Mit etwas Verspätung, aber jetzt endlich: meine Besprechung der BBC-Miniserien-adaption der drei “To the Ends of the Earth”-Romane von William Golding: Rites of Passage, Closed Quarters und Fire Down Below (wovon Rites of Passage mit dem Man Booker Preis ausgezeichnet wurde). Hab ich primär wegen Benedict Cumberbatch in der Hauptrolle geschaut, passt aber sonst natürlich auch absolut in meine sonstige Filmauswahl: Bei Segelschiffen zur Zeit der napoleonischen Kriege sage ich doch nie nein. Und für Benedict Cumberbatch gibt es auch einen Picspam.
Regisseur: David Attwood
Drehbuch: Tony Basgallop, Leigh Jackson (Vorlage: William Golding)
Darsteller: Benedict Cumberbatch, Jamie Sivers, Jared Harris, Sam Neill, Victoria Hamilton, Daniel Evans, JJ Feild, Niall Macgregor, Joanna Page
Format: 3 x 90 min
Erscheinungsjahr: 2005
STORY
Der junge Aristokrat Edmund Talbot (Benedict Cumberbatch) unternimmt Anfang des 19. Jahrhunderts eine Schiffreise nach Australien, um dort einen Posten in der Regierung anzunehmen. Auf dem Schiff trifft er auf die unterschiedlichsten Personen und tritt schließlich auch eine Reise zur Selbstfindung an…
REVIEW
Verfilmte Romane von Autoren aus dem 20. Jahrhundert, die primär auf Schiffen zur Zeit der napoleonischen Kriege spielen – man könnte To the Ends of the Earth in der Ecke von C.S. Foresters Hornblower-Romanen und Patrick O’Brians Aubrey-Maturin-Reihe vermuten. Tatsächlich geht es aber in eine ganz andere Richtung. Die Hornblower- und Aubrey-Maturin-Geschichten erzählen von heroischen Taten in aufregenden Abenteuern, von gewitzten Helden und gefährlichen Seeschlachten. William Golding interessiert sich dagegen viel eher für die Dynamik von Personen, die so lange Zeit auf so engem Raum zusammenleben – Personen,die wenig heldenhaft sind, und für die Gefahr von den alltäglichsten Dingen ausgeht. Das wirkt dann stellenweise fast wie eine Parodie auf das Forester/O’Brian-Genre, beispielsweise wenn bei einem drohenden Gefecht mit einem französischen Schiff Talbot als Einziger sich eine “Kriegswunde” zuzieht, weil er beim Kanonenausfahren gegen die niedrige Schiffsdecke knallt.
Rites of Passage, der erste Teil, ist der psychologischste und auch der beste der drei Teile. Talbot ist noch unglaublich schnöselig und muss seinen Platz zwischen den restlichen Passagieren und Offizieren finden, und die Handlung dreht sich um den Reverend Colley, der sich die Missgunst des Captains zuzieht, und daraufhin immer tiefer sinkt. Golding untersucht die verschiedenen gesellschaftlichen Klassen, die die Passagiere auf dem Schiff mitbringen und die auch neu entstehen, und auf welche Arten die Menschen mit den neuen Umständen umgehen; menschliche Abgründe, Gewissens- und Schuldfragen .
Close Quarters stellt dann eine Romanze in den Mittelpunkt, aber man kann sichvorstellen, dass Golding hier keine einfach Fluff-Liebelei schildert, sondern das alles ein bisschen konfuser und umständlicher ist. Und Fire Down Below bringt schließlich ein paar typische Seefahrtsprobleme und den Reifungsprozess von Talbot.
Bei allem Drama muss man aber auch betonen, dass die Miniserie auch immer wieder äußerst witzig ist, meist durch die Absurdität von Ereignissen, oder unangemessenes Verhalten von Figuren. Die Geschichte behandelt zwar ernste Themen, nimmt sich dabei aber nicht fürchterlich ernst, sondern macht sich durchaus über so einige Dinge lustig – wie Talbots schon erwähnte Gefechtswunde oder eigentlich die ganze Romanze, die unter Einfluss der Kopfverletzung geschieht. Gut, vielleicht braucht man auch meinen Humor, um über Sequenzen, in denen vor lauter Seegang ständig die über den Tisch schlitternden Bierkrüge aufgefangen werden müssen, solche Kicheranfälle zu bekommen wie ich, aber auch William Golding hat seine Bücher als durchaus witzig bezeichnet, und die Miniserie bringt das auch gut rüber.
Die Verfilmung folgtüberhaupt recht getreu der Vorlage – klar muss man etwas vereinfachen, wenn man über 700 Seiten auf viereinhalb Stunden unterbringen muss, aber die wichtigsten Dinge sind drin, und die Charakterisierungen gut getroffen. Selbstverständlich sind auch die Ausstattung und die Kostüme ganz wunderbar, etwas anderes würde man von der BBC auch nicht erwarten.
In der Cast findet man ebenfalls wie von der BBC gewohnt einige bekannte Gesichter und generell sehr gute Leistungen. Da wäre zu allererst Benedict Cumberbatch, der hervorragend die Balance hält zwischen einerseits schnöselig-arrogantem, ziemlich weltfremden Aristokraten, der erst einmal auf alles und jeden heruntersieht, der aber andererseits auch unser Erzähler und unsere Bezugsfigur ist und der uns trotz seinen ganzen Fehlern doch sympathisch ist.
Daneben haben wir Jamie Sivers als Lt. Summers, der langsam eine Freundschaft zu Talbot aufbaut und einer der wenigen ist, die sich ihm auch mal die Meinung sagen trauen, und Daniel Evans als unglücksvollen Reverend Colley (Beide übrigens auch aus Doctor Who bekannt: Evans als Danny Llewellyn in Christmas Invasion, und Sives als Captain Reynolds in Tooth and Claw). JJ Feild sorgt für ein bisschen Eye-Candy in Uniform und Sam Neill überzeugt, vor allem dann im dritten Teil, als Skeptiker Mr Prettiman.
Alles in allem eine sehr empfehlenswerte Miniserie, mit interessanten Charakterstudien, teils witzig, teils düster und bissig, teils spannend und meist alles auf einmal. Für Cumberbatch- oder Segelschiff-Fans, oder einfach alle, die auf gutes britisches Kostümdrama stehen.
Picspam
Ich find ja Benedict Cumberbatch nur so richtig attraktiv, wenn er dunkle Haare ala Sherlock hat, aber nachdem es da auch gegenteilige Meinungen gibt (und ja auch ich ihn so nicht übel find), gibt es trotzdem einen kleinen Picspam. Für die Aufnahmen von Cumberbatchs Hintern müsst ihr To the Ends of the Earth aber selbst gucken
Darf ich vorstellen: Edmund Talbot, arroganter Schnösel.
Allerdings ist so ein Schiff nicht sein normales Terrain und er muss so einiges einstecken (was man ihm durchaus gönnt). Ich erspar euch mal die ganzen Seekrankheit-Kotzszenen…
Aber er bessert sich. Und macht sich natürlich im Regency-Kostüm sehr gut.
Cumberbatch/Feild-Diskussionen über unanständige Themen.
Melancholisch-nachdenklicher Talbot mit Handporn.
Awww. Armer Edmund. Aber zumindest wird er von fähigen Händen versorgt, das war den ganzen Stress fast schon wert.
Es fällt so klein nicht so richtig auf – aber frisch verliebt und mit dem Jackett sind seine Augen unglaublich strahlend grün…
Alkohol hilft gegen alles: Liebeskummer, Kopfverletzungen, übel schaukelnde und fast auseinanderbrechende Schiffe…
Aww, Talbot und Lt. Summers. Ihre wachsende, aber nicht immer einfache Freundschaft ist einer meiner Lieblingsaspekte in der ganzen Geschichte.
Sieht man ja in Sherlock nicht zu häufig: Entsetzt und fassungslos.
Weheeee! Bouncy bouncy bed!