“To The Wonder” von Terence Malick

Erstellt am 2. Juni 2013 von Denis Sasse @filmtogo

© STUDIOCANAL GmbH Filmverleih / Ben Affleck und Olga Kurylenko in “To The Wonder”.

„There will be many who find „To The Wonder“ elusive and too effervescent. They’ll be dissatisfied by a film that would rather evoke than supply.” Das sind die geschriebenen Worte des US-Filmkritikers Roger Ebert, eine Legende im Business, dessen letzte Filmkritik zu Terrence Malicks „To The Wonder“ am 6. April dieses Jahres, zwei Tage nach seinem Tod veröffentlicht wurde. Und auch wenn er mit diesem Satz vermutlich Recht behält, es viele Geister geben wird, die den Film nicht fassbar finden werden, einen Film zu Gesicht bekommen, der nur andeutet, nicht abliefert, so war Ebert selbst mit einer Wertung von viereinhalb von fünf Sternen doch durchaus zufrieden mit dem neuesten Werk von Malick, dem Regisseur, der nach seinem Film „The New World“ ganze sechs Jahre benötigte bis er sich 2011 mit „The Tree Of Life“ der Entstehung des Universums widmete. Offenbar hat der ‘Tree Of Life’ auch dem 1943 in Illinois geborenen Regisseur neues Leben eingehaucht. Neben „To The Wonder“ befinden sich ganze drei weitere Projekte in der Postproduktion, mit dem Vorhaben sie bis 2014 alle noch das Licht der Welt erblicken zu lassen.

Jetzt aber erst einmal „To The Wonder“, der Film der bereits im Vorfeld für Furore sorgte, da aus einem groß angelegten Ensemble die Szenen von Jessica Chastain, Rachel Weisz, Amanda Peet, Barry Pepper und Michael Sheen allesamt nicht im finalen Film vorzufinden sind. Malick bleibt ein Minimalist, ein skrupelloser Schnittmeister, oder aber ein grandioses Genie in der Planung von Bonusmaterialien für den Heimvideomarkt. So oder so dürfen sich die restlichen Schauspieler darüber freuen, nicht allesamt den philosophischen Bilderwelten Malicks zum Opfer gefallen zu sein. Denn auch wenn Ben Affleck und Olga Kurylenko Hauptakteure in „To The Wonder“ sind, die von Javier Bardem und Rachel McAdams unterstützt werden, sind es doch immer wieder die Bilder, die die eigentlichen Sehenswürdigkeiten in Malick-Filmen ausmachen.

JAvier Bardem

Mit diesen Bildern erzählt er hintergründig die Geschichte des Amerikaners Neil (Affleck), der sich in die Französin Marina (Kurylenko) verliebt hat. Sie sind sich sicher, dass es die Liebe ihres Lebens ist, wie sie bei einem Besuch auf der französischen Felseninsel Mont Saint Michel, von ihnen ‚Wonder‘ genannt, feststellen. Die beiden lieben sich so sehr, dass Marina mit ihrer Tochter von Paris in eine Kleinstadt in Oklahoma zu Neil umzieht. Doch der Alltag holt das verträumt liebende Pärchen ein. Neil hat Stress auf der Arbeit, selbst der familiär durchgeführte Gang in den Supermarkt verkommt zur öden Tristesse, geplagt von den ewigen Nachfragen der kleinen Tochter, ob Neil denn nun ihre Mutter bald heiraten und er zu ihrem Stiefvater werden würde. Währenddessen hat Marina Heimweh, fühlt sich fremd und unverstanden in einer Umgebung, in der sie immer mehr die Liebe ihres einstigen Traumpartners suchen muss. Um Hilfe bemüht wendet sie sich an den katholischen Pater Quintana (Bardem), der sich allerdings selbst Zweifeln gegenüber sieht. Denn auch er stellt sich die Frage, ob es die ewig währende Liebe überhaupt gibt. Als Marina beschließt mit ihrer Tochter zurück nach Frankreich zu gehen, beginnt Neil eine Affäre mit einer Jugendbekanntschaft (McAdams). Aber der Gedanke an die große Liebe lässt weder Neil noch Marina wieder los.

