbuchstaben verdient. Es war nicht blutig, es war nicht aufregend – aber ich habe jedes Wort geliebt. Wie Brunetti mit den Menschen umgeht, mit den Büchern und seiner Einstellung zum Leben, hat mich einfach nur glücklich gemacht.