LEAN und SIX SIGMA gehören zweifelsfrei zu den wirkungsvollsten Managementmethoden. Dabei verfolgen sie unterschiedliche Ziele:
Beide Methoden helfen Probleme auf der Ebene von Prozessen zu lösen.
Doch wie sieht es mit der Einführung und Umsetzung einer oder aller Methoden in Unternehmen aus? Dazu ein paar Gedanken und Impressionen aus den letzten Wochen:
1. In dem Artikel "Praxistauglich: Lean Management im Mittelstand", berichtet Michael Ladi (P3-Ingenieurgesellschaft) von einer gemeinsam mit dem Arbeitswissenschaftlichen Institut Bremen (AIB) durchgeführten Umfrage zum Lean Management im Mittelstand. Er sagt: "Wir haben einige Erfahrungen mit Lean Management-Projekten in großen Betrieben gemacht, die unternehmensweite Effizienzprogramme auflegten. Dabei haben viele gute Ansätze durch grundlegende Schwierigkeiten in der Unternehmenskultur großer Konzerne an Schwung verloren, z.B. durch die Distanz zwischen Top-Management und operativer Ebene.
In Projekten bei kleineren Unternehmen tauchten diese Probleme dagegen kaum auf, da die Geschäftsführung in der Regel einen engen Kontakt zur operativen Ebene pflegt und die Mitarbeiter offener gegenüber Verbesserungsvorschlägen sind. Allerdings kommt es bei mittelständischen Unternehmen meist gar nicht zur Anwendung von Lean Management, da sie es für einen aufwendigen und kaum umsetzbaren Aufwand halten..."[1].
2. Guido Bacharach veröffentlichte unlängs einen Blog-Beitrag mit dem Titel "Critical-Chain-Project-Management (CCPM) – Eine Antwort zur Herausforderung des Multiprojektmanagements – und warum sie so wenig gehört wird"[2]. Das CCPM ist eine Anwendungslösung der TOC - Theory of Constraints und findet trotz beeindruckender Umsetzungsergebnisse - auch in Deutschland - noch nicht die gebührende Verbreitung. Der Autor führt in seinem Beitrag Gründe dafür auf, warum CCPM noch immer nicht zum Standard geworden ist.
3. Die renommierte Zeitschrift QZ (Qualität und Zuverlässigkeit) stellt in seiner September-Ausgabe die Frage "Zieht sich Six Sigma aus Deutschland zurück?". Nur noch 1/7 der Unternehmen nutzt die Methodik in Gänze; dreimal weniger als im Krisenjahr 2009 [3].
Ergänzend noch ein paar Beobachtungen aus Gesprächen mit Unternehmen:
4. Ein Automobilzulieferer führte im Krisenjahr 2009 Six Sigma ein. Die Ressourcen standen wegen Kurzarbeit in ausreichendem Umfang zur Verfügung. Ein paar grüne und schwarze Gürtelträger waren schnell ausgebildet. Es folgten ein paar Verbesserungsprojekte zur Kostenreduzierung. Heute bedarf es umständlicher Genehmigungen durch das Management, um überhaupt noch irgendein Verbesserungsprojekt zu starten. Aus Sicht der Führungsmannschaft waren alle "low hanging fruits" aufgesammelt, und außerdem hatte die wieder anziehende Konjunktur mit ausreichend Aufträgen keine weiteren Maßnahmen erforderlich gemacht. Eine kontinuierliche Verbesserung ist nicht einmal gewünscht.
5. Ein anderer Gesprächspartner - ebenfalls Automobilzulieferer - machte es anders. Schon vor der Krise 2009 beschäftigte man sich mit Lean Six Sigma, also einer Kombination der oben genannten Verbesserungsmethodiken. Ein jeweils kleines Team mit Lean Experten und eines mit Six Sigma Experten löst hier jedes Problem durch intensive Bearbeitung. Ungeachtet dessen, ob das jeweilige Verbesserungsprojekt überhaupt sinnvoll ist und ob es auch zu einer realen Verbesserung des gesamten Unternehmens führt. Wegen guter Auftragslage ist derzeit auch niemand an den Projektkosten interessiert. Hier wird optimiert was das Zeug hält. Schade nur, dass einige Maßnahmen dennoch im Sande verlaufen und was noch viel schlimmer ist, zu Konflikten im Unternehmen führen.
Die Aufstellung kann sicherlich noch erweitert werden, jedoch
Was tun mit diesen Erkenntnissen?
Es gibt einen Mangel an Akzeptanz. Für mehr Akzeptanz bedarf es möglicherweise einer anderen Vorgehensweise und die gibt es zum Glück:
Erfreulicherweise gibt es in größeren Unternehmungen einen Trend, bei dem sich das Top-Management einige wenige Experten leistet, die wie ein Coach zwischen Management und operativer Ebene die erforderliche Kommunikation in beide Richtungen vollziehen. Außerdem dürfen/sollen sie das Management bei der Strategieentwicklung und -umsetzung von nachhaltigen Verbesserungsprojekten unterstützen und sie an die Notwendigkeit erinnern.