Das Bild der großen Liebe, es wird aufgebaut und wieder zerstört. „Du brachtest mich zurück ins Leben“ heißt es da von Marina. Gemeint ist die neu gefundene Liebe zu Neil. Eine Neugeburt entstanden durch die zueinander empfundene Liebe. „Liebe vereint uns“ folgt nur wenig später, bevor ein Taufbecken die Neugeburt auch noch auf der Bildebene symbolisiert. Aber eine solche Liebe kann auch zu Ende gehen. Malick scheut sich nicht davor, den kompletten Lebens, bzw. Liebeszyklus zu zeigen. Wenn er sich in „Tree Of Life“ einmal um das ganze Universum gedreht hat, so ist es hier viel kleiner, dennoch präsent: der Kreislauf des Lebens, der Beginn und das Ende der Liebe.

Verliebt zeigt sich auch die Kamera in Olga Kurylenko. Sie umschwärmt die Darstellerin, die immer wieder nicht nur in einen Mann, sondern in das Leben verliebt scheint. Dort tänzelt sie umher, mal hier mal dort, immer mit einem wehenden Kleid, dass sie zu einem kleinen Mädchen werden lässt. Mit breitem Grinsen ist sie eine Genießerin. Dem Zuschauer wird die Freude packen, dieser Frau bei ihren verspielten Bewegungen zuzusehen. Das geschieht immer inmitten der Sonne, die diese Frohnatur unterstreicht, aber auch noch darüber hinaus wirksam wird. Viele Szenerien und Bilder hat Malick im Gegenlicht der Sonne filmen lassen. Es ist schon fast so penetrant – aber schön – wie der Einsatz der Lichtblenden bei den Filmen von J. J. Abrams, wo das Ganze jedoch hoch gekünstelt wirkt, während Malick uns die natürliche Schönheit vorführt.

Ben Affleck mit Rachel McAdams

Der Regisseur bietet uns Bilder, die man immer wieder losgelöst von der Geschichte einfach nur betrachten kann und möchte. Malick ist einer dieser Filmemacher, es gibt nicht mehr viele von ihnen, die begriffen haben, dass die Kraft nicht immer in den Worten liegt. Er kommt ohne zahlreiche Dialoge aus, positioniert sich eher als malerischer Künstler in der Filmwelt. Seine Gemälde erzielen immer eine Wirkung, auch wenn sie dabei oftmals so Bedeutungsschwanger daherkommen, dass wohl niemand von sich behaupten kann, das Gezeigte in seiner Gänze deuten, entschlüsseln oder analysieren zu können. Hierzu ist wohl nur Terrence Malick höchstpersönlich in der Lage.

Die Worte, die der Zuschauer zu hören bekommt, erscheinen meistens aus dem Off, sind als Gedanken der Darsteller gebrandmarkt. Vor allem bei Olga Kurylenko wirkt das wie ein mit bewegten Bildern und Musik unterlegtes Gedicht. Auch hier erscheint Malick als Künstler, nimmt nicht den Film, sondern die Poetik seiner Worte und setzt sie in den Vordergrund. Filmtypische Dinge wie Handlung, Dialoge oder Figurenzeichnung scheinen ihn nicht zu kümmern, er sieht weitaus abstraktere Dinge in seinen Werken.

Der Nachteil an dieser Vorgehensweise ist, dass die Kunst, die hinter Terence Malicks Film steckt, den Zuschauer zu einem reinen Beobachter degradiert. Es ist, als starre man als unwissender Besucher auf ein Gemälde, dass nur durch den Maler selbst entziffert werden kann. Es bleibt die Berührung zurück, die durch das Schönheitsempfinden der Bilder hervorgerufen wird. Den Darstellern und ihren Figuren bringt man jedoch keine Emotionalität entgegen. Und wer sich nicht emotional an eine Identifikationsfigur binden kann, der wird nun mal nicht so tief in das Filmerlebnis mit einbezogen, wie es gemeinhin gewünscht wird.


“To The Wonder“

Originaltitel: To The Wonder
Altersfreigabe: ohne Altersbeschränkung
Produktionsland, Jahr: USA, 2012
Länge: ca. 113 Minuten
Regie: Terence Malick
Darsteller: Ben Affleck, Olga Kurylenko, Rachel McAdams, Javier Bardem

Deutschlandstart: 30. Mai 2013
Im Netz: tothewonder.studiocanal.de