Die junge Kelly Rich ist nach ihrer Scheidung nach New York gezogen, um dort ein neues Leben anzufangen. Nun lebt sie in einem Ein-Zimmer-Appartement und arbeitet mit dem Kameramann Josh an einer Dokumentationsserie über Menschen in schwierigen Lebenslagen. Kelly fühlt sich allerdings schon länger nicht gut und Josh beginnt sich Sorgen zu machen. Dann geht irgendwie alles schief: Nach einem Drehtag, an dem die Videobänder unerklärlicherweise hinüber sind, erhält Kelly einen merkwürdigen Anruf aus ihrer längst vergessenen Vergangenheit, der sie nach Hause ruft. In die Residenz. Denn ihre Schwester Becky ist überfallen und verletzt worden und anscheinend kann ihr nur geholfen werden, indem Kelly die Barriere in ihrem Kopf durchbricht und die Erinnerungen wieder in ihren Verstand lässt. Doch was ist damals so Furchtbares passiert, das Kelly nur mit Vergessen bewältigen konnte?
Was für ein Buch! Ich hatte mal wieder ein sehr glückliches Händchen bei meiner Buchauswahl, denn Robert Malfis „Tod in Neverland“ hat mich geradezu an die knapp über 500 Seiten gefesselt. Ich lese sehr gerne Bücher mit vielen Seiten, denn nur hier haben Charaktere wirklich Platz sich zu entfalten und Welten die Zeit sich zu entwickeln und „wirklich“ zu werden. Ich habe mich sehr schnell mit Kelly identifizieren können und bin ihr in ihre düstere Vergangenheit in der Ortschaft Spires gefolgt. Ich habe die Düsternis genossen, die an dem Ort ihrer Kindheit geherrscht hat. Der Autor hat hier wirklich gekonnt mit Ängsten gespielt und jeder der Protagonisten hatte seine eigenen Ängste, die vielfältig zum Ausdruck kamen. Ob es nun Alltagsängste, oder Ängste eines werdenden Vaters waren, Angst vor dem Tod oder sehr tief vergrabene Ängste, alle konnte ich nachvollziehen und sogar fast fühlen. Einzig und allein während des „finalen Kampfes“ taucht ein Detail auf, das ich zwar nachvollziehen kann, aber zu kurz und zu knapp abgehandelt wird, ohne dass es vorher irgendwelche Hinweise darauf gab. Darüber kann ich aber sehr gut hinwegsehen.
Robert Malfis Schreibstil wird als poetisch angepriesen, aber ich finde, das ist so nicht ganz richtig. Der Autor schreibt sehr gefühlvoll, sehr bildlich, zeichnet oft sehr schreckliche Situationen, aber Poesie konnte ich in seinen Worten nicht entdecken. Dafür sind sie spätestens ab dem Zeitpunkt, an dem Kelly nach Spires in ihr Elternhaus zurückkehrt einfach nur noch spannend, atemberaubend und nervenaufreibend. Das Buch gliedert sich in drei Teile und 30 Kapitel, sowie einen Pro- und einen Epilog. Der Erste Teil bildet sozusagen die Einführung und spielt in New York, während die weiteren Teile hauptsächlich in Kellys Heimatort angesiedelt sind und sich mit der Suche nach ihr selbst beschäftigen Ab da teilt sich der Erzählstrang in den Kellys und weitere von Dr. Mendes und Josh. Hier wird eine Spannung aufgebaut, die wirklich an den Nerven zerrt!
Die Charaktere sind sehr stark ausgearbeitet mit tiefen Charakterzügen ausgestattet. Natürlich ist Kelly als Hauptperson am ausgereiftesten. Sie schleppt seit Jahren etwas mit sich herum, das sie selbst nicht zu benennen weiß, an das sie sich einfach nicht erinnern kann. Und das zerrt natürlich an den Nerven und der Konstitution der jungen Frau. Josh ist witzig und Kelly sehr dankbar, dabei weiß sie nicht mal, dass sie ihn wohl vor seiner eigenen Vergangenheit gerettet hat. Er und die alte Nellie Worthridge sind besorgt um sie. Dr. Mendes glaubt als Arzt eigentlich nur an das, was er sieht, nur bei Gott macht er eine Ausnahme. Die Charaktere sind so angelegt, dass sie sich im Laufe der Handlung entwickeln und dass man jede Entscheidung nachvollziehen kann, so absurd sie auch erscheinen mag.
Die großformatige Klappenbroschur hat ein ganz tolles Cover bekommen, wie ich finde! Es ist ganz in Purpur und Schwarz gehalten, nur der Titel sticht weiß und erhaben daraus hervor. Man sieht auf dem Bild eine dunkle verschwommene Gestalt inmitten lauter dunkler Bäume, die eine wichtige Rolle in diesem Buch spielen.
„Tod in Neverland“ hat mich mit seiner spannenden und klugen Story bis ganz zum Schluss in Atem gehalten und durch die mystischen Elemente, die gegen Ende eingeflossen sind, wurde dieses Buch zu einem sehr guten Mistery-Thriller, den ich nur zu gerne weiterempfehlen möchte!
Tod in Neverland
von Ronald MalfiBroschiert: 509 Seiten Verlag: Otherworld (Januar 2011) Sprache: Deutsch ISBN-10: 3800095378 ISBN-13: 978-3800095377 Originaltitel: The Fall of Never
Rezension vom 04.05.2011
Ich bedanke mich herzlich bei