Titelanwärter

Hiermit eröffne ich den Wettbewerb für die Vergabe der Titel: Schlechtester schauspielernder Boxer des Jahres und Schlechtester Ringrichter des Jahres. Beide Kandidaten und heiße Anwärter auf diese Titel waren auf der Arena Boxpromotion Veranstaltung vom 14.10.2011 zu sehen.
Der in Bosnien Herzegowina geborene Alexander Slavisa Petkovic (49 Kämpfe, 31 Siege, 20 durch KO, 4 Niederlagen, 3 durch KO, 4 Unentschieden) gab auf seiner eigenen Veranstaltung in Obertraubling den schauspielenden Schwergewichtsboxer. Aber er schien sich auf die Rolle schlecht vorbereitet zu haben. Er sah alles andere als athletisch aus. Er wirkte untrainiert und war sichtlich überrascht, dass sein Gegner Cisse Salif (44 Kämpfe, 24 Siege, 21 durch KO, 18 Niederlagen, 1 durch KO, 2 Unentschieden) nicht nur boxen konnte, sondern es auch tat.
Petkovic war offenbar schon dadurch überfordert, dass der Mann aus Mali eine Führhand und ein Schlaghand nacheinander brachte. Seine Strategie bestand augenscheinlich darin, diese Kombination einfach mit dem Kopf aufzufangen, was aber nicht wirklich aufging. So fällte denn in der vierten Runde eine schöne 1-2, eine Führhand – Schlaghand Kombination, den in München lebenden Boxer. Ein etwas schlampiger geschlagen Körper-Kopf Kombination brachte ihn wenig später wieder zu Boden.
Petkovic versuchte sich gegenüber einem überlegenen Gegner dadurch zu retten, dass er, immer wenn eine Faust seinen Bauch, den hier lieber nicht beschreiben möchte, traf, Tiefschlag reklamierte. Bereits zu Anfang der zweiten Runde hatte eine Faust seinen Bauchnabel getroffen, was Petkovic zu seiner ersten schauspielerischen Einlage veranlasst hatte. Zu diesem Zeitpunkt hielt er sich aber noch einigermaßen zurück, denn er blieb noch stehen. Nachdem er aber in der vierten Runde zwei Mal schwer zu Boden gegangen war, verließ er sich in der Folgezeit nur noch auf das Schauspielern und auf den Ringrichter.
Der erfahrenen deutschen Ringrichter Manfred Küchler (127 Kämpfe als Ringrichter, 116 Siege des Heimboxers, 11 Niederlagen des Heimboxers, 8 durch KO, 1 Disqualifikation und 2 Punktniederlagen eines Heimboxers) unterstützte Petkovic auch aktiv bei seiner schlechten schauspielerischen Leistung, die durchaus Geschichte schreiben kann. In der fünften Runde traf eine Linke von Salif die recht umfangreiche Mitte von Petkovic. Küchler rief für alle überraschend „Stop“ und zog dem in Las Vegas lebenden Salif einen Punkt ab. Er gab sogar, ganz erfahrener Ringrichter, dem Opfer des imaginären Tiefschlags genug Zeit sich zu erholen.
Nur wenige Sekunden später ging Petkovic nach einer Kombination zu Boden und reklamierte wieder mal Tiefschlag. Küchler, auch nicht faul, zog erneut einen Punkt ab. Durch dieses beherzte Eingreifen von Küchler waren die zwei Niederschläge aus der vorangegangen Runde auf den Punktzetteln nun egalisiert.
Dann kam der Höhepunkt des Kampfes: Eine schöne kurze Kombination zum Kopf ließ Petkovic zu Boden gehen und Küchler sah erneut einen Tiefschlag. Er wertete ihn nicht nur, sondern kündigte Salif sogar an, ihn nach einem weiteren solchen Tiefschlag disqualifizieren zu wollen.
In der sechsten Runde traute sich Küchler dann doch nicht, den ersten Niederschlag von Petkovic in dieser Runde erneut als Tiefschlag zu werten und zählte den Heimboxer an. Über so viel eigene Ehrlichkeit war er dann aber wohl selbst so erschrocken, dass er Salif nur wenige Sekunden später, nachdem Petkovic wieder einmal zu Boden gegangen war und sich beschwerend, offensichtlich um nun endlich aufzugeben, in seine Ecke begeben hatte, disqualifizierte. Noch zu erwähnen ist, dass der Boxer durch seine schauspielerische Leistung den vakanten WBA International Titel im Schwergewicht errang.
Ich hoffe, Petkovic und Küchler bekommen die oben ausgelobten Titel zugesprochen, für die sie so viel gegeben haben. Der Boxer Petkovic sollte das nächste Mal vielleicht doch besser vorbereitet in den Ring steigen und sich dann aufs Boxen beschränken und sich nicht noch mal als Schauspieler versuchen. Der Ringrichter Küchler sollte ein paar Ringrichterschulungen absolvieren – oder besser noch ein paar Jahrzehnte pausieren. Der Fernsehsender Eurosport und der Veranstalter Arena Boxpromotion sollten sich aber fragen, ob sie wirklich solche Veranstaltungen wollen oder ob sie nicht lieber versuchen möchten, das Niveau wieder etwas anzuheben. Es kann dem Boxen nicht dienen, wenn ein dilettierender Boxer sich als Schauspieler übt, Ringrichter eingesetzt werden, die ihre Arbeit wohl nicht machen können oder wollen und Fernsehsender und Veranstalter immer weniger Geld für Veranstaltungen ausgeben wollen.
© Uwe Betker



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