Als ich Euch vor zwei Wochen von meinen seltsamen bis übergriffigen Begegnungen mit Ärzten in meiner Schwangerschaft erzählte, erwähnte ich auch die Therapeutin, die ich kurz zuvor aufgesucht hatte.
Tatsächlich hatte sie mir wortwörtlich gesagt, ich solle mir schwangere Freundinnen suchen, und das traf mich hart. Sehr hart, denn: Freundschaften sind für mich ohnehin schon ein schwieriges Thema. Auch ahne ich, dass in den Kommentaren wieder jede Menge Ratschläge folgen werden, die für jemanden wie mich, der introvertiert ist und vielleicht auch manchmal ein bisschen schwierig, einfach nicht funktionieren. Aber nun gut, es hilft ja nichts, nicht darüber zu schreiben.
Ich hab nicht viele Freunde, und ich brauch auch gar nicht so viele. Je nach Lebensphase mal mehr, mal weniger. Aber die lange Kinderwunschzeit und strukturelle Veränderungen in meinem sozialen Umfeld haben mich ein bisschen Freundes-arm gemacht. Ich habe mich in den Jahren der Kinderwunschzeit darauf konzentriert, die starken Freundschaften zu stärken, die ich habe. Doch das soziale Netz, dass uns tragen soll, hilft nichts, wenn es weitmaschig über Berlin und Norddeutschland gespannt ist, und ich hier in Hamburg sitze.
Es hilft natürlich nicht, dass mein Mann ein wenig bis gar nicht geselliger Mensch ist, dem meine Anwesenheit meist völlig ausreicht. Obwohl ich sagen muss, das ist mir lieber als jemand, der ständig neue Leute kennenlernt und anschleppt, die dann so gar nicht mein Fall sind.
Kinderwunsch macht einsam
Ich habe in den letzten Jahren bewusst Freundschaften mit Schwangeren gemieden, und auch mit denjenigen, von denen ich wusste, dass sie am Schwangerwerden „arbeiten“. Meine Angst war zu groß, dass ich am Ende niemals schwanger werde und dann inmitten eines Freundeskreises sitze, der Kinder hat. Und ich liebe Kinder. Ich liebe es an Babyköpfen zu riechen, aber noch größer ist die Sehnsucht danach, in ein paar Monaten unbegrenzt am Kopf meines eigenen Babys schnüffeln zu können.
Bestünde diese Aussicht nicht, wäre ich jetzt vermutlich an einem ganz anderen Punkt in meinem Leben und hätte den Jahresurlaub schon geplant, im Studio nicht aufgeräumt sondern mich noch breiter gemacht. Aber jetzt ist es anders, und es ist wunderbar, und ich habe Freunde, die zwar weit weg sind, aber mich verstehen. Auch ohne Kinderwunsch oder schwangersein. Trotzdem tut es mir manchmal gut, über so typischen Schwangerenkram zu reden. Besonders fiel mir das gestern auf, als ich gemeinsam mit einigen anderen Schwangeren aus dem Kinderbecken eines Hallenbads stieg, und ein gesammeltes Ächzen laut wurde, als wir plötzlich wieder die Schwere unserer Bäuche spürten. Es ist ja nicht so, als hätte ich keine Bauch-Erfahrungen, aber tatsächlich ist so ein Babybauch nochmal anders schwer, und im Weg, und schön, und verwirrend.
Der klassische Ansatz: geh mal irgendwo hin.
Gestern war ich also das erste mal beim Aquafit. Ich hab die Nacht vorher fürchterlich schlecht geschlafen und mir tagelang vorher Gedanken gemacht. Wieviele andere Schwangere sich wohl gemeinsam angemeldet hatten und ob ich nun als einzige allein dort sein würde und wenn nicht, ob sie trotzdem nett sind, oder ob sie sich über meine Figur lustig machen, oder so.
Die Tatsache, dass unsere Trainerin nicht auffindbar war und der Bademeister meinte, wir sollten nicht nur rumstehen und schnacken (was würden wir Frauen nur ohne die Anweisungen von Männern tun…), war ein Glücksfall. Ich kam direkt mit einigen anderen Frauen ins Gespräch, und empfand es für mich als eine Wohltat, mal mit Schwangeren zu sprechen, nicht geschrieben, sondern so in Wirklichkeit.
Und die ganze Zeit dachte ich an die blöde Therapeutin, und dass sie vielleicht ein bisschen recht gehabt hatte.
Den Abend und die letzte Nacht verbrachte ich dann mit Grübeleien, ob die anderen mich wohl nicht doch doof fanden. Ob ich zu viel über mich gesprochen hatte. Oder ob sie, das ließ das Gespräch teilweise erahnen, einfach schon genug Freunde haben. „Ich hab alles gebraucht von Freunden übernommen“ war eine Aussage zum Thema Babykram, und ich dachte mir so, das hab ich nicht wirklich (an dieser Stelle jedoch ganz liebe Grüße an Tjorven und Sabrina).
Warum hab ich sie eigentlich nicht nach ihren Namen gefragt? Oder gleich, ob wir uns nächste Woche vorher auf ein Getränk treffen wollen, bevor wir planschen gehen? Und warum haben sie mich nicht gefragt? Haben sie sich auch einfach nicht getraut, so wie ich? Oder fanden sie mich doch doof? Bestimmt fanden sie mich doof. Das ist schlimmer als Dating.
Tinder für Schwangere?
Die Tatsache, dass soziale Kontakte mich dermaßen stressen, macht es nicht leicht. Dass ich offenbar spezielle Ansichten zum Thema Schwangerschaft, Kinderkriegen, Kinderhaben mitbringe, macht es nicht leichter. Es kommt mir manchmal vor, als bräuchte es so eine Art Tinder für Schwangere, in dem man angeben kann, welche Art von Kontakt man sucht? Feministin, check. Vegan, nein aber stört mich nich, check. Fleischesser, nein, aber stört mich nich, check. Impfen, ja, check. Co-Sleeping, check. Pro Langzeitstillen, check.
Denn bei aller Einsamkeit ist es so: Mir helfen ja Freundinnen nichts, mit denen ich nichts gemeinsam habe ausser dem Baby im Bauch. Ich stelle mir das wie einen permanenten Krampf vor, der anderen mit ihren anderen Bedürfnissen nicht auf die Füße zu treten, weil ich andere Bedürfnisse und Vorstellungen habe.
Ich habe tatsächlich schon nach „Schwangerentreffs“ o.ä. gesucht, aber vielleicht bin ich doch noch nicht bereit. In einigen Wochen geht auch unsere Geburtsvorbereitung los, vielleicht sind da ja auch noch nette Menschen dabei. Da wir den Kurs im Geburtshaus machen, habe ich die Hoffnung, dass die „crunchy“ Quote etwas höher ist als woanders.
Mein Aquafit-Kurs hat jedenfalls schonmal eines gebracht: Ich konnte das mal vorsichtig ausprobieren, und es hat nicht wehgetan. Es war niemand doof, und viele nett. Einige sicherlich auch eher schüchtern. Und ich habe noch 8 Termine vor mir. In denen will ich versuchen, auszuloten mit wem ich mich vielleicht tatsächlich anfreunden könnte.