Titelvereinigung als Hintertür

Von Betker

Vor ein paar Tagen wurde der WBC Weltmeister im Cruisergewicht Krzysztof Wlodarczyk (48 Kämpfe, 45 Siege, 32 durch KO, 2 Niederlagen, 1 Unentschieden) wegen einer Medikamentenvergiftung in ein Krankenhaus seiner Heimatstadt Warschau eingeliefert. Seine beiden Teamkollegen, die auch im Cruisergewicht boxenden Tomasz Hutkowski (22 Kämpfe, 20 Sieg, 14 durch KO, 2 Unentschieden) und Pawel Kolodziej (28 Kämpfe, 28 Siege, 16 durch KO), hatten ihn abends in seiner Wohnung bewusstlos aufgefunden und den Notarzt alarmiert. Wlodarczyk, der in Lebensgefahr schwebte, ist auf dem Weg der Genesung. Dennoch dürfte damit aller Wahrscheinlichkeit nach die für den Herbst geplante Titelvereinigung mit der WBO geplatzt sein.
Natürlich ist jede Titelvereinigung, die nicht stattfindet, ein Schaden für das Boxen. In diesem Fall sehe ich das jedoch anders. Sauerland Event wollte den Titel ihres wichtigsten Hauptkämpfers wohl nicht aus sportlichen Gründen mit einem anderen vereinigen. Muamer Hukic alias Marco Huck (34 Kämpfe, 33 Siege, 24 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) scheint nämlich seit geraumer Zeit zu schwächeln und sein Veranstalter hat wohl Angst, er könnte verlieren. In seinen letzten drei Kämpfen konnte er nicht ein einziges Mal wirklich überzeugen. In seiner Pflichtverteidigung gegen Denis Lebedev am 19.12.2010 in Berlin blieb er nur Weltmeister, weil zwei Punktrichter (Lahcen Oumghar und Manuel Oliver Palomo, ich nenne ihre Namen immer wieder, in der schwachen Hoffnung, sie dadurch hier nie wieder zu sehen) wohl einen anderen Kampf sahen oder gute andere Gründe hatten, den Kampf nicht durch ihre Punktwertung wiederzugeben.
Nach dieser Quasi-Niederlage gönnte man Huck einen leichten Gegner, einen gewissen Ran Nakash, der damals auf Position 25 der unabhängigen Weltrangliste zu finden war. Gegen diesen quälte er sich am 02.04.2011 in Halle /Westf. über die Runden. Daraus lernte sein Veranstalter und suchte ihm einen noch schwächeren Gegner. In diesem letzten Kampf, am 16.07.2011 in München, gegen Hugo Hernan Garay (40 Kämpfe, 34 Sieg, 18 durch KO, 6 Niederlagen, 2 durch KO) konnte Huck dann auch den besten Kampf seit Langem zeigen. Jedoch boxte er gegen einen Gegner, der in der unabhängigen Weltrangliste noch hinter Nakash auf Position Nummer 31 stand und dessen beste Zeit bekanntermaßen Jahre zurückliegt. Hier schaffte Huck sogar einen KO in Runde 10.
Marco Huck scheint ein Weltmeister auf Abruf zu sein. Da sein de facto Bezwinger Lebedev immer noch an Position 1 der Rangliste der WBO steht, müsste Huck eigentlich bald wieder in einer Pflichtverteidigung gegen ihn antreten. Das wollte wohl der berliner Veranstalter vermeiden, der nun auf die Idee mit der Titelvereinigung verfiel, denn eine Titelvereinigung kommt vor einer Pflichtverteidigung. Es war schon ein bewundernswert cleverer Schachzug, hierfür den Polen Krzysztof Wlodarczyk auszusuchen. Denn Wlodarczyk gilt gemeinhin als schwächster Weltmeister im Cruisergewicht. Er wird sogar in der unabhängigen Weltrangliste nur auf Position 10 geführt, und das obwohl er Weltmeister ist. Diese Titelvereinigung scheint mir daher eher ein Versuch zu sein, sich durch die Hintertür vor einem Rückkampf mit Denis Lebedev zu drücken.
© Uwe Betker