Gerade kleine und mittelständische Unternehmen sind aufgrund notorisch knapper Ressourcen gut beraten, wenn sie Verbesserungsmethodiken nicht nach dem Gießkannenprinzip einführen. Der Ratschlag eines TOC-Experten sollte dazu führen, dass fokussiert auf das gesamte Unternehmen, der oder die einschränkenden Engpässe identifiziert und gemanagt werden. Merke: Engpässe (Constraints) sind nichts schlechtes! Zunächst kann dann an diesen Stellen mittels TOC, Lean und oder Sig Sigma Tools fokussiert gearbeitet werden, um eine rasche Durchsatzverbesserung zu erzielen. Andere Bereiche können ggf. in weiteren Schritten folgen, allerdings darf eine Organisation dadurch nie überfordert werden.
Gibt es andere Gründe die gegen Verbesserungsprojekte sprechen ?
Trotz aller bisherigen Erklärungen bleiben Fragen nach dem Warum nicht? Warum werden die Projekte nicht nachhaltig umgesetzt, obwohl Potential brachliegt? Warum sterben soviele Verbesserungsansätze? Warum gibt es soviel Widerstand auf operativer Ebene und auch auf Managementebene?
Jüngste Forschungsergebnisse aus der Psychologie und Kreativitätsforschung können vielleicht Antworten geben. Doch dazu beim nächsten Mal mehr
Ihr
Jürgen Kanz
www.juergen-kanz.de
Quellen:
[1] Praxistauglich: Lean Management im Mittelstand, Michael Ladi und Julia Schlingmann, vdi-nachrichten, 30.09.11, Nr. 39, Seite 18
[2] Critical-Chain-Project-Management (CCPM) – Eine Antwort zur Herausforderung des Multiprojektmanagements – und warum sie so wenig gehört wird", Guido Bacharach, toc4u.de, 15.11.11, http://www.toc4u.de/de/2011-11-15/Critical-Chain-Project-Management-%28CCPM%29-%E2%80%93-Eine-Antwort-zur-%E2%80%A6
[3] Six Sigma auf dem Rückzug !, QZ Jahrgang 56 (2011) 9, http://www.qm-infocenter.de/qm/tools/download.asp?id=7266
- Lean strebt eine Vereinfachung der Prozesse (Abläufe) in Unternehmen an, reduziert Verschwendung in unterschiedlichster Form und erhöht die Durchflussgeschwindigkeit von Material oder Information.
Bild: David Niblack
- Six Sigma ermöglicht kontrollierte Prozesse. Verbessert die Qualität und reduziert Variation.
Beide Methoden helfen Probleme auf der Ebene von Prozessen zu lösen.
- Die Kraft der TOC-Theory of Constraints (Engpasstheorie) wird häufig noch verkannt und diese Managementphilosophie ist auch heute noch weniger bekannt, als die beiden zuvor genannten Verbesserungsmethoden. Sie setzt auf der Systemebene an und bietet nachweislich Vorteile durch eine vollkommene Ausrichtung des Unternehmens, fokussierte Verbesserung auf der ganzheitlichen Systemebene und schnelle Ergebnisse.
Doch wie sieht es mit der Einführung und Umsetzung einer oder aller Methoden in Unternehmen aus? Dazu ein paar Gedanken und Impressionen aus den letzten Wochen:
1. In dem Artikel "Praxistauglich: Lean Management im Mittelstand", berichtet Michael Ladi (P3-Ingenieurgesellschaft) von einer gemeinsam mit dem Arbeitswissenschaftlichen Institut Bremen (AIB) durchgeführten Umfrage zum Lean Management im Mittelstand. Er sagt: "Wir haben einige Erfahrungen mit Lean Management-Projekten in großen Betrieben gemacht, die unternehmensweite Effizienzprogramme auflegten. Dabei haben viele gute Ansätze durch grundlegende Schwierigkeiten in der Unternehmenskultur großer Konzerne an Schwung verloren, z.B. durch die Distanz zwischen Top-Management und operativer Ebene.
In Projekten bei kleineren Unternehmen tauchten diese Probleme dagegen kaum auf, da die Geschäftsführung in der Regel einen engen Kontakt zur operativen Ebene pflegt und die Mitarbeiter offener gegenüber Verbesserungsvorschlägen sind. Allerdings kommt es bei mittelständischen Unternehmen meist gar nicht zur Anwendung von Lean Management, da sie es für einen aufwendigen und kaum umsetzbaren Aufwand halten..."[1].
2. Guido Bacharach veröffentlichte unlängs einen Blog-Beitrag mit dem Titel "Critical-Chain-Project-Management (CCPM) – Eine Antwort zur Herausforderung des Multiprojektmanagements – und warum sie so wenig gehört wird"[2]. Das CCPM ist eine Anwendungslösung der TOC - Theory of Constraints und findet trotz beeindruckender Umsetzungsergebnisse - auch in Deutschland - noch nicht die gebührende Verbreitung. Der Autor führt in seinem Beitrag Gründe dafür auf, warum CCPM noch immer nicht zum Standard geworden ist.
3. Die renommierte Zeitschrift QZ (Qualität und Zuverlässigkeit) stellt in seiner September-Ausgabe die Frage "Zieht sich Six Sigma aus Deutschland zurück?". Nur noch 1/7 der Unternehmen nutzt die Methodik in Gänze; dreimal weniger als im Krisenjahr 2009 [3].
Ergänzend noch ein paar Beobachtungen aus Gesprächen mit Unternehmen:
4. Ein Automobilzulieferer führte im Krisenjahr 2009 Six Sigma ein. Die Ressourcen standen wegen Kurzarbeit in ausreichendem Umfang zur Verfügung. Ein paar grüne und schwarze Gürtelträger waren schnell ausgebildet. Es folgten ein paar Verbesserungsprojekte zur Kostenreduzierung. Heute bedarf es umständlicher Genehmigungen durch das Management, um überhaupt noch irgendein Verbesserungsprojekt zu starten. Aus Sicht der Führungsmannschaft waren alle "low hanging fruits" aufgesammelt, und außerdem hatte die wieder anziehende Konjunktur mit ausreichend Aufträgen keine weiteren Maßnahmen erforderlich gemacht. Eine kontinuierliche Verbesserung ist nicht einmal gewünscht.
5. Ein anderer Gesprächspartner - ebenfalls Automobilzulieferer - machte es anders. Schon vor der Krise 2009 beschäftigte man sich mit Lean Six Sigma, also einer Kombination der oben genannten Verbesserungsmethodiken. Ein jeweils kleines Team mit Lean Experten und eines mit Six Sigma Experten löst hier jedes Problem durch intensive Bearbeitung. Ungeachtet dessen, ob das jeweilige Verbesserungsprojekt überhaupt sinnvoll ist und ob es auch zu einer realen Verbesserung des gesamten Unternehmens führt. Wegen guter Auftragslage ist derzeit auch niemand an den Projektkosten interessiert. Hier wird optimiert was das Zeug hält. Schade nur, dass einige Maßnahmen dennoch im Sande verlaufen und was noch viel schlimmer ist, zu Konflikten im Unternehmen führen.
Die Aufstellung kann sicherlich noch erweitert werden, jedoch
Was tun mit diesen Erkenntnissen?
Es gibt einen Mangel an Akzeptanz. Für mehr Akzeptanz bedarf es möglicherweise einer anderen Vorgehensweise und die gibt es zum Glück:
Erfreulicherweise gibt es in größeren Unternehmungen einen Trend, bei dem sich das Top-Management einige wenige Experten leistet, die wie ein Coach zwischen Management und operativer Ebene die erforderliche Kommunikation in beide Richtungen vollziehen. Außerdem dürfen/sollen sie das Management bei der Strategieentwicklung und -umsetzung von nachhaltigen Verbesserungsprojekten unterstützen und sie an die Notwendigkeit erinnern.
Gerade kleine und mittelständische Unternehmen sind aufgrund notorisch knapper Ressourcen gut beraten, wenn sie Verbesserungsmethodiken nicht nach dem Gießkannenprinzip einführen. Der Ratschlag eines TOC-Experten sollte dazu führen, dass fokussiert auf das gesamte Unternehmen, der oder die einschränkenden Engpässe identifiziert und gemanagt werden. Merke: Engpässe (Constraints) sind nichts schlechtes! Zunächst kann dann an diesen Stellen mittels TOC, Lean und oder Sig Sigma Tools fokussiert gearbeitet werden, um eine rasche Durchsatzverbesserung zu erzielen. Andere Bereiche können ggf. in weiteren Schritten folgen, allerdings darf eine Organisation dadurch nie überfordert werden.
Gibt es andere Gründe die gegen Verbesserungsprojekte sprechen ?
Trotz aller bisherigen Erklärungen bleiben Fragen nach dem Warum nicht? Warum werden die Projekte nicht nachhaltig umgesetzt, obwohl Potential brachliegt? Warum sterben soviele Verbesserungsansätze? Warum gibt es soviel Widerstand auf operativer Ebene und auch auf Managementebene?
Jüngste Forschungsergebnisse aus der Psychologie und Kreativitätsforschung können vielleicht Antworten geben. Doch dazu beim nächsten Mal mehr
Ihr
Jürgen Kanz
www.juergen-kanz.de
Quellen:
[1] Praxistauglich: Lean Management im Mittelstand, Michael Ladi und Julia Schlingmann, vdi-nachrichten, 30.09.11, Nr. 39, Seite 18
[2] Critical-Chain-Project-Management (CCPM) – Eine Antwort zur Herausforderung des Multiprojektmanagements – und warum sie so wenig gehört wird", Guido Bacharach, toc4u.de, 15.11.11, http://www.toc4u.de/de/2011-11-15/Critical-Chain-Project-Management-%28CCPM%29-%E2%80%93-Eine-Antwort-zur-%E2%80%A6
[3] Six Sigma auf dem Rückzug !, QZ Jahrgang 56 (2011) 9, http://www.qm-infocenter.de/qm/tools/download.asp?id=7266