Timberlake sprintet mit Püppchen
Gelangweilt schauen die Kulleraugen des reichen Mädchens unter dem schwarzen Pony hervor. Auf einen Revoluzzer, der sie an die Hand nimmt und aus ihrem Phlegmatismus reißt, hat sie nur gewartet. Aber sie hat auch alle Zeit der Welt, denn ihr Vater sammelt keine Millionen auf seinem Konto, sondern Jahrzehnte.
Im Science-Fiction-Film In Time handeln die Menschen mit Zeit. Per Handschlag wechseln Minuten, Stunden und Jahre den Besitzer. Ein Kaffee kostet fünf Minuten, ein Busticket zwei Stunden. Sobald sie 25 Jahre alt werden, altern die Menschen nicht mehr. Dafür erscheint auf ihrem Unterarm eine spacige Nummernleiste, die ihnen anzeigt, wie viel Lebenszeit ihnen noch bleibt. Die einen hangeln sich von Stunde zu Stunde, die anderen haben sich in einem glitzernden Ghetto verschanzt und wissen mit all ihrer Zeit nichts anzufangen.
Der Revoluzzer, auf den das schöne Mädchen ( Amanda Seyfried) mit dem dicken Zeitkonto wartet, kommt. Und das auch noch im Gewand eines Justin Timberlake. Der ist eigentlich ein Tagelöhner, trifft aber einen Lebensmüden, der ihm ein Jahrhundert spendiert. Dabei erfährt der Held mit Namen Will erst, dass es eigentlich Zeit für alle im Überfluss gibt. Die aufkeimende Empörung macht aus dem Tagelöhner einen Revolutionsführer.
Highheels und lasziver Bubikopf
Nicht nur die Zeit rennt, auch Justin Timberlake sprintet ziemlich viel. Das sieht schon mal gut aus, aber viel smarter wirkt der Jüngling, wenn er dabei noch ein gazellenartiges Mädchen auf Highheels hinter sich herzieht. Und so stöckelt Amanda Seyfried mit lasziver Bubikopf-Perücke hinter dem Robin Hood her. Und schon ist aus Robin Hood ein Bonnie-&-Clyde-Stoff geworden.
Rebellenpäärchen Will und Sylvia haben sich nichts weniger vorgenommen, als das System zu stürzen und die Welt zu verbessern. Da muss dann auch Sylvias Vater (herrlich aasig: Vincent Kartheiser) einen Waffenlauf an seiner Schläfe dulden. Banken werden ausgeraubt, die beiden machen schwer bewaffnet lässige Gesichter und lieben sich in Hotelzimmern.
Die Story ist plakativ, verliert sich aber auch nicht in unnötigen Details. Dem Regisseur Andrew Niccol (Gattaca, Lord of War) gelingt es, mit knackigen Schlaglichtern ein überzeugendes Bild dieser fremden Welt zu zeichnen und seine Geschichte mit flottem Tempo zu erzählen.
Einen Film ausschließlich mit 25-Jährigen zu machen, ist natürlich ein cleverer Schachzug: Hier sind selbst die Komparsen knackig und selbstverständlich sind alle über die Maßen attraktiv und bis in die Fußspitzen gestylt. Wer ist Mutter, Tochter oder gar die Großmutter? Da kann man bei all den Schönheiten schon mal den Überblick verlieren. Und so kommt auch Hollywood-Rakete Olivia Wilde in den skurrilen Genuss, die Mutter von Justin Timberlake zu spielen.
Hadern auf ranzigen Sofas
Leider sieht das aber auch eine Spur zu perfekt aus und der Regisseur schafft es nicht, sich von Klischees zu lösen. Die Gangsterbraut auf Stöckelschuhen ist zwar verführerisch – so richtig praktikabel ist das aber nicht. Auch wenn es eigentlich um Gesellschaftskritik gehen soll, hat hier die Fassade einen großen Auftritt: Da wird auf abgeranzten Sofas vor gülden beleuchteten Backsteinwänden mit der Unsterblichkeit gehadert und das hat dann schon unfreiwillig komische Züge.
Höchst spannend ist allerdings, wie sich Timberlake schlägt: Für den Beau, der sich gerade aus dem Musikbusiness abseilt, um in der Kinobranche Fuß zu fassen, ist In Time eine Feuerprobe: Nach Bad Teacher und Freunde mit gewissen Vorzügen ist es die dritte Leindwandrolle in diesem Jahr für Timberlake. Aber die erste Hauptrolle in einem Actionfilm. Er macht das gut und man ist immer versucht hinterher zu schicken: für einen Popstar.
Timberlake ist zwar sichtlich darum bemüht, diesen Halbsatz wegzufegen, aber es will ihm nicht so recht gelingen, emotionale Tiefen zu vermitteln: Als Will aufwacht und plötzlich ein Jahrhundert Lebenszeit auf seinem Arm blinkt, reagiert er merkwürdig kühl. Ein Schuss mehr Revoluzzer-Empörung hätte der Rolle auch ganz gut gestanden.
Smarte Gesichter im Anzug machen und lockere Actionszenen liegen ihm schon eher. In Time ist allerdings auch kein elektrisierender Actionkracher, sondern hat mitunter Züge eines sehr ambitionierten Musikvideos. Mit seinem lästigen Halbsatz wird Timberlake wohl noch ein wenig länger arrangieren müssen.
Titel: In Time
Regie: Andrew Niccol
Darsteller: Justin Timberlake, Amanda Seyfried, Cillian Murphy, Olivia Wilde, Vincent Kartheiser
Filmlänge: 109 Minuten
FSK: ab 12 Jahren
Verleih: Fox
Kinostart: 1. Dezember 2011
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«In Time» – Timberlake sprintet mit Püppchen
